Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll5. Sitzung, 20. und 21. Dezember 2017 / Seite 39

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antwortung als Oppositionspartei heraus auch nicht verweigert. Beides, sowohl in der Regierung zu sein als auch in der Opposition zu sein, bedeutet staatspolitische Verant­wortung.

Es ist selbstverständlich die Aufgabe der Opposition, inhaltliche Kritik an den Entschei­dungen dieser Regierung auch zu äußern, wenn es sie gibt. Ich freue mich auch auf diese Kritik, denn Kritik bringt uns immer weiter, wenn wir auch Selbstreflexion haben. Ich kann Ihnen versprechen, ich werde diese Selbstreflexion selbstverständlich haben, denn ich habe das zwölf Jahre als Oppositionspolitiker dieses Hauses erlebt und habe mich oft geärgert, wie man gute Vorschläge und Anträge der Opposition einfach negiert und beiseitegeschoben hat. Daher wird der Anspruch auch sein, diese guten Anträge und inhaltlichen Forderungen der Opposition ehrlich und richtig zu bewerten. (Zwischen­ruf des Abg. Schieder.)

Jede Kritik ist willkommen, aber natürlich haben wir auch die Messlatte der letzten zwölf Jahre anzulegen, an der sich die bisherige Regierungspartei, die Sozialdemokra­tische Partei, zu messen haben wird, denn Sie haben in den letzten zwölf Jahren Ver­antwortung getragen. Wir wollen vieles, das Sie nicht umgesetzt haben, in den nächs­ten Jahren im Interesse der Bevölkerung umsetzen, und dabei geht es nicht um Eitel­keiten oder Parteiinteressen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

„Zusammen. Für unser Österreich.“ – Das ist das Motto, unter dem unser Regierungs­programm steht. Unter zusammen verstehe ich selbstverständlich den respektvollen Um­gang miteinander, dass dieses unselige Hickhack, dieser Streit der ehemaligen Regie­rungsparteien untereinander, der tagtäglich sichtbar in der Öffentlichkeit ausgetragen wor­den ist, keine Fortsetzung findet. Ich verstehe darunter, dass Persönlichkeiten zusam­mensitzen, die sich gegenseitige Wertschätzung entgegenbringen. Wenn es – und das kommt in der Demokratie zwischen Partnern zweier unterschiedlicher Parteien auch vor – da oder dort Unterschiede inhaltlicher Art gibt, dann hat man die menschliche Qualität zu beweisen, das intern zu besprechen und zu klären und den notwendigen Kompromiss im Interesse der österreichischen Bevölkerung zu finden.

Das bedeutet natürlich auch, dass man die eine oder andere Position nicht ganz so durchsetzen kann, wie man sich das wünscht. Da bin ich jemand, der das immer ehr­lich und aufrichtig gelebt hat, auch in der Politik, in all meiner Verantwortung, und das muss man auch eingestehen. Wir haben eine Zusammenarbeit zwischen zwei Partei­en, und weder die eine noch die andere hat die absolute Mehrheit. Das bedeutet na­türlich auch, dass man sich da oder dort aufeinander zubewegen und auch schmerz­volle Abstriche machen musste.

Ich gestehe ein: Ja, auch ich und wir Freiheitliche haben schmerzvolle Abstriche ma­chen müssen; im Bereich Ceta wäre es uns ein Anliegen gewesen, eine Volksbe­fragung sicherzustellen. Man muss auch festhalten, dass wir da natürlich auch Altlas­ten übernehmen; durch den Vorgänger im Bundeskanzleramt, Herrn Kern, wurde schon in diese Richtung gelenkt, und das Freihandelsabkommen Ceta ist heute bereits in Kraft getreten und Realität. (Ruf bei der FPÖ: Herr Kern hat das zu verantworten!) Wir alle wollen ein gutes Freihandelsabkommen und wir alle wollen, dass am Ende des Prozesses hoffentlich ein ordentlicher EU-Schiedsgerichtshof die Rechte der Firmen und der betroffenen Bürger entsprechend garantiert. Uns wäre es wichtig gewesen, eine Volks­befragung sicherzustellen, das war aber eine rote Linie in diesen Regierungsverhand­lungen.

Was wäre die Konsequenz gewesen, wenn wir diese Verhandlungen nicht zu einem positiven Ergebnis, mit den vielen Inhalten, die uns wichtig waren und die wir durchset­zen konnten, gebracht hätten? – Die Konsequenz wäre gewesen, dass viele Wählerin­nen und Wähler, die uns am 15. Oktober das Vertrauen geschenkt haben, zu Recht kein Verständnis dafür gehabt hätten, wenn eine andere Regierungskonstellation, die


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