Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 107

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bestmögliche Lösung verdient, diese ist aber, wie ich fürchte, derzeit nicht chan­cenreich, denn ich habe das Gefühl, dass niemand mehr bereit ist, auf Argumente der anderen einzugehen, auch wenn er vielleicht innerlich schon spürt, dass diese Argumente vielleicht besser sind.

Ich kann mich nur den Warnungen des Herrn Finanzministers anschließen: Es besteht schon die Gefahr, dass hier jetzt Wahlzuckerl beschlossen werden, ohne dass man sich das näher überlegt. Gerade bei diesem Thema besteht diese Gefahr. Es sollte wirklich verhindert werden, dass hier Geldflüsse ins Ausland in hohem Maße ermög­licht werden, ohne dass dies notwendig ist. Es gibt bessere Lösungen, und man kann sie finden, wenn man nur bereit ist, dem anderen auch zuzuhören. (Abg. Schieder: Da beklagen Sie das Gleiche!)

Ich glaube, Sie werden mir das zugestehen: Ich habe mich immer bemüht, meinem Gegenüber mit Respekt entgegenzutreten. Ich habe das insbesondere auch in den letzten Monaten versucht, habe versucht, möglichst ruhig und sachlich das aus dem Regierungsübereinkommen und -programm noch abzuarbeiten und zu retten, was möglich war. Dabei habe ich diese Reste von Teamfähigkeit durchaus noch wahrge­nommen. Ich bedanke mich ausdrücklich beim Regierungspartner dafür und hoffe, dass diese Reste auch dazu führen können, dass wir heute vielleicht doch eine Lösung finden könnten, die sachgerechter und besser ist.

Ich weiß aber schon, es ist mir ja klar: Die letzten Wochen und Monate haben gezeigt, dass das Miteinander und die Kooperationsbereitschaft einfach rapide abgenommen haben. Traurigerweise muss man sich wohl auch eingestehen, dass dieser Wahlkampf einen Tiefpunkt erreicht hat, der deutlich macht, dass wir tatsächliche Lücken im Straf­recht haben, insbesondere wenn es um strukturelles, gezieltes Dirty Campaigning geht. Ich sage noch einmal – das ist eine Überlegung, die wir schon länger haben –: Die Tatbestände, die wir gegen das, was man jetzt Dirty Campaigning nennt, haben, reichen nicht aus. Sie beruhen – wenn Sie es sich näher anschauen, werden Sie es verstehen – auf den Verhältnissen der Siebziger- und Achtzigerjahre, auf unserem alten Medienrecht. Das wird den heutigen Verhältnissen nicht mehr gerecht, das muss man sehen.

Wir beschäftigen uns schon länger damit, und wir stellen immer wieder fest: Wir haben offensichtlich in verschiedenen Bereichen ein tiefer liegendes strukturelles Problem. (Abg. Brosz: Das haben Sie gemacht, seit Jahren jetzt!) Das Internet hat die gesell­schaftlichen Verhältnisse derart verändert, dass wir immer wieder feststellen müssen: Mit den bisherigen traditionellen Instrumentarien kommen wir nicht mehr aus, wir brauchen etwas Neues, und dieser Bereich gehört dazu.

Ein anderes Beispiel, mit dem Sie sich irgendwann noch werden beschäftigen müssen: Wir haben – und das ist gut so – in Österreich die strengsten Gesetze gegen Geldwäsche. (Zwischenruf des Abg. Brosz.) Wir wissen aber derzeit nicht, wie wir auf lange Sicht das Phänomen der Bitcoins wirklich kontrollieren und bewältigen können. Die Überwachungsmöglichkeiten, die an ihre Grenzen stoßen, habe ich erwähnt. All das zeigt doch eines: Natürlich haben wir auch durch das Internet immer öfter das Gefühl, dass wir mit unseren Instrumentarien, die wir gewohnt sind, die wir haben, am Ende sind. Und immer öfter habe ich das Gefühl, wir sind da wie jemand, der mit einem Holzhammer ein präzises Uhrwerk reparieren will. Das funktioniert nicht, und da braucht es einfach bei neuen Phänomenen, bei neuen Methoden – und Dirty Cam­paigning gehört einfach dazu – auch neue Maßnahmen. Eines muss einem nämlich klar sein: Wer in solche Maßnahmen, wer in Fake News, wer in Dirty Campaigning investiert, der investiert in Politikverdrossenheit, und das halte ich für demokratie­poli­tisch extrem gefährlich. (Beifall bei der ÖVP.)

 


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