Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 74

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Das erste Gegenargument ist einmal, die Bevölkerung ist zu dumm, um über die Dinge zu entscheiden. – Also wer so etwas sagt, der diskreditiert sich sowieso selbst, weil er sein Menschenbild offenlegt.

Das zweite ist, die Bevölkerung ist uninformiert. – Erstens einmal: War die Bevölkerung zu uninformiert, um über Kernkraftwerke abzustimmen? – Interessanterweise sind wir alle froh, dass die Entscheidung so ausgefallen ist. Die wenigsten werden wohl die Hintergründe, wie ein Kernkraftwerk funktioniert und so weiter, verstanden haben, das große Problem dabei hat die Bevölkerung aber verstanden und entsprechend entschieden. (Beifall bei der FPÖ.)

Oder hat die Bevölkerung falsch entschieden, als sie über die Europäische Union ab­gestimmt hat? War sie da vielleicht zu uninformiert? – Wir haben durchaus gemeint, sie war manchmal zu uninformiert, hat zu wenig Informationen bekommen, aber das Argument wird komischerweise nie ins Treffen geführt.

Oder auch bei der Volksbefragung über die Wehrpflicht, die zuletzt stattgefunden hat: War da die Bevölkerung zu uninformiert oder ist man letztendlich froh über diese Entscheidung?  – Also das Argument, die Bevölkerung sei zu uninformiert, ist wirklich schon sehr weit hergeholt, wenn man sich gerade diese Beispiele anschaut.

Wenn man dann darüber nachdenkt, was gerade im Zusammenhang mit CETA und TTIP zu uninformiert bedeutet, muss man Folgendes bedenken: CETA wurde zunächst einmal geheim verhandelt und ist ein Vertrag mit einem Umfang von tausendfünf­hundertirgendetwas Seiten. Den muss erst einmal jemand wirklich verstehen! Ich glaube, dass so gut wie niemand hier im Saal ihn wirklich vollkommen versteht. Da braucht man Spezialisten (Abg. Walter Rosenkranz: Die dürfen hier herinnen ab­stimmen!), denen man dann wieder vertrauen muss, die man hinzuziehen muss. Also von wegen zu uninformiert! (Zwischenruf des Abg. Kogler.)

Oder TTIP: Bei TTIP, das ja geheim verhandelt wurde, durften wir Abgeordnete in ein Kämmerchen im Wirtschaftsministerium, wobei wir uns ausweisen und unser Handy abgeben mussten, hineingehen und das – ein mehr als tausendseitiges Werk – ein bisschen in englischer Sprache lesen. Was heißt also uninformiert? Sind jetzt wir, wir Abgeordnete, über TTIP informiert? – Also bitte, dieses Argument ist auch wirklich nicht ins Treffen zu führen! (Beifall bei der FPÖ.)

Das nächste Gegenargument ist, es würden unsinnige Dinge, unsinnige Abstim­mun­gen gemacht werden. – Erstens einmal ist die Hürde, um zu einer Abstimmung zu kommen – ich komme dann gleich zu unserem Konzept –, so groß, dass das fast undenkbar ist, und zweitens würde sich das, wenn es so wäre, sehr schnell ins Gegenteil verkehren. Anhand der Beispiele, die man aus der Schweiz kennt, sieht man, dass man eben nicht über unsinnige Dinge abstimmt und dass die Bevölkerung dann, wenn sie nämlich eingebunden ist und die Konsequenzen selbst tragen muss, erstaunlich vernünftig damit umgeht.

Und noch der letzte Punkt: Populismus, Finanzierung nur durch Große. – Na ja, ich glaube, es ist weniger gefährlich, wenn eine Abstimmung finanziert wird, als wenn ganze Parteien in Abhängigkeiten gebracht werden, denn so hat man nämlich vier oder fünf Jahre lang diese Abhängigkeit. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Politik, so wie wir das sehen, soll sich nicht von ihren Entscheidungen verab­schieden. Wir wollen eine Ergänzung zur repräsentativen Demokratie. Wir wollen nicht Entscheidungen abschieben, im Gegenteil, wir sagen, die Bevölkerung soll von sich aus die Möglichkeit haben, eine Initiative zu setzen. Das ist ein riesiger Unterschied! Es wird ja immer nur so gedacht: Wir gestatten Abstimmungen. Das kommt vielleicht aus diesem Haus, dass früher einmal der Kaiser alles genehmigt hat, und so soll jetzt das


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