Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 215

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waren ja da. Es waren ja mehr als Signale, es waren ja definitive Ankündigungen, und zwar nicht von irgendjemandem, sondern vom vormaligen Vizekanzler und Wirtschafts­minister Mitterlehner: ein Gewerbeschein für alle freien Gewerbe, damit der Wegfall von 40 000 Verfahren – eine echte Entlastung für die Wirtschaft.

Oder auch von Bundeskanzler Kern gab es zum zweiten Bereich die Ankündigung: Wir müssen die Zahl der reglementierten Gewerbe deutlich senken!

Dazu hat es verschiedene Vorschläge gegeben, auch was die Zahlen betrifft. Wir wis­sen, wir haben momentan 80 reglementierte Gewerbe, die Vorschläge sind da bis zu 40 gegangen. Die Grundlage ist jene des Verfassungsgerichtshofes, nämlich: Dort, wo Leib, Leben, Gesundheit oder Konsumentenschutz gefährdet sind, reglementieren!, und im Umkehrschluss: Dort, wo das nicht der Fall ist, befreien, nicht reglementieren!

Es hat ja auch Vorstöße des Sozialdemokratischen Wirtschaftsverbandes gegeben – Kol­lege Matznetter kennt das sicher. Davon sind wir mit dem, was jetzt letztlich beschlos­sen wird, weit entfernt. Ich habe mir das angeschaut: Bei Ihrem Vorschlag sind wir he­runten auf 59 reglementierten Gewerben! – Da hat Sie dann offensichtlich – ich weiß es nicht, ich bin kein Motivforscher, aber ich vermute es einmal – der Mut verlassen, der Es­prit verlassen, leider auch bei der Forderung: ein Gewerbeschein für alle freien Gewerbe!

Sehr, sehr gut gefallen hätte uns auch ein weiterer Vorschlag der Sozialdemokraten, näm­lich betreffend die Änderung des Wirtschaftskammergesetzes, der wie folgt gelautet hät­te: Auf Grundlage einer Berechtigung für freie Gewerbe wird die Mitgliedschaft zu allen Fachgruppen begründet, die den von der Berechtigung umfassten freien Gewerben ent­sprechen. Und: Die Umlage ist von Kammermitgliedern, soweit deren Mitgliedschaft auf einer Berechtigung für freie Gewerbe begründet ist, nur einmal zu erheben.

Bei diesem Antrag der Sozialdemokraten wären wir sehr gerne mitgegangen – aber es hat Sie wiederum der Mut verlassen. Übrig bleibt jetzt diese 30-Prozent-Regel, die eben nicht ein Gewerbeschein für die freien Gewerbe ist, und übrig bleiben in Wirklichkeit 78 Gewerbe – und nicht 75, wie in den Presseaussendungen von Peter Haubner und Kollegen Matznetter verkündet wird. Da wird nämlich wieder ein Trick angewendet, in­dem man einfach Gewerbe unter Ziffern zusammenfasst. Das heißt, ich habe die Zif­fern 1, 2, 3, 4, 5, fasse die Gewerbe 3, 4, 5 zusammen und schiebe sie bei 2 ein, es bleibt aber genau die gleiche Anzahl von Gewerben. Das heißt, faktisch ist die Maus, die da geboren wird, eine Verringerung um ganze zwei reglementierte Gewerbe. Da kön­nen Sie von uns nicht erwarten, dass wir dem zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich kann Ihnen aber ein Angebot für die nächste Gesetzgebungsperiode machen – es wird ja am 15. Oktober gewählt –: Die Freiheitliche Partei ist selbstverständlich sehr stark daran interessiert, die ganze Gewerbeordnung einmal den Anforderungen des 21. Jahrhunderts entsprechend neu aufzustellen, grundsätzlich neu aufzustellen und ei­ne moderne, die Wirtschaft entlastende Gewerbeordnung zu schaffen. Dasselbe gilt im Übrigen auch für das Betriebsanlagenrecht, auf das ich jetzt nicht eingegangen bin. Da­zu gibt es ja bereits freiheitliche Vorschläge aus dem Jahr 2001. Wir sind dazu gerne bereit und werden das auch in unsere, sage ich einmal, Koalitionsverhandlungen einflie­ßen lassen – nicht als Bedingung, aber als Wunsch –, dass wir die Gewerbeordnung von Grund auf neu regeln und auch das Betriebsanlagenrecht neu regeln.

Der vorliegende Minimalkompromiss – der durchaus ein Schrittchen in die richtige Rich­tung ist – ist uns viel zu wenig weit gehend. Aus diesem Grunde lehnen wir diesen Vor­schlag ab. (Beifall bei der FPÖ.)

18.14


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Haubner. – Bitte.

 


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