Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 9. November 2017 / Seite 34

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Ich denke, dass nicht nur unser Kandidat Norbert Hofer in seiner Amtsführung bewie­sen hat, dass er dazu bestens in der Lage und geeignet ist – er hat das Amt objektiv geführt, er hat es mit Bedacht geführt, er hat es umsichtig geführt, er hat es überpartei­lich geführt, und genau das ist es, was er auch in Zukunft tun wird und was wir uns von einem Nationalratspräsidenten erwarten –, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich stehe auch nicht an, dieses Lob auch der derzeitigen Nationalratspräsidentin Doris Bures auszusprechen; sie hat es sich genauso verdient. Sie hat gezeigt, dass Aus­gleich und Zusammenhalt zu ihren großen Stärken gehören, und deshalb ist für uns klar, dass wir sie auch für eine weitere Legislaturperiode in dieser Funktion unterstüt­zen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Frau Präsidentin, ich bin Ihnen auch gar nicht böse, wenn gerade Sie manchmal etwas strenger mit mir sind. Ich interpretiere das einfach als demokratische Form der Zunei­gung, die wir füreinander empfinden. (Heiterkeit bei der FPÖ. Präsidentin Bures wiegt den Kopf.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, und selbstverständlich bin ich auch davon überzeugt, dass Elisabeth Köstinger als Kandidatin der ÖVP diese neue Rolle an der Spitze des Nationalratspräsidiums verantwortungsbewusst, mit einer großen Spann­weite ausgestattet und mit einer ehrlichen Toleranz ausüben wird. Ich glaube, wir soll­ten ihr alle diesen Vertrauensvorschuss geben und mit der Abstimmung über das Na­tionalratspräsidium ein Zeichen setzen, dass wir alle aus den Lektionen dieses Wahl­kampfs gelernt haben. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

11.34


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr.in Irm­gard Griss. – Bitte.

 


11.34.43

Abgeordnete Dr. Irmgard Griss (NEOS): Herr Bundespräsident! Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Émile Durkheim beschreibt die Demokratie als „jene politische Form, durch die die Gesellschaft zum reinsten Bewusstsein ihrer selbst gelangt“. „Ein Volk ist umso demokratischer“, schreibt Durkheim, „je größer die Rolle ist, die Beratung, Reflexion und kritisches Denken bei der Behandlung der öffent­lichen Angelegenheiten spielen“. Dadurch wird eine Politik möglich, die von Vernunft und Verständnis geprägt ist, die ihrer Verantwortung gerecht wird und die Vertrauen schafft.

Das Vertrauen in die Demokratie ist in den letzten Jahren und Jahrzehnten kontinuier­lich gesunken – in den klassischen westlichen liberalen Demokratien, aber auch in Ös­terreich. Im Frühjahr dieses Jahres wurde eine Sora-Umfrage veröffentlicht, wonach sich 43 Prozent der Befragten einen starken Mann an der Spitze des Staates wün­schen. 23 Prozent stimmten der Aussage zu, man „sollte einen starken Führer haben, der sich nicht um ein Parlament und Wahlen kümmern muss“.

Das ist eine besorgniserregende Entwicklung, die sich ja auch im Aufblühen des Popu­lismus widerspiegelt. Die Frage ist daher: Was können wir, die Abgeordneten dieses neu gewählten Parlaments, dazu beitragen, dass das Vertrauen in die Demokratie wie­der größer wird? Ich glaube, ein erster Schritt könnten Aufmerksamkeit, Achtsamkeit und Anstand sein. Dadurch würde das Ansehen des Parlaments steigen und damit auch das Vertrauen in die Demokratie gestärkt. Was meine ich damit?

Aufmerksamkeit bedeutet, zuzuhören, nicht nur körperlich anwesend zu sein, sondern auch geistig offen für das zu sein, was in Reden und Debattenbeiträgen gesagt wird.

Achtsamkeit ist mehr als Aufmerksamkeit. Wer achtsam ist, der begegnet dem, was gesagt wird, mit Verständnis und Respekt. Er lehnt Anträge und Anregungen nicht re-


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