Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 69

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Erstens: Mit CETA sind Standards für den internationalen Handel gesetzt worden, wie wir sie vorher noch nicht hatten. Ich denke, auch dieser Punkt steht außer Streit. Damit ist klar, dass es bei allen weiteren Handelsabkommen keine Rückschritte geben darf. Das gilt insbesondere für das heute bereits zitierte Abkommen mit Japan und selbst­redend auch für das TTIP-Abkommen.

Das Zweite, das auch entscheidend ist, ist, dass wir eine völlig neue Form des Inves­torenschutzes brauchen. Mit den vorgesehenen Sonderklagsrechten für Großkonzerne können wir nicht leben. Das haben wir klargemacht, das kommt für uns nicht infrage.

Der dritte Punkt ist natürlich die Transparenz. (Abg. Kogler: Dann muss man den Vertrag ablehnen! Das geht nicht anders!) Jetzt sind wir beim entscheidenden Punkt, Herr Kogler! Wenn wir darüber reden, was wir da diskutieren, dann reden wir darüber, dass wir für den Fall, dass wir das so nicht wollen, in Wirklichkeit das ganze Projekt stoppen, und da muss man sich das Umfeld anschauen, in dem wir diskutieren.

Wir wissen, dass sich die EU nach Trump und nach dem Brexit bewusst dazu erklärt hat, eine stärkere Rolle zu spielen, selbstbewusst aufzutreten und zu versuchen, dieses europäische Einigungsprojekt mit noch größerem Schwung voranzutreiben und die europäischen Positionen im globalen Spiel der Kräfte durchzusetzen. Meine persönliche Überzeugung ist: Wenn wir jetzt ablehnen, dann zerstören wir dieses Kon­zept, dann zerstört Österreich diese strategische Perspektive für die EU. Wir müssen uns aber sehr wohl überlegen: Was kommt danach? Was bedeutet das? (Abg. Kickl: Genau! Euro für alle!) Da geht es dann nicht nur um CETA, sondern da geht es um eine Grundsatzfrage, wie wir Europa in der Welt positionieren wollen.

Ich als Bundeskanzler empfinde in höchstem Maße Verantwortung in Bezug auf die Zukunft dieses europäischen Projekts sowie die starke Zukunft von Österreich in der EU. Wenn wir darüber diskutieren, dass wir dieses Projekt zerstören und in die Luft schießen, dann, muss ich Ihnen offen sagen, reden wir darüber, dass wir eine zutiefst antieuropäische Position einnehmen. Dann zerstören wir nicht nur die Rolle Europas in der Welt, sondern dann müssen wir uns auch überlegen, was das für die Position Österreichs innerhalb der EU bedeutet, denn dieser Weg führt uns direkt auf die Eselsbank in der EU – knapp neben Ungarn und Polen – und würde uns isolieren; ich kann Ihnen das sagen, ich war bei diesen Gesprächen intensivst dabei.

Deshalb bin ich zu folgender Einschätzung gekommen: Für uns ist wichtig, dass wir ein neues Konzept für diese Handelsgerichtshöfe bekommen – das ist ein äußerst wichtiger Punkt für mich! Wir wissen, dass der EuGH da eine Entscheidung zu treffen hat. Wir wissen, dass in der Grundsatzerklärung festgelegt ist, dass es diesbezüglich zu Fortschritten kommen muss. Eine solche Einigung über neue Gerichtshöfe liegt jedoch weit und breit nicht vor, und es wird meines Erachtens auch noch Jahre dauern, bis wir da ein entsprechendes Konzept haben.

Aus meiner Sicht ist deshalb die Lösung, zu sagen: Ja, wir bekennen uns zu den europäischen Verpflichtungen, ja, wir zerstören diese Idee, die Europa hat, nicht – nämlich den Welthandel stärker zu dominieren und zu bestimmen, diesen nicht den Chinesen und den Amerikanern zu überlassen –, aber nein, wir sind nicht bereit, bis auf Weiteres Sonderrechte für internationale Konzerne zuzulassen.

Ich halte das für den richtigen Weg, und das ist der Grund, warum ich der Meinung bin, dass es, bevor nicht all diese Fragen minutiös gelöst sind, keine Grundlage dafür gibt, dass die österreichische Bundesregierung dem Hohen Haus CETA zur Ratifizierung vorlegt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kickl: Zur direkten Demokratie haben wir jetzt kein Wort vernommen!)

9.41

 


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