Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 70

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Präsidentin Doris Bures: Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit der weiteren Rednerinnen und Redner 5 Minuten beträgt. Zu Wort gelangt Herr Klubob-mann Mag. Schieder. – Bitte, Herr Klubobmann.

 


9.41.55

Abgeordneter Mag. Andreas Schieder (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren! Vielleicht erlauben Sie mir, dass ich mir von den 5 Minuten – (in Richtung Präsidentin Bures) die Redezeit beträgt doch 5 Minuten (Präsidentin Bures nickt), denn (auf eine Anzeige am Rednerpult zeigend) hier sind 10 Minuten eingestellt; aber wurscht – 1 Minute wegzwicke, um auf diesen historischen Moment einzugehen, denn seit 1883 passiert es zum ersten Mal, dass der Nationalrat und auch der Bundesrat, das heißt, die gesetzgebenden Körperschaften Österreichs, nicht im Haus am Ring, im Parlament, sondern in einem Ausweichquartier tagen. Es ist das dritte, wenn man so will, parlamentarische Quartier – davor gab es ja 1861 das Provisorium in der Wäh­ringer Straße.

Lassen Sie mich aber, weil wir ja auch über Welthandel reden, etwas sagen: Ein inter­es­santes Detail an der ganzen Sache ist auch, dass das österreichische Parlament, das Haus am Ring, das erste Planungsprojekt in unserem Kulturkreis war, das in Metern und nicht in Klaftern geplant worden ist. Daran sieht man schon, wie sich auch die technologische Geschichte weiterentwickelt und natürlich auch globalisiert. Ich möchte aber gleichzeitig sagen, dieses Projekt ist gut gelungen und dies ist ein wür­diger Rahmen.

Da es auch um direkte Demokratie und Demokratie generell geht, muss man gleich­zeitig sagen, der Appell an uns alle, der Eigenappell muss wohl sein, dass wir diesen würdigen Rahmen auch in der politischen Diskussion mit ausreichender Würde ausfüllen, und zwar sowohl im Wahlkampf als auch hier im Haus, denn das Beste, was man der Demokratie tun kann, ist, dass man sie lebt und dass man sie ehrlich so lebt, dass es einen sinnvollen Diskurs auch über die Zukunft unseres Landes gibt.

Handelspolitik und fairer Handel sind, glaube ich, von zwei Extrempolen geprägt, die beide keinen Sinn machen. Da gibt es nämlich die einen, die Österreich eigentlich am liebsten abschotten wollen, die sagen: Wir wollen überhaupt nichts vom Welthandel, wir wollen die ganze Globalisierung nicht, wir wollen Europa nicht, wir wollen all diese Dinge nicht! – Gerade gestern haben wir im Fernsehen auch davon wieder ein Schaustück geboten bekommen, dass man selbst die Europäische Menschenrechts­konvention infrage stellen würde. Diese Abschottungspolitik ist sicherlich falsch, auch in wirtschaftspolitischer Hinsicht, denn Österreich ist eine Exportnation, ist ein Frem­denverkehrsland. 1 Million österreichische Arbeitsplätze hängen direkt am Export, da­her ist es sinnvoll, dass Österreich eine Politik sucht, die auch eine der Offenheit ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Offenheit, sehr geehrte Damen und Herren, hat aber auch ihre Grenzen. Die andere Position, die nämlich besagt: Machen wir auf, es soll keine Regeln mehr geben, im Welthandel soll sich einfach der Stärkere durchsetzen!, ist nicht nur nicht sinnvoll, sie ist sogar gefährlich. Was wir brauchen, ist fairer Handel, und die Diskussion, die sich auf internationaler Ebene abwickelt, zeigt, dass auch die Globalisierung und die Welthandelsregime ein Stück zu weit gegangen sind.

Es gibt berechtigte Diskussionen über Themen wie: Wie können wir unseren Sozial­staat schützen? Wie können wir die Errungenschaften hinsichtlich sozialer Sicherheit in Europa und in Österreich schützen? Wie können wir öffentliche Dienstleistungen schüt­zen? Wie können wir sicherstellen, dass Gesundheit kein marktfähiges Gut wird, das sich nur die Reichen leisten können, sondern weiterhin – so wie in Österreich – allen


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