Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll197. Sitzung, 4. Oktober 2017 / Seite 43

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Wie wäre es, wenn wir diese Spielräume, die es aktuell für keine Alleinerzieherin, die mit ihren Kindern an der Armutsgrenze steht, gibt, einmal schaffen würden, bevor wir hier herinnen darüber debattieren, dass eventuell Spielräume für den nächsten Natio­nalrat beschnitten werden würden. (Beifall des Abg. Pirklhuber und bei Abgeordneten ohne Klubzugehörigkeit.)

Kinder und Jugendliche von Alleinerzieherinnen sind in Österreich mehr als doppelt so oft von Armut betroffen wie andere Kinder. Alleinerzieherinnen in Österreich leben zu 42 Prozent in Armut und bilden jene Erwerbs- und Bevölkerungsgruppe, die am stärks­ten von Armut betroffen ist. (Abg. Pirklhuber: So schaut es aus!) Einer der Haupt­gründe dafür ist gerade die unzureichende oder fehlende Unterhaltszahlung für genau diese betroffene Gruppe.

54 Prozent der Kinder und Jugendlichen bekommen zu wenig Unterhalt aufgrund nicht evaluierter und angepasster Regelbedarfssätze, und 18 Prozent der Kinder und Jugend­lichen in Österreich bekommen überhaupt keine Alimente oder Unterhaltsvorschüsse. Genau deshalb ist es dringend notwendig, dass wir uns hier herinnen einigen und auch unsere Zusagen einhalten, die von allen Parteivorsitzenden in einer Fernsehsendung gemacht worden sind und auch entsprechend so benannt worden sind.

„Mütter und Kinder haben Anspruch auf besondere Fürsorge und Unterstützung. Alle Kinder, eheliche wie außereheliche, genießen den gleichen sozialen Schutz.“ – Das steht in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, die wir unterschrieben haben. (Abg. Pirklhuber: Richtig!)

Dazu bekennen wir uns – beziehungsweise sollten wir uns eigentlich dazu bekennen, aber wir stehen einer Diskussion gegenüber, bei der uns Finanzminister Schelling hier herinnen mahnt, wir sollen keine das Budget belastenden Beschlüsse treffen. (Abg. Pirklhuber: Ignoranz ist das!) Ermöglichen wir doch den Menschen in Österreich, über­haupt einmal über der Armutsgrenze leben zu können, anstatt Gesetze zu machen, die diesen unsäglichen Zustand noch weiter fortschreiben!

Und eines sei noch in diesem Zusammenhang gesagt: Es heißt, das wäre ein Wahlzu­ckerl, wir würden Beschlüsse in diese Richtung unter anderem nur deshalb jetzt treffen wollen, weil Wahlkampf ist. – Diese Reform des Unterhaltsgesetzes steht seit 2008 im Regierungsprogramm, seit Jahrzehnten hat die ÖVP das Justizressort inne, das genau diese Frage regeln könnte – aber es passiert nichts. Es ist super, dass es im Regierungs­programm steht, es ist super, dass es in den Parteiprogrammen steht – aber warum wird es nicht umgesetzt?

Wir stehen jetzt einer Situation gegenüber, bei der es den Anschein hat – das ist die Sicht der Bevölkerung, wenn ich das widerspiegeln darf –, dass sich alle Parteien einig wären, dass es hier eine Lösung braucht, was die Unterhaltssicherung betrifft. Warum passiert denn dann schon wieder nichts? Es gibt schon wieder nur Streit. Es wird von­seiten der ÖVP gesagt – nein, nein, vorgeschoben; ich hab mir das herausgesucht –, es würden wieder Hunderte Millionen Euro ins Ausland gehen. (Zwischenruf der Abg. Schimanek.) – Das ist die glatte Unwahrheit!

Bei der Unterhaltsgarantie und beim Unterhaltsvorschuss schaut es so aus, dass sie an den Wohnsitz des Elternteils gebunden sind und dass sie an den Wohnsitz im In­land gebunden sind. Das ist die Ausgangssituation! Es wird kein einziger Cent ins Aus­land überwiesen – und es werden schon gar keine Hunderte Millionen überwiesen, wie von der ÖVP gesagt wird. Hier wird politisches Kleingeld auf dem Rücken von Fami­lien, von Alleinerzieherinnen mit deren Kindern gemacht, die an der Armutsgrenze le­ben.

Die ÖVP spricht davon, dass wir das an die Mindestsicherung koppeln sollen. Die Min­destsicherung liegt unter der Armutsgrenze in Österreich, das heißt, mit dem ÖVP-Mo-


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