Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll194. Sitzung / Seite 91

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und Wirtschaftsrechtsexperte Dr. Walter Obwexer von der Universität Innsbruck bereits festgestellt hat.

Natürlich ist es wichtig, in diesem Zusammenhang hier auch die Einschätzungen von ExpertInnen heranziehen zu können. In diesem Fall ist es aber wichtig – und das ist eigentlich eine ganz einfache und für jede Frau und jeden Mann verständliche Situ­ation –, dass dieses Papier nicht den Vertragsinhalt selbst ändert. Ich bringe Ihnen dazu ein Beispiel: Wenn ich zu Hause aus dem Medizinschrank einen Hustensaft hole und mit den beschriebenen Nebenwirkungen des Hustensafts, des Produkts nicht ein­verstanden bin, dann kann ich den Beipackzettel des Hustensafts zwar nach Belieben verändern, umschreiben, umbessern, das wird aber nichts am Inhalt des Produkts selbst, also am Vertrag selbst verändern. Das wird am Hustensaft, am Produkt selbst keinen Strich, keinen Punkt verändern.

Dass diese Medizin, die wir hier mit CETA zu schlucken haben, eine äußerst bittere ist, möchte ich jetzt anhand einiger Punkte ausführen, einer davon ist der Gemischte CETA-Ausschuss selbst. Dieses Gremium besteht aus VertreterInnen der Europä­ischen Union und Kanadas, das ist nachzulesen im Artikel 26.1 des Vertrags, und ist nicht nur für die Umsetzung des Abkommens selbst verantwortlich, sondern kann auch Tatbestände des Vertrags, des Investitionskapitels ändern, Ausschüsse ein- und ab­setzen, Annexe, Protokolle ändern, das Abkommen erweitern, und, und, und. Das sind also weitreichende Zuständigkeiten und Befugnisse, die zudem keinerlei demo­kratischer Legitimation durch das Europäische Parlament oder nationale Parlamente bedürfen. Wesentliche Vertragsinhalte können somit ohne jegliche parlamentarische Kontrolle jederzeit verändert werden. Eine Ratifikation des CETA-Abkommens selbst in dieser Form ist somit gleichzusetzen mit der freiwilligen Entscheidung für eine schritt­weise Aushöhlung unserer europäischen Demokratien. Konzerne und Lobbys gewin­nen einfach Schritt für Schritt immer weiter an Macht, an Einfluss, während die Bür­gerInnen und deren VertreterInnen zunehmend von der Gestaltung der Politik, von den Inhalten selbst ausgeschlossen werden.

Ein weiterer Punkt ist der Investitionsschutz, der heute ebenfalls schon oft ange­sprochen worden ist. Trotz der Umbenennung des ISDS-Kapitels in ein ICS, also in ein Investment Court System, und eher kosmetischer Verbesserungen bleiben die wesent­lichen Kritikpunkte meines Erachtens dezidiert erhalten, und zwar:

Erstens: Ausländische Investoren können Staaten vor internationalen Schiedsgerichten klagen – ein Recht, das inländischen Investoren vorenthalten bleibt und diese damit schlechterstellt. Umweltschutz und Verbraucherrechte spielen hiebei keinerlei Rolle.

Zweitens: Konzerne können Staaten verklagen, wenn sie befürchten, etwa durch Ge­setze zum Schutz von Menschen und Umwelt Profiteinbußen zu erleiden. Das ist ebenfalls ein Punkt, von dem ich nicht glaube, dass wir ihn unterstützen können.

Drittens: Regierungen werden aus Angst vor Klagen notwendige Gesetze nicht, zu spät oder nur in abgeschwächter Form erlassen. Somit bleiben Umwelt- und VerbraucherIn­nenrechte wiederum auf der Strecke.

Viertens: Die internationalen Schiedsgerichte ermöglichen es zwar Konzernen, Staaten und damit auch BürgerInnen Europas zu klagen, die BürgerInnen jedoch, deren Rechte dann durch Unternehmen beschnitten werden, haben wiederum keinerlei Möglichkeit, sich auf diesem Weg zu wehren.

Der letzte Punkt ist die Daseinsvorsorge der Kommunen, der ebenfalls heute schon ein bisschen abgeschwächt präsentiert worden ist, von wegen, da hätte man nichts zu befürchten. Auch der Gestaltungsspielraum der Kommunen bei der Daseinsvorsorge wird aber trotz des unverbindlichen Zusatzpapiers massiv eingeschränkt. Abwasser-


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