Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 83

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Begründung

Integrative und multiprofessionelle Zusammenarbeit ist eines der Kernelemente der Primärversorgung. Das Ziel einer Zusammenarbeit auf Augenhöhe aller in Primär­versorgungseinheiten tätigen Gesundheitsberufe hat dieses Gesetz aber bei weitem nicht erreicht. Das Gesetz in der derzeitigen Fassung benachteiligt die nichtärztlichen Gesundheitsberufe gegenüber den ÄrztInnen in allen Bereichen.

Das vorliegende Primärversorgungsgesetz sieht eine gesamtvertragliche Regelung für die ärztliche Hilfe vor, nicht aber für die gesetzlich geregelten, nichtärztlichen Gesund­heitsberufe. Damit fehlt der kollektivvertragsähnliche Schutz für diese Berufsgruppen, die ohne bundesweit einheitliche Rahmenvereinbarungen den Interessen und finanziellen Möglichkeiten der Länder und der regionalen Sozialversicherungsträger bzw. der Betreiber der jeweiligen Primärversorgungseinheit ausgeliefert wären. Dumping-Entlohnung und Qualitätsdumping sind zu befürchten mit entsprechend nachteiligen Folgen nicht nur für die Berufsgruppen selbst, sondern auch für die PatientInnen. Im Fall, dass diese Leistungen in einer Grundpauschale abgegolten werden, sind diese Leistungen zudem im Einzelnen nicht ausgewiesen. In der Folge sind die Leistungen der nichtärztlichen Gesundheitsberufe „unsichtbar“. Das ist nicht nur eine eklatante Missachtung und Schlechterstellung im Vergleich zu den beteiligten ÄrztInnen, sondern auch eine schlechte Voraussetzung für die Weiterentwicklung und Evaluierung von Primärversorgung.

Grundsätzlich ist die Gleichstellung der nichtärztlichen Gesundheitsberufe durch einen Primärversorgungsgesamtvertrag zu fordern. In einem ersten Schritt ist aber jedenfalls die bundesweite Spezifizierung und Dokumentation der Leistungen der nichtärztlichen Gesundheitsberufe sowie deren bundesweit gültige Mindestabgeltung ins Gesetz aufzunehmen.

Diese Forderung wird vielfach unterstützt. U. a. dazu der Gesundheitsökonom Bern­hard Rupp von der AK NÖ: „… wenn die Gesundheitsberufe ihre Leistungen nicht darstellen können (…) fehlen spezifische Grundlagen für eine spezialisierte Versor­gungsplanung, und es fehlen die statistischen Grundlagen für eine künftige leistungs­gerechte Bezahlung etwa von DiätologInnen oder PflegeexpertInnen“.

Laut Gesundheitsministerin Rendi-Wagner sollten freiberuflich erbrachte Leistungen der nichtärztlichen Gesundheitsberufe auf Basis der bestehenden Regelungen auf Landesebene honoriert werden. Diese sind aber in vielen Bundesländern gar nicht vorhanden. Zum Teil sind die Kassentarife so niedrig, dass zum Beispiel freiberufliche LogopädInnen (Stundenhonorar von Euro 36,-- in der Steiermark) oder freiberufliche PsychotherapeutInnen, die in Institutionen geholt werden, von Sachleistungs­patientIn­nen alleine gar nicht leben könnten.

Bei angestellten nichtärztlichen Gesundheitsberufen soll auf bestehende Kollektiv­verträge zurückgegriffen werden. – Im Konkreten hieße dies zum Beispiel für Ange­stellte bei ÄrztInnen in Niederösterreich, wo es einen erst kürzlich abgeschlossenen Kollektivvertrag gibt (2017), dass Diplomierte Gesundheits- und KrankenpflegerInnen oder DiätologInnen (beide mit dreijähriger Bachelor-Ausbildung) im 4. Betriebsjahr gerade einmal Euro 1.592,10 brutto bzw. Euro 1.256,- netto verdienen!

Zur Verhinderung solcher Dumping-Honorare und Skandal-Löhne in der Primärver­sorgung muss sofort eine gesetzliche Regelung geschaffen werden, die eine bundes­weit einheitliche Mindestabgeltung der Leistungen der nichtärztlichen Gesundheits­berufe sicherstellt.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

 


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