Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll5. Sitzung, 20. und 21. Dezember 2017 / Seite 48

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sagen: Von dem, was Sie vor der Wahl versprochen, angekündigt haben, finde ich da­rin bestenfalls homöopathische Dosen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe den Eindruck gewonnen – und, mit Verlaub, das ist so –, dass wir eine Wahl­auseinandersetzung und im Anschluss daran eine Regierungsbildung erlebt haben, bei der im Rekordtempo Versprechungen und Ankündigungen über Bord geworfen worden sind. Ich habe verstanden, dass Sie sich in den letzten Jahren wirklich um Ihr Image bemüht haben, dass Sie der Vertreter der kleinen Leute sind, dass Sie die Kämpfer, die Aufrechten und Wackeren gegen das System und gegen den Filz aller Provenienz sind. Wenn ich mir heute anschaue, was davon übriggeblieben ist, dann kann ich nur sagen: Sie haben Ihre Wähler ganz schön verraten. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Hai­der: Das haben nur Sie! – Zwischenruf des Abg. Zanger.) Sie haben sich zum Steig­bügelhalter einer Politik machen lassen (Abg. Lausch: ... SPÖ-Parteitag passen! So ei­nen Blödsinn reden!), die im Wesentlichen den Großspendern der Wahlkampagne der ÖVP nützt.

Ich muss Ihnen sagen, es ist auf der einen Seite in der Opposition leicht, Dinge zu kri­tisieren, aber es ist auf der anderen Seite so, dass Sie heute als Vizekanzler, als Freiheitliche Partei in einer Position sind, in der es nicht mehr wurscht ist, was passiert, sondern jetzt haben Sie die Verantwortung für das, was die Lebensverhältnisse der Menschen betrifft, wirklich in Händen. Deshalb lohnt es sich, sich genau anzuschauen, was Sie da vorschlagen und was das bedeuten wird. Es tut mir leid, wenn ich diese Feierstunde mit Fakten ankränkle (Ruf bei der FPÖ: „Fakten“!), aber wir haben uns ganz genau mit Ihrem Programm auseinandergesetzt.

Schauen wir uns zum Beispiel an, was aus meiner Sicht eine der größten Herausforde­rungen ist: der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit. Arbeitslosigkeit ist ein gesellschafts­politischer Skandal, wir dürfen ihn nicht zur Kenntnis nehmen. Doch in diesem Pro­gramm gibt es einen Vorschlag von Ihrer Seite, der darauf hinausläuft, die Beschäfti­gungsprogramme für die über 50-Jährigen massiv zusammenzustreichen. (Abg. Dei­mek: Die Beschäftigung ...!) Überlegt man jetzt, was das bedeutet, wer da betroffen ist, so stellt man fest: Es sind zum Beispiel 53-Jährige, die Hunderte Bewerbungsschrei­ben abgegeben haben, die in der Lage sind, etwas zu leisten, die kompetent sind, die etwas können und die in vielen Fällen nicht einmal eine Antwort bekommen. – Das sind die Menschen, denen Sie jetzt die Türe vor der Nase zuwerfen!

Nicht genug damit: Sie streichen nicht nur die Programme, die diesen Menschen wie­der Hoffnung und eine Zukunftsperspektive geben, sondern Sie gehen noch einen Schritt weiter, denn in Ihrem Programm ist ganz klar festgehalten, dass Sie eine Kür­zung des Arbeitslosengeldes bei längerer Arbeitslosigkeit vorschlagen – degressives Ar­beitslosengeld nennen Sie das –, und dass hat zur Folge, dass Menschen tatsächlich in die Armut gestoßen werden und dass ihnen jegliche Hoffnung genommen wird.

Damit nicht genug, denn wenn man Ihr Programm weiter genau liest – und ich kann Ih­nen sagen, es ist eine lohnenswerte Übung; Sie sollten das vielleicht auch noch einmal in epischer Breite tun –, dann sieht man, dass Sie mit der Streichung der Notstandshil­fe Menschen nach längerer Arbeitslosigkeit in die Mindestsicherung stoßen. Wissen Sie, was das bedeutet? – Sie geben diesen Menschen nicht nur keine Hoffnung, Sie nehmen ihnen nicht nur ihren Job, sondern am Ende eines Berufslebens nehmen Sie ihnen alles weg, was sie sich ein Leben lang aufgebaut, erspart und mit ihrer Hände Arbeit geschaffen haben. Das ist Ihre Politik! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Kol­ba. – Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Ich halte es auch für bemerkenswert, dass Sie – wenn man weiterliest, sieht man das, ein paar Paragrafen später – diese Menschen, die Mindestsicherung beziehen, dann noch zum Arbeitsdienst verdonnern wollen. Ich frage Sie jetzt ehrlich: Wie können Sie dieses Programm, diese Politik verlangen und diesen Menschen in die Augen schauen,


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