Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 53

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Das ist genau der Punkt, der uns große Sorgen macht: dass über so eine Gerichts­barkeit Staaten indirekt dazu gezwungen werden, anders zu agieren, als sie das wollen. Das ist in Wirklichkeit auch eine Aushöhlung der Demokratie und der Möglich­keiten der Parlamente. Deswegen sind wir hier so kritisch, noch dazu angesichts dieses ganz geringen Effekts, den es geben könnte.

Man muss sich das zum Beispiel so vorstellen: Ein Staat ist gegen Fracking, hat aber noch keine gesetzliche Maßnahme dagegen getroffen. Ein kanadisches Unternehmen investiert in diesem Staat, um dort Fracking durchzuführen. Erst danach wird eine gesetzliche Regelung getroffen, um Fracking zu verhindern. In diesem Fall wäre es denkbar, dass das Unternehmen klagt und der Staat Schadenersatz leisten muss. Das sind ganz konkrete Beispiele.

Oder: Ausstieg aus der Atomenergie, klassischer Fall. Deutschland ist geklagt worden, weil natürlich auch Investitionen in Atomkraftwerke getätigt wurden. Da droht dem deutschen Staat unter Umständen eine wirklich große Schadenersatzforderung von mehreren Milliarden Euro. Also das sind heikle Punkte.

Es gibt zwar vage Bestimmungen, wo es heißt, die Staaten können in gewissem Aus­maß Regelungen treffen, wenn sie der Meinung sind, das ist wichtig für ihre Bürger, und dann wäre dieser Punkt vom Investitionsschutz ausgenommen. Das sind aber so vage Bestimmungen, dass wir genau wissen, wie das dann abläuft. Da gibt es ja unglaubliche Macht dahinter, die sich dann alle möglichen Schlupflöcher suchen wird. Wenn man so unbestimmte Bestimmungen hat, dann ist auch immer die Gefahr gegeben, dass sie ausgehebelt werden. Das ist also ein durchaus heikler Punkt.

Wir haben auch den Bereich Rückkauf von privatisierter Grundversorgung. Es könnte sein, dass in einem Staat vielleicht zwar nicht die Wasserversorgung, aber das Kanal­system privatisiert wurde. Wir kennen das ja leider auch. Wir sind immer dagegen gewesen, dass man kritische Infrastruktur privatisiert, aber es kommt doch immer wieder vor. Wenn jetzt ein Staat oder eine Kommune darauf kommen würde, das wie­der rekommunalisieren, also wieder in den öffentlichen Bereich bringen zu wollen, dann könnte das auch eine Klage hervorrufen, weil sich ein ausländisches Unterneh­men dadurch diskriminiert fühlen könnte.

Das ist also ein sehr heikler Punkt, der immer den Gestaltungsspielraum des eigenen Staates herabsetzt und verringert. Das heißt, wir nehmen uns damit unsere eigene Souveränität. Das sind heikle Punkte, die man nicht einfach mit so lockeren Erklä­rungen wie: Es ist wichtig, Handel zu treiben!, wegwischen darf.

Die Diskussion über die mögliche Reduktion von EU-Standards läuft natürlich auch. Es gibt natürlich Bestimmungen, dass gewisse Dinge ausgeklammert sind, aber man darf nicht vergessen, dass Kanada der drittgrößte Exporteur von gentechnisch veränderten Lebensmitteln ist. Dass also großes Interesse besteht, diese Produkte auch auf diesem Weg zu vertreiben, liegt wohl auf der Hand. Es gibt eine mögliche Weiterentwicklung des CETA-Abkommens, wenn es dann einmal voll in Geltung ist, und es ist durchaus denkbar, dass sich sehr wohl etwas in diese Richtung bewegt. Das ist etwas, was in Österreich jedenfalls abgelehnt wird.

Ich komme jetzt zum Schluss. Ich würde das gerne noch weiter ausführen, aber wir haben ja als Fraktionen begrenzte Redezeit, wie schon angesprochen wurde. In der Bevölkerung gibt es jedenfalls – das ist offensichtlich – ein großes Misstrauen gegen­über derartigen Abkommen, vor allem eben auch, neben dem geringen Effekt, im Hinblick darauf, dass die Souveränität deutlich eingeschränkt wird. Da es ja letztlich Risiken sind, die der einzelne Bürger zu tragen hat, weil ja solche Handelsabkommen oft direkt in das Leben der einzelnen Bürger eingreifen, sind wir der Überzeugung, dass man die Bevölkerung zumindest befragen sollte, wie sie das sieht.

 


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