Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 9. November 2017 / Seite 33

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genden Legislaturperiode kein schlechter Verlierer ist, und ein guter Demokrat ist der­jenige, der nicht nur am Wahlabend, sondern in der ganzen darauffolgenden Legisla­turperiode kein überheblicher Gewinner ist. Das zeichnet gute Demokraten aus. Der Wechsel von Machtverhältnissen, der Wechsel von der Opposition auf die Regierungs­bank, der Wechsel an politischen Konstellationen ist nichts Lästiges, das ist kein Be­triebsunfall, sondern das ist die Substanz einer Demokratie. Nur so ist das demokra­tische Prinzip auch tatsächlich lebendig! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, wir sind uns alle einig, dass die Bevölkerung im Oktober Veränderung gewählt hat, und ich möchte ein paar Schlag­lichter auf das werfen, was wir unter Veränderung verstehen. Veränderung heißt für mich, dass wir Dinge, die aus dem Lot geraten sind, wieder geraderichten – denken Sie nur an die Frage der Massenzuwanderung, an die Problematik im Integrationsbe­reich oder an die Sicherheitsmisere! Uns ist klar, dass diese Dinge wieder ins Lot ge­bracht werden müssen.

Veränderung bedeutet für uns, dass bei Entwicklungen, bei denen schon seit Langem das Maß verloren gegangen ist, der Hausverstand endlich wieder zur Anwendung kommt. Denken Sie nur an die überbordende Schuldenpolitik: Wir haben jedes Mal wieder gehört, der Schuldenberg darf nicht größer werden, und immer sind wir mit noch mehr Schulden und noch mehr Schulden munter geworden.

Veränderung bedeutet für mich auch, um noch einen dritten Punkt zu nennen – diese Liste ist bei Weitem nicht vollständig –, dass man vorausschauend handeln muss und sich in der Politik von einer Mentalität des Hinterherreparierens verabschieden muss. Wenn ich von vorausschauender Politik rede, denke ich an das Gesundheitssystem, an die Pflege, an das Bildungssystem und auch an den Arbeitsmarkt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit dieser Überzeugung, die für mich mehr ist als ein neuer Stil – ein neuer Stil hat für mich einen, na ja, nennen wir es einmal etwas äußerlichen Charakter, während diese Einstellung aber aus einer inneren Über­zeugung kommt –, mit dieser Einstellung sind wir in die Koalitionsverhandlungen einge­treten, mit dieser Einstellung führen wir diese Koalitionsverhandlungen auch und mit dieser Einstellung sind wir auch als Oppositionspartei zu jenen 26 Prozent an Stimmen gekommen, die uns so stark gemacht haben, wie wir heute hier vertreten sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Tatsache, dass alle anderen Parteien freiheitliche Inhalte übernommen haben – manche mehr, manche weniger, aber alle ha­ben sich bedient –, ist die größte Anerkennung und das größte Kompliment, das sie uns für unsere Politik machen können. (Beifall bei der FPÖ.) Es gibt nur eine Partei, die ge­glaubt hat, von uns nicht abschreiben zu müssen. Sie vermissen wir heute in diesem Ple­num. (Heiterkeit bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist viel von einem Miteinander gesprochen worden, es ist viel von Gemeinsamkeit gesprochen worden. Ich würde jetzt an uns alle appellieren, den Beweis dafür anzutreten. Die erste Gelegenheit haben wir bei der Wahl des neuen Nationalratspräsidiums. Es sind bereits sehr viele lobende und aner­kennende Worte für die Kandidatinnen und unseren Kandidaten gefunden worden, und ich kann mich dem nur anschließen.

Ich glaube, dass es ein entscheidender Punkt ist, dass man in dieser Funktion den Geist des Miteinander und den Geist der Gemeinschaft lebt, ohne deshalb auf die ei­gene Position zu verzichten und ohne deshalb den Versuch zu unternehmen, die Un­terschiede zu eliminieren. Es geht nicht ohne diese Dialektik. Das Ding ist nicht schwarz oder weiß, sondern es ist ein dialektisches Verhältnis, mit dem wir es hier zu tun haben.

 


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