Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 9. November 2017 / Seite 26

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Klubobmanns, obwohl ich doch bisher keinerlei praktische Erfahrung mit parlamentari­scher Arbeit hatte.

Da kam mir, ehrlich gesagt, die Meldung zugute, dass die ÖVP mit Frau Köstinger je­manden aufstellt – sie ist, soweit ich das weiß, schon lange in der Politik tätig –, der auch noch nicht in diesem Haus tätig gewesen ist, und wenn sie sich traut, für das Amt der Präsidentin des Nationalrates zu kandidieren, habe ich mir gedacht, dann muss ich mich trauen, als Klubobmann für die Liste Pilz aufzutreten. (Beifall bei der Liste Pilz. – Abg. Schieder: Wer ist das jetzt - -? Ich kenne mich nicht mehr aus!)

Ich ersuche Sie, unserer neuen Fraktion auch das, was jede Regierung und jeder Mi­nister für sich in Anspruch nimmt, zu gewähren, nämlich 100 Tage Einarbeitungszeit. Wir haben da etwas aus dem Boden gestampft, was, glaube ich, hier im Parlament noch sehr, sehr merkbar sein wird, aber wir müssen uns konsolidieren. Und ich würde diese 100 Tage gerne für die Konsolidierung in Anspruch nehmen.

Wir haben im Wahlkampf versprochen, wir werden versuchen, insbesondere ein Bür­gerbeteiligungsprojekt aufzubauen. Unser Ziel ist es, eine echte Teilhabe der Staats­bürger und Staatsbürgerinnen an der Politik zu ermöglichen und damit enttäuschte Wähler, Nichtwähler und auch Protestwähler wiederum zur demokratischen Mitbestim­mung hinzuführen.

Unsere Mandatare und Mandatarinnen haben – das haben wir gestern in einem Klub­statut noch einmal festgeschrieben – das freie Mandat. Das heißt, dass wir in unseren Statuten ganz klar festhalten, es gibt nicht eine Parteimeinung, sondern die Abgeord­neten werden nach ihrem Gewissen und nach ihrem besten Wissen abstimmen – keine Vorgabe von der Partei als Linie.

Wir wollen eine Politik machen, die von unten nach oben geht. Wir wollen bei den Bür­gern die Probleme einholen, wir wollen mit ihnen darüber sprechen, welche Lösungen sie sich vorstellen können und wollen das dann hier ins Parlament hereintragen. So ge­sehen sind wir nicht oder wollen wir nicht unbedingt eine typische Partei, sondern mehr eine Bewegung für Kontrolle und Transparenz sein.

Die Teilhabe an der Politik setzt voraus, dass man entsprechende Informationen hat. Informationen über unsere Arbeit hier sind meines Erachtens eine Bringschuld. Es ist nicht so, dass man sich das abholen muss, sondern wir müssen hinausgehen und den Menschen klarmachen, was hier in diesem Hohen Haus von uns geleistet wird.

Transparenz heißt für mich auch, dass man vermeidet, zu bluffen. Ich habe das zum Beispiel in meiner Arbeit erlebt. Ich wusste früher nicht, was ein Entschließungsantrag ist und habe das dann kennengelernt: Ein Entschließungsantrag ist halt ein Antrag, der auch dann, wenn er von allen beschlossen wird, nicht unbedingt dazu führen muss, dass es eine entsprechende gesetzliche Regelung gibt. Ich erinnere mich daran – aus dem Bereich meiner Arbeit –, dass man im Jahr 2005 im Justizausschuss einvernehm­lich beschlossen hat, effektive Maßnahmen zur Durchsetzung von Schadenersatzan­sprüchen bei Massenschäden ausarbeiten zu lassen. Das hat das Justizministerium auch gemacht, und seit 2007, also seit mehr als zehn Jahren, liegen die Konzepte da­für in der Schublade des Justizministeriums. Ein Entschließungsantrag hat sozusagen auch seine Grenzen, echte Gesetzesbeschlüsse sind besser.

Ein Beispiel für Kontrolle, die wir ausüben wollen, hat sich im Wahlkampf, also vor der Wahl ergeben. Da haben SPÖ und ÖVP im Interesse der Versicherungswirtschaft ge­meinsam gemeint, vor der Wahl noch schnell eine Novelle des Versicherungsvertrags­gesetzes durchpeitschen zu müssen, mit der man vorgeblich eine Reform vornehmen wollte, in Wirklichkeit aber das Rücktrittsrecht, das Versicherungsnehmer bei falscher Belehrung über das Rücktrittsrecht bei Lebensversicherungen ein Leben lang haben, eingeräumt durch den Europäischen Gerichtshof, schlicht und einfach abdrehen wollte.

 


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