Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll5. Sitzung, 20. und 21. Dezember 2017 / Seite 49

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sie am Ende auch noch für ihr Schicksal demütigen? Ihre Politik ist eine Politik, die sich gegen die Armen richtet und nicht gegen die Armut! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Sie sich darüber beschweren, dass jemand sagt, das sei ein Hartz-IV-Modell für Österreich, wenn Sie sagen, das sei nicht so, dann gebe ich Ihnen recht, denn das ist nämlich schlimmer, das geht noch in vielen Punkten weiter. Das Bild, das Gesell­schaftsbild, das Sie dahinter ausbreiten, ist eines, wo Sie sagen (Zwischenruf bei der ÖVP): Arbeitslosigkeit, das ist ein selbst gewähltes Schicksal!, und dabei lassen Sie außer Acht, dass sich heute in Österreich sechs Arbeitslose um einen Job raufen. – Das ist das Problem (Abg. Haider: Das ihr geschaffen habt!), und das sind die Fragen, für die wir Lösungen brauchen! (Zwischenruf des Abg. Zanger. – Abg. Höbart: Da hat die Sozialdemokratie viel geleistet!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben uns im Vorfeld dieser Wahlausein­andersetzung auch intensiv mit der Frage der Gestaltung der Arbeitswelt auseinander­gesetzt. Eine der Schlüsselfragen war die Frage, ob es in Österreich die Möglichkeit zum 12-Stunden-Arbeitstag geben soll, eine gegenüber dem heutigen Stand ausge­baute Möglichkeit. (Rufe bei der ÖVP: Plan A!) Ich habe es noch gut im Ohr, wie Sie gesagt haben, das dürfe unter keinen Umständen passieren, das sei leistungsfeindlich und ich weiß nicht was. Sie haben dagegen gewettert, Sie haben gesagt, Sie wollen das nicht. (Ruf bei der FPÖ: Das gibt es doch schon längst!)

Was sagen Sie jetzt den Menschen, denen Sie genau diese Politik aufs Auge drücken? Was sagen Sie den Menschen, die um 4 Uhr in der Früh aufstehen, nach Wien pen­deln, zwei Stunden lang, dort arbeiten gehen (Abg. Haubner: Herr Kern, bitte!), die jetzt zwölf Stunden arbeiten dürfen, 60 Stunden pro Woche, und denen Sie nicht den ge­ringsten Ausgleich für diese Verschlechterung zu bieten bereit sind? (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Unfassbar!)

Ich habe Ihre Worte im Ohr, und ich kenne Ihre Ausrede – und es ist Ihnen gelungen, das dem einen oder anderen einzureden –; Sie sagen dann: Das ist ja alles nur freiwil­lig! – Jeder, der einmal in seinem Leben in einem Betrieb gewesen ist, weiß, wie weit es mit dieser Freiwilligkeit her ist. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Sie behaupten auch, dass das natürlich keine Überstundenzuschläge kosten wird. Ganz ehrlich: Schauen Sie sich doch einmal die Modelle an, wie das wirklich funktioniert!

Das Entscheidende für die Überstundenfrage sind die Durchrechnungszeiträume, und es ist gute, bewährte Praxis in Österreich, dass die Gewerkschaften Kollektiverträge aushandeln, in denen Durchrechnungszeiträume festgelegt werden; das schützt die Ar­beitnehmer. Wenn Sie das auf die betriebliche Ebene verlagern, dann verändern Sie das Gleichgewicht; dann verändern Sie das Gleichgewicht zugunsten der Arbeitgeber, und die Arbeitnehmer bleiben übrig. Ich sage Ihnen: Ihr Modell wird unter Garantie und mit Gewissheit zur Streichung von Überstundenzuschlägen für die Menschen in Öster­reich führen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Das lässt sich fortsetzen. Ich kann Ihnen sagen, wenn Sie glauben, dass die Wähler das nicht merken, dann ist das, denke ich, eine kapitale Täuschung.

Sie fordern ein faires Mietrecht, Fairness wird hier eingefordert. Die spannende Frage ist: Fairness für wen? Es sollte uns zu denken geben, dass der Verband der Zinshaus­besitzer und Großgrundbesitzer in Jubel ausgebrochen ist; die tun das nicht von unge­fähr, denn die wissen, was da kommt. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Deimek. – Abg. Höbart: Sagt der ...besitzer Kern!) Und die wissen auch, was das auf der Gegen­seite bedeutet, was da durchgesetzt worden ist, nämlich Verschlechterungen bei Miet­verträgen in Gründerzeithäusern.

Ich frage mich, was Sie den Jungfamilien erklären, die heute schon 50 Prozent ihres Einkommens für die Mieten ausgeben. Werden Sie denen ehrlich sagen: Ja, das wird


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