Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 166

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das Gegenteil ist der Fall. Wenn die Grundlage von Demagogie ist, dass man ein gehöriges Talent zur Selbstinszenierung hat und die nötigen Moneten, um das auch einer breiten Öffentlichkeit vorzuführen, dann hat dieser Wahlkampf jetzt bewiesen, dass die repräsentative Demokratie in besonderem Maße dafür anfällig ist. Ganz im Gegenteil weisen die direktdemokratischen Instrumente, wie wir sie aus der Schweiz kennen, die dort seit 170 Jahren in Gebrauch sind, diese Anfälligkeit nicht auf.

Ganz nüchtern: 100 000 Personen können eine Volksabstimmung einleiten; 50 000 sind es, wenn es um ein Gesetz geht, 100 000, wenn die Bürger etwas auf die Agenda setzen wollen. (Abg. Kickl: Wir werden das schon machen!) – Nicht 250 000, sondern 100 000, das hätte ich noch einmal gerne gehört, denn es ist auch die Hürde dahin gehend interessant, ob ein Instrument scharf ist oder eben nicht.

Dann gibt es ein öffentlich finanziertes Abstimmungsbüchlein, ganz gerecht und ausge­glichen; es hat also nicht der mit dem großen Budget und der Parteienförderung einen Vorteil, sondern jeder kann diesen Vorteil genießen. Da werden Pro und Contra nüchtern über Wochen diskutiert, jeder Bürger macht sich ein Bild, und dann gibt es eine Abstimmung. Das ist ein vergleichsweise vernunftbetontes und eben nicht insze­niertes Verfahren, und ich würde es sehr empfehlen, um den Inszenierungen entge­genzuwirken, endlich einmal auf direkte Demokratie zu setzen, und zwar so, Herr Abgeordneter Kickl, dass die Hürde nicht so hoch ist, wie es noch im Wahlprogramm steht; 250 000 ist viel zu hoch, 100 000 müssen reichen. Dafür werden Sie jede Unterstützung bekommen, denn dann wird es auch möglich sein, dass jene Themen diskutiert werden, die zwar existenziell sind, aber einer Art von Tabuisierung verfallen. Das haben wir, die Freie Liste Österreich, in diesem Wahlkampf ganz besonders erlebt.

Es ist ohne jeden Zweifel so, dass die Frage der übergeordneten Struktur der EU ganz wesentlich darüber entscheidet, welchen Spielraum jeder österreichische Kanzler überhaupt noch hat. Juncker, der Kommissionspräsident, hat angekündigt, das ist nunmehr vier Wochen her, dass die Europäische Union jetzt einen ganz entschei­denden Schritt zum zentralisierten Superstaat, wenn man das so sagen will, macht, und zwar in mehreren Punkten. Sie haben mir damals keine Antwort gegeben, aber ich habe Sie schon einmal gefragt: Wie verhält sich die Sache mit dem europäischen Finanzminister, was ist dann noch Ihre Aufgabe? Wie wird sich das auswirken, wenn der Euroraum auf alle Länder ausgedehnt wird, selbst auf jene, die das gar nicht wollen?

Was ist mit der europäischen Asylbehörde, die nach Regeln, die wir jetzt noch nicht kennen, auf die wir dann auch nur mehr einen ganz minimalen Einfluss haben – Öster­reich stellt 2 Prozent der europäischen Bevölkerung –, die Asylberechtigten den Ländern zuteilen wird? Alles, was Kern und Kurz versprechen, nämlich eine restrik­tivere Einwanderungspolitik, kann man sich aufschreiben, wenn man nicht vorher gegen diese Asylbehörde opponiert. – Das ist der zweite Punkt.

Der dritte Punkt ist auch nicht ganz unerheblich: die europäische Armee, ausgestattet mit Atomwaffen. Was machen wir jetzt? Machen wir mit, einfach so, wie wir es immer gemacht haben, verletzen wir die Neutralität und tun es trotzdem? Oder diskutieren wir die Neutralität, schaffen wir sie ab? Oder versuchen wir, herauszuverhandeln, dass wir da nicht dabei sind?

Diese Fragen sind die entscheidenden Fragen, und wer sich dieser entscheidenden Fragen annimmt – und das haben wir erlebt –, der überschreitet eine rote Linie, der kommt nicht vor. Sie alle hier sind der Meinung, da rühren wir nicht dran, wir machen da mit, das ist halt so; ich glaube, es hat einmal einen gegeben, der vom Verfassungs­bogen gesprochen hat; da ist die Diskussion über die EU anscheinend nicht drinnen.


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