Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 275

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von Abschiebungsverboten einhergehen muss, sondern vielmehr trotz eines Abschie­bungsverbotes erlassen werden und gemeinsam mit einem solchen bestehen kann. Satz 2 schließlich definiert in deutlicherer Weise als die bisherige Fassung, wann eine vom Drittstaatsangehörigen zu vertretende Unmöglichkeit des Abspruchs über die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Abschiebung vorliegt und die hierüber zu treffende Feststellung daher ausnahmsweise unterbleiben kann.

Nach der geltenden Fassung des § 52 Abs. 9 darf eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden, wenn die Abschiebung gemäß § 50 oder aus einem sonstigen Grund unzulässig ist. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung setzt also das vollständige Fehlen von Abschiebungsverboten voraus (VwGH 24.05.2016, Ra 2016/21/0101; 04.08.2016, Ra 2016/21/0209). Dies führt dazu, dass bei Vorliegen bestimmter Duldungsgründe eine Rückkehrentscheidung entweder von vornherein nicht erlassen werden kann oder – wie anzunehmen ist – nachträglich außer Kraft tritt, wenn die Ab­schiebung zunächst für zulässig erkannt, zu einem späteren Zeitpunkt aber – auf Grund einer wesentlichen Verschlechterung der im Zielstaat vorherrschenden Ver­hältnisse – ein Abschiebungsverbot festgestellt und dementsprechend die Duldung ausgesprochen wird. Die Wirkung, welche die mit dem Abschiebungsverbot einher­gehende Duldung auf eine Rückkehrentscheidung hat, ähnelt damit der Sperrwirkung gemäß § 9 Abs. 3 Satz 2 BFA VG und der Gegenstandslosigkeit gemäß § 60 Abs. 3 Z 2. Erstere setzt jedoch eine umfassende und zu Gunsten des Fremden bzw. seines Verbleibs im Bundesgebiet ausschlagende Interessenabwägung gemäß Art. 8 EMRK voraus, während letztere ausschließlich die Folge der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem 7. Hauptstück des AsylG 2005 und somit eines rechtmäßigen Aufenthaltes sein kann. Der Duldung (und damit einem unrechtmäßigen Aufenthalt, vgl. § 31 Abs. 1a Z 3) bzw. dem der Duldung zugrunde liegenden Abschiebungsverbot werden also Rechtswirkungen beigelegt, die ihr nach der Absicht des Gesetzgebers nicht zukom­men sollten, weil sie ausdrücklich den in § 9 Abs. 3 Satz 2 BFA VG und § 60 Abs. 3 Z 2 genannten Fällen vorbehalten sind.

Der Zweck der im Falle eines Abschiebungsverbotes zu verfügenden Duldung liegt darin, die Abschiebung vorübergehend auszusetzen und dabei die Ausreisever­pflich­tung unberührt zu lassen. Zur Verwirklichung dieses Zwecks ist es nicht geboten, die Rückkehrentscheidung von vornherein nicht entstehen oder nachträglich außer Kraft treten bzw. gegenstandslos werden zu lassen, denn eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung gemäß § 50 Abs. 1 iVm Art. 3 EMRK oder aus einem anderen gesetzlich anerkannten Grund ist lediglich dann zu erwägen, wenn zumindest ein in abstrakter Hinsicht tauglicher Abschiebetitel, hier: eine Rückkehrentscheidung, vorliegt. Fehlt es hingegen bereits an einem Abschiebetitel (Rückkehrentscheidung), ist die Abschiebung an sich unzulässig, ohne dass es auf das Vorliegen eines explizit nor­mierten Abschiebungsverbotes, insbesondere eines solchen gemäß § 50 Abs. 1 iVm Art. 3 EMRK, noch ankommt. Satz 1 der vorgeschlagenen Änderung trägt diesem Zusammenhang Rechnung und sieht daher vor, dass die mit einer Rückkehr­ent­scheidung zu verbindende Feststellung künftig der Frage zu gelten hat, „ob“ die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in einen oder mehrere Drittstaaten zulässig ist. Damit ist klargestellt, dass das Vorliegen eines Abschiebungsverbotes oder Abschiebungshindernisses nicht mehr die Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder, wenn es nachträglich festgestellt wird, deren Außerkrafttreten zur Folge hat, sondern Gegenstand eines eigenen Spruchpunktes im Bescheid über die Erlassung der Rückkehrentscheidung ist. Ergibt zB. die Gefährdungsprognose nach Art. 3 EMRK, dass dem – ausreisepflichtigen – Drittstaatsangehörigen im Falle seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat die Gefahr lebensbedrohender Verhältnisse drohen würde, ist künftig eine Rückkehrentscheidung zu erlassen und in einem eigenen Spruchpunkt die


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