Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 177

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18.09.41

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister Schelling, was alles ein Schaden oder ein Nutzen ist, ist halt auch von der ideolo­gischen Betrachtung abhängig. Darauf werden wir noch zu sprechen kommen.

Zunächst zum Kollegen Auer, der gerade geht. (Abg. Auer verlässt den Sitzungs­saal. – Zwischenruf bei der ÖVP.) Ja, es werden heute wahrscheinlich noch einige Abschiedsreden gehalten werden. Ich wollte nur festhalten, dass er trotz aller Diver­gen­zen, die wir vielleicht inhaltlich hatten, schon auch ein Pragmatiker und damit ein Brückenbauer war.

So etwas ist nützlich, und ich will das an dieser Stelle nur sagen, und das wird ja bei mehreren Appellen wahrscheinlich noch angesprochen werden, nämlich dass wir alle schon auch des Umstands gewahr sein sollten, und zwar bei allen unseren Auftritten – manchmal greifen ja auch Minister ein bisschen rüde in die Debatte ein, wie eben jetzt, und auch das sollten wir aushalten –, bei allen Divergenzen, dass all die Regierungs- und Gesetzgebungsinstanzen und die Verfassungen und Regierungsformen, die wir haben, vielleicht nicht die besten sind, wie es Churchill sinngemäß formulierte – er sagte, glaube ich, sogar: schlechte –, dass es aber halt auch nicht viel bessere gibt.

Bei allem Bekenntnis zu mehr direkter Demokratie wird es das hier immer brauchen. Deshalb sollte, glaube ich, die Arbeit von Abgeordneten, die bei aller Divergenz noch in der Lage sind, zumindest hinter den Kulissen vernünftig zu verhandeln, nicht unter­schätzt werden. Das möchte ich hier noch festgehalten haben. Um diese Minute kürze ich gerne meine restliche Rede ab.

Es liegt hier ein Vorschlag zu einer sogenannten Schuldenbremse im Verfassungsrang vor. Ja, mein Gott, aber was Sie hier gar nicht erklären, ist, dass wir das einfachge­setz­lich schon haben. Da waren wir an sich auch nicht begeistert. Da wurden Unionsregeln umgesetzt. Das geht ähnlich, aber das Ganze jetzt in den Verfassungsrang zu heben, macht ja nur dann Sinn, wenn es überhaupt Sinn macht. Und wir von den Grünen bezweifeln den Sinn. Nämlich: Man kann schon schauen, dass man vielleicht in bestimmten Phasen sogar einmal Überschüsse macht. Man kann auch schauen, dass es einmal bewusst Defizite gibt. Ich weiß schon, jetzt ist das mit dem konjunkturellen Gegensteuern in dem Vorschlag angesprochen worden, aber es gibt einen Grundfehler bei dieser ganzen Schuldenbremsenphilosophie, nämlich dass man dauernd so tut, als ob Staatsausgabe X das Gleiche wäre wie Staatsausgabe Y.

Es gibt eben produktive Staatsausgaben und nicht produktive, und das ist bei jedem Unternehmen so. Deshalb hat es keinen Sinn, den Staat immer mit privaten Haus­halten zu vergleichen, die genauso viel einnehmen sollen, wie sie ausgeben. Das ist ein kompletter Holler, und ich wundere mich immer, wie derart ökonomischer Unfug einen solchen zustimmenden Verbreitungsgrad erreichen kann. (Beifall bei Grünen und NEOS.)

Ich weiß, es ist eh keine gute Nachricht für diejenigen, die auch gerne Staatsausgaben haben, so wie Sie es uns unterstellen, vielleicht manchmal auch zu Recht, es ist halt zwischen laufenden Ausgaben und Einnahmen zu unterscheiden. Man muss aber auch erkennen – und da kommt die ideologische Unterschiedlichkeit heraus –, dass auch die Allgemeinheit, die öffentliche Hand, der Staat einmal etwas Gutes ist. Man muss sich ja nicht immer selber schlechtmachen. Man muss erkennen, dass öffentliche Ausgaben nicht nur irgendetwas sind, wo man das Geld verpritschelt, sondern auch etwas, womit investiert wird, und zwar genau dort, wo der Markt versagt, und das tut er oft, und deshalb braucht es den öffentlichen Anschub oder überhaupt die direkte öffentliche Investition.

 


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