Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 209

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die für mich vorher auch selbstverständlich waren, sind mir fremd geworden. – Ich bringe Ihnen Beispiele.

Ich bin ein begeisterter Parlamentarier und ich war begeisterter Sozialpolitiker. Wenn aber ein Sozialausschuss nur drei-, vier-, manchmal vielleicht fünfmal im Jahr tagt, wenn das Ganze auf drei, vier, fünf Stunden begrenzt ist, wenn die Tagesordnung aber 30 oder 40 Anträge enthält, dazu zwei oder drei Berichte, das alles dann aber eben in diesen drei oder vier oder fünf Stunden abgehandelt werden soll, dann stimmt etwas nicht, dann haben wir uns nicht jene Zeit genommen, die die Behandlung dieser An­träge oder Berichte eigentlich bräuchte. Wenn etwa ein Bericht wie der Sozialbericht im Ausschuss diskutiert wird, braucht das nämlich allein schon, damit er sinnvoll diskutiert werden kann, drei oder vier Stunden, und diese Zeit nehmen wir uns nicht. Das finde ich grob fahrlässig.

Ich kann Ihnen nur sagen – ich werde diesen Appell auch wiederholen –, wenn Sie das in der Zukunft nicht ändern und dem Parlamentarismus nicht tatsächlich eine Chance geben, die er derzeit nicht hat, dann hat der Parlamentarismus verspielt, dann wird sich die Frage, wie dieses Parlament arbeiten kann, ganz anders lösen – und nicht im guten Sinn.

Zweites Beispiel: Wozu führt das? – Ich habe Ihnen gesagt, ich bin im Sozialausschuss tätig gewesen. Wir haben seit Beginn des ASVG 88 nummerierte Novellen. Wissen Sie, wie viele nicht nummerierte Novellen es gibt? – Fast 300! Ich habe sie einmal durchgezählt: 300 nicht nummerierte Novellen. Allein in diesem Jahr, im Jahr 2017, gibt es, glaube ich, 17 – heute beschließen wir weitere ASVG-Novellen. Das ist ein Riesenproblem für jeden, der dieses Gesetz lesen muss, der es anwenden muss. Und schließlich sollen auch die dem Gesetz Unterworfenen das Gesetz irgendwie verstehen können.

Das funktioniert so nicht – und das ASVG ist vielleicht ein besonderes Beispiel, aber es ist eines unseren wichtigsten Sozialgesetze. (Allgemeiner Beifall.)

Drittes Beispiel: die Kontrollrechte. – Auch das ist eine wirklich wesentliche Sache, egal, ob man in einer Oppositionspartei oder in einer Regierungspartei ist. Ich habe über Jahre hinweg an alle Ministerien immer Anfragen gestellt: Wie groß sind die Kabinette, wie hoch sind die Kosten für die Kabinette, wer ist in den Kabinetten? – Als ich wieder zurückgekommen bin, habe ich versucht, auch betreffend diese Anfragen­serie – weil mir dazwischen ja ein paar Jahre abgegangen sind, und die Kabinetts­größen beziehungsweise wie damit umgegangen wurde, das war immer sehr nützlich; das war auch des Öfteren Gegenstand einer öffentlichen Debatte beziehungsweise von Rechnungshofberichten –, das nachzuholen.

Ich habe bei allen Ministerien angefragt und habe mich sehr gefreut, als Minister Rupprechter schon nach einem Monat eine Antwort gegeben hat. Als ich dann aber die Antwort gesehen habe, na, da habe ich geschaut. Da war nämlich nichts drinnen, was irgendwie eine Frage von mir beantwortet hätte. Ich habe daraufhin Frau Präsidentin Bures einen Brief geschrieben, habe ihr das Problem erklärt, und sie hat gesagt, sie wird dem Herrn Minister schreiben. – Da war ich zunächst beruhigt und habe die Anfrage an den Minister natürlich wiederholt.

Dann, nach einem weiteren Monat – zwei Monate, Sie kennen die Geschichte – sind die anderen Anfragebeantwortungen gekommen. Die sind mit Ausnahme der Antwort von Minister Mahrer – Ehre, wem Ehre gebührt – aufs Wort exakt alle gleich aus­gefallen, fast wortident, nämlich übersetzt: Lieber Karl Öllinger, du kannst dich brausen gehen, wir beantworten das nicht. – Es war keine Antwort enthalten. Es waren Ver­weise auf andere Anfragen, nämlich zumeist die des Kollegen Scherak, der aber etwas


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