Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 49

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zesses, der dann letztendlich auch zur Unterfertigung geführt hat, insbesondere auf Wirken des österreichischen Bundeskanzlers gelungen, zu erreichen, dass es sich nun um ein gemischtes Abkommen handelt und somit dieses Abkommen jedem nationalen Parlament zur Ratifizierung vorgelegt werden muss. Das ist nicht selbstverständlich gewesen, weil die Europäische Union davon ausgegangen ist, dass es sich um kein gemischtes Abkommen handelt.

Weiters wurde in diesem Interpretationsprotokoll festgelegt, dass das europäische Vorsorgeprinzip nicht angetastet wird. Was heißt das? – In Europa gibt es bei Lebensmitteln und auch bei Medikamenten und anderen Produkten ein Genehmi­gungs­verfahren, das im Vorfeld durchgeführt wird, wo Produkte auf ihre Eigenschaften getestet, dann genehmigt und erst dann in Verkehr gebracht werden – im Gegensatz zu den angloamerikanischen Ländern, die ein Nachsorgeprinzip haben, wo grundsätz­lich alles erlaubt ist, bis es nicht nachträglich verboten wird. Dieses Prinzip ist auf Initiative und unter Mitwirkung Österreichs in den Vertrag eingeflossen.

In weiterer Folge hat das deutsche Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass die vorläufige Anwendung nur für die Eigenzuständigkeiten der Europäischen Union gilt, nicht jedoch für die Investitionsschutzgerichtsbarkeit. Des Weiteren darf die Gemischte Kommission ihre demokratische Legitimation nur in einem einstimmigen Beschluss fassen, und jederzeit muss auch die Möglichkeit bestehen, aus diesem vorläufigen Anwendungsbereich auszutreten.

Das heißt, das ist eigentlich die österreichische Position – die Position, die der Bun­deskanzler vertritt! –, nämlich dass jene Teile, die in die europäische Zuständigkeit fallen, anwendbar sind, nicht jedoch die umstrittene Investitionsschutzgerichtsbarkeit, die viele Mängel aufweist. Es ist ja bei einem funktionierenden Rechtssystem wie in Österreich, wo Gerichte objektiv und fair Sachverhalte abhandeln, nicht verständlich, dass ein österreichischer Unternehmer mit der Abhandlung bei einem österreichischen Gericht zufrieden ist und ein kanadischer nicht. Das ist nicht einzusehen, weil er dieselben Ausgangspositionen und dieselben Regeln für die Anwendung hat.

Eine funktionierende Gerichtsbarkeit braucht keine supranationale Gerichtsbarkeit, sondern man kann Investitionsschutzbestimmungen oder Schadenersatzbestim­mun­gen bei normalen Gerichten in Österreich abhandeln. Das ist die Position des Bundes­kanzlers und auch jene des deutschen Bundesverfassungsgerichts, die der Meinung sind, dass dieses Investitionsschutzabkommen in das interne Regelungsmonopol der Staaten eingreift und damit der Ratifizierung unterworfen ist und diese Ratifizierung in den nationalen Parlamenten stattzufinden hat.

Das kann derzeit noch nicht geschehen, weil die endgültige Entscheidung des deut­schen Bundesverfassungsgerichts noch ausständig ist, da die belgische Regierung ein Gutachten hinsichtlich der Einordnung in den Bereich des Rechts der Europäischen Union und der Aushöhlung des Auslegungsmonopols des Europäischen Gerichtshofes beantragt hat. Das ist abzuwarten. Das wird ungefähr zwei Jahre dauern. Daher ist eine Vorlage dieses Abkommens nicht vor zwei Jahren denkbar. In dieser Zeit hat die Europäische Kommission noch Verbesserungen im Investitionsschutzbereich durchzu­führen.

Also in diesem Sinne ist die österreichische Position – die die Position des Bundes­kanzlers ist – und auch jene des deutschen Bundesverfassungsgerichts rechtlich fundiert und international anerkannt. (Beifall bei der SPÖ.)

11.13


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Abgeordneter Haubner gelangt als Nächster zu Wort. – Bitte.

 


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