Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 228

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tierung der Beschäftigungsformen abseits der männlich geprägten Vollzeitarbeit zur Folge, die sich für die Betroffenen am Beispiel von zwei herausgegriffenen Gruppen schnell sichtbar macht:

so besteht für die Gruppe der freien DienstnehmerInnen kein Anspruch auf gesetz­lichen Mindesturlaub oder Entgeltfortzahlung im Krankenstand. Es gilt für sie auch kein Kollektivvertrag. Damit  fallen sie z.B. um das 13./14. Monatsgehalt um und haben keine Mindestlöhne.

Die Gruppe der neuen Selbstständigen wie WerkvertragnehmerInnen oder EPUlerIn­nen ist etwa nicht arbeitslosenversichert und auch für sie gilt kein Arbeitsrecht (nur das Sozialrecht).

Beide Gruppen sind aus der betrieblichen Mitbestimmung ausgeschlossen – sie kön­nen sich weder zum Betriebsrat aufstellen lassen, noch einen wählen. Das alles unterstützt eine Vereinzelung an Interessen und führt zu einer schwächeren sozialen Absicherung für Betroffene.

In den letzten Jahren kamen durch den Digitalisierungsdruck Beschäftigte über Vermittlungsplattformen wie die Crowdworker oder andere DienstleisterInnen (wie UBER, bookatiger, etc.) als neue Formen dazu.

Die Zuordnung, welches Arbeitsverhältnis vorliegt, geschieht anhand von Abgren­zungs­kriterien zwischen unselbstständiger und selbstständiger Arbeit (wie z.B. betriebliche Eingliederung, Weisungsgebundenheit, Kontrollunterworfenheit, persön­liche Arbeitspflicht) und wird im Einzelfall vor dem Arbeits- und Sozialgericht geprüft und entschieden. Diese Kriterien fokussieren auf das Verhältnis zwischen Beschäf­tigten und Arbeitgeber und stellen neben der wirtschaftlichen, vor allem die persönliche Abhängigkeit in den Vordergrund. Hinzu kann dabei eine Diskrepanz zwischen Theorie (im Vertrag) und der Praxis, also der Ausgestaltung der Arbeitserbringung, kommen. Daher hat sich der Begriff der Scheinselbstständigkeit in manchen Branchen wie am Bau oder der Pflege etabliert für Beschäftigte, die zwar am Papier als Selbstständige fungieren, sich allerdings wie Angestellte verhalten (müssen). Ohne geeignete Kon­trollstrukturen bzw. gewerkschaftliches Engagement bleiben die Rechte von Betrof­fenen daher auf der Strecke.

Die wirtschaftliche Abhängigkeit sollte daher stärker als Prüfkriterium herangezogen werden. Hier ist der § 2 im LSD-BG zukunftsweisend: Für die Beurteilung, ob ein Arbeitsverhältnis, eine grenzüberschreitende Entsendung oder Überlassung im Sinne dieses Bundesgesetzes vorliegt, ist der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhalts maßgebend. Dadurch würde dem Spek­trum an Beschäftigungsformen der arbeitsrechtliche Spiegel vorgehalten. Dabei ist es ist nicht die Absicht aller Beschäftigten in eine bestimmte Beschäftigungsform zu drängen. Entscheidend ist vielmehr, jene Beschäftigungsgruppen zu unterstützen, die derzeit nur einen arbeits- und sozialrechtlichen Schutz zweiter und dritter Klasse haben.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, wird aufgefordert:

 


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