Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 41

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1969 stimmte die Südtiroler Volkspartei dem sogenannten Paket mit 137 ausge­handelten Maßnahmen zu, das Zweite Autonomiestatut trat mit Jänner 1972 in Kraft. Es hat 20 weitere Jahre gedauert, bis die wesentlichen Punkte realisiert wurden. Nachdem Ministerpräsident Giulio Andreotti am 20. Jänner 1992 das Paket für erfüllt erklärt hatte, übergab Italien an Österreich eine diplomatische Note.

Das Stenographische Protokoll der 72. Nationalratssitzung der XVIII. Gesetzgebungs­periode gibt ausführlich Auskunft über die sehr intensive Diskussion hier im Hohen Haus – das war im Juni 1992. Es waren aus unseren Reihen namhafte Abgeordnete am Wort, einer davon war Peter Schieder, der Vater unseres heutigen Klubobmanns, der in seiner Rede weit zurückblickte und Otto Bauer zitierte, jenen Otto Bauer, der als Staatssekretär des Äußeren in der Konstituierenden Nationalversammlung 1919 die Frage stellte, ob die alliierten Mächte, als sie über Deutsch-Südtirol entschieden, das Tiroler Volk und dessen Freiheitssinn und Selbstbewusstsein eigentlich gekannt hätten.

Es war Bundeskanzler Franz Vranitzky, der in der gleichen Sitzung sagte:

„Wir sind nach eingehender Überprüfung aller Maßnahmen, die von der italienischen Regierung getroffen wurden, zu der Überzeugung gelangt, daß“ das Paket erfüllt ist „und daß daher der Zeitpunkt für die formelle Streitbeilegung gekommen ist.“ Die Schutzmachtfunktion bleibe aber aufrecht und es liege kein Verzicht auf das Selbst­bestimmungsrecht Südtirols vor.

Es war auch Peter Jankowitsch, der in dieser Sitzung sagte:

Immer wieder sind „von der österreichischen Volksvertretung wichtige Impulse auf die österreichische Südtirol-Politik ausgegangen, hat dieses Hohe Haus das Schicksal Südtirols als treuer Wächter und Hüter seiner Rechte begleitet. Und während so manche (...) Südtirol im Stich gelassen haben in seiner langen und leidvollen Ge­schichte, ist das österreichische Parlament immer an der Seite Südtirols gestanden, und zwar in guten und in schlechten Tagen.“

Meine Damen und Herren ! Diese Worte möchte ich auch persönlich unterstreichen, und sie haben für mich heute – 2017 – genauso Gültigkeit wie seinerzeit 1992.

Schlussendlich möchte ich meinen Freund und langjährigen Vorgänger als Südtirol­sprecher unserer Fraktion, Erwin Niederwieser, der heute auch anwesend ist, zitieren:

„Die Erklärungen Österreichs und Italiens an die Vereinten Nationen, daß der Streit zwischen diesen beiden Ländern beigelegt ist, sind mehr als ein formaler Akt. In einer Epoche der Weltgeschichte, in der sich die Vereinten Nationen nahezu tagtäglich neuen Konflikten gegenübersehen, die ihre Wurzeln in nationalistischen Strömungen einerseits und in der Mißachtung und Unterdrückung der elementaren Rechte von Minderheiten andererseits haben, in dieser Epoche zeigen Österreich und Italien und zeigt Südtirol der Welt, daß solche Konflikte auch friedlich bereinigt werden können.“

Lieber Erwin! Diese Worte waren 1992 richtig und haben heute auch noch hohe Geltung! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Liebe Südtirolerinnen und Südtiroler! Die von mir zitierten Abgeordneten und Regierungsmitglieder waren große Politiker der Sozialdemo­kra­tischen Partei, haben meinen größten Respekt. Sie haben mit großem Ehrgeiz, Fingerspitzengefühl und Sachkenntnis für die Autonomie Südtirols gekämpft. Aber ich möchte in diesem Zusammenhang auch Leopold Figl, Karl Gruber, Kurt Waldheim und Alois Mock nicht unerwähnt lassen.

Natürlich hat es 1992 auch kritische Stimmen gegeben, natürlich wurden viele Be­fürchtungen in den Raum gestellt, nur: Wie haben sich die Autonomie, das Zusam­menwirken von Rom und Bozen, das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben in


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