17.10

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Die erneute Einsetzung eines Un­tersuchungsausschusses zum Thema Kampfflugzeugsystem „Eurofighter Typhoon“ ist heute das Thema. Warum ist es das Thema? – Ich möchte hier zuerst auf den parla­mentarischen Prozess rund um den letzten Untersuchungsausschuss eingehen. Auf­grund der vorgezogenen Nationalratswahl kam es zur Einstellung des letzten Untersu­chungsausschusses nach der Behandlung von zwei von vier konkreten Fragestellun­gen.

Alle heute im Parlament vertretenen Fraktionen waren sich während des Wahlkampfes darin einig, dass sie den Untersuchungsausschuss zu diesem Thema nach der Wahl wieder aufnehmen möchten. Ich denke, dass heute der richtige Zeitpunkt dafür da ist, dass wir darüber diskutieren, denn schließlich gibt es nun auch wieder eine Regierung.

Wer hat ganz konkret wann die Wiedereinsetzung des Untersuchungsausschusses in Aussicht gestellt? – Ich möchte hier vier Personen aus vier verschiedenen Fraktionen nennen. Ich zitiere Sebastian Kurz: „Wir haben immer klar gesagt, dass wir den Euro­fighter-U-Ausschuss unterstützen werden, die Fortsetzung dessen. Ich werde mich auch an diese Zusage halten.“ – Sebastian Kurz am 15.10.2017 im TV in der Elefan­tenrunde. – Ich denke, die ÖVP kann man somit hier beim Wort nehmen.

Ein weiterer sehr wichtiger Mitspieler beim letzten Untersuchungsausschuss, Walter Rosenkranz von der FPÖ, hat am 20. September im Nationalrat in der Diskussion zu TOP 4 gesagt: „[...] Der Untersuchungsausschuss, der [...] vorzeitig beendet wurde und eine Verlängerung bräuchte [...], war ein Erfolg.“ – Also auch da orte ich durchaus eine grundsätzliche Bereitschaft, die beiden noch fehlenden Fragen zu beantworten.

Andreas Schieder von den Sozialdemokraten: „Durch die vorgezogene Wahl können wichtige Fragen zum Vertragsabschluss nicht mehr behandelt werden. Deshalb bin ich für eine Fortführung danach.“ – Also auch die Sozialdemokraten dürften das damals so eingeschätzt haben.

Peter Kolba hat gesagt: „In der Folge wird sich ein weiterer Untersuchungsausschuss mit der Korruption rund um den Ankauf der Eurofighter zu beschäftigen haben.“

Also grundsätzlich müsste es Einigkeit geben. Das, was wir bis jetzt feststellen, ist, dass, abgesehen von den NEOS, noch niemand einen Antrag oder ein sogenanntes Verlangen dazu eingebracht hat, damit wir den Untersuchungsausschuss wieder auf­nehmen können. Was nicht ist, kann noch werden. Ich hoffe auf viele positive Redebei­träge nach mir.

Was war das Problem? – Das möchte ich etwas allgemeiner schildern. Es sind viele Fragen im U-Ausschuss beantwortet worden, viele Verdachtsmomente haben sich auch nicht erhärtet, muss man ganz klar sagen. Manche Personen im U-Ausschuss haben das anders gesehen. Es haben sich aber auch deutliche Problemstellungen he­rauskristallisiert, und zwar dass wir als Republik Österreich in allen Teilbereichen des Prozesses an allen Ecken und Enden Probleme hatten, nämlich von der ersten Aus­schreibung für dieses Kampfflugzeugsystem und dem Nichterfolg dieser ersten Aus­schreibung, sodass wir eine zweite gebraucht haben, über die konkrete Bewertung der Angebote, die vorgelegen sind, bis hin zu den Vertragsverhandlungen, die ja dann ge­führt wurden, und nach Vertragsabschluss auch das Pochen darauf, dass der Vertrag, den wir abgeschlossen haben, eingehalten wird.

Jetzt ganz konkret – das möchte ich auch hier ein bisschen stärker aufbereiten, weil ich denke, dass das wichtig ist –: Wir haben gesehen, dass Lobbyisten aus der Rüstungs­industrie – und das könnte in Zukunft auch jede andere Industrie sein – tatsächlich wie ein Messer durch warme Butter quasi durch unsere Ministerien hindurchgesäbelt ha­ben. Wir haben gesehen, dass im Wirtschaftsministerium von drei Personen, die für die Gegengeschäfte verantwortlich waren, zwei abgezogen werden mussten. Wir haben gesehen, dass ein ehemaliger Verteidigungsminister beispielsweise bei Vergleichsver­handlungen seine Kompetenzen überschritten und Verträge zum deutlichen Schaden der Republik abgeschlossen hat.

Wir haben gesehen, dass es laut den Unterlagen, die uns vorgelegen sind, zahlreiche Geldflüsse gegeben hat, die zumindest nicht erklärbar waren. Vector Aerospace, die über 100 Millionen Euro mutmaßlich in schwarzen Kassen von damals EADS, heute Airbus verwaltet hat, hat verschiedenste Zahlungen an Personen in Österreich und im Ausland geleistet, wobei entweder nicht klar war, was die Gegenleistung war, oder die Gegenleistung nicht entsprechend dokumentiert war oder sich herausgestellt hat, dass die protokollierte Gegenleistung tatsächlich auf Fälschungen beruhte. Ich darf meine Kollegen aus dem Untersuchungsausschuss daran erinnern, dass wir einzelne Bestäti­gungen und Unterschriften von ein und derselben Person hatten, die aber nachweislich von drei verschiedenen Personen getätigt wurden.

Das heißt, wir reden von einer Situation, in der die Republik Österreich bei einer gro­ßen Anschaffung, damals der größten Anschaffung, auf allen Ebenen versagt hat.

Jetzt könnte man meinen, die wichtigen zwei der vier Fragen seien beantwortet, es sei genug zum Thema Eurofighter untersucht worden. Das ist deswegen nicht richtig, weil wir noch nicht unsere Lehren gezogen haben und weil manche Fragen noch sehr zentral sind. Die Punkte, die noch nicht beantwortet sind, drehen sich vor allem rund um die Fragestellung: Was wurde der Republik bei Vertragsabschluss nicht kommu­niziert? Was hätte kommuniziert werden müssen? Oder auch: Was hat die damalige Regierung dem Untersuchungsausschuss oder den Akteuren, dem Gesetzgeber, dem Parlament nicht kommuniziert?

Ich sage ganz klar, mir geht es hier nicht um ein Gegeneinanderausspielen von Rot und Schwarz-Blau oder sonst etwas. Alle Akteure, die wir damals gehört haben, sind heute in der Politik keine Player mehr. Es geht nicht um die Parteifarbe, sondern es geht um Aufklärung, damit wir Antworten bekommen und aus Fehlern lernen können.

Die Gefahr, dass das Ganze wieder abgewendet wird, ist aktueller denn je. Wir wissen, dass beispielsweise derzeit mehrere Staatsanwaltschaften mit Untersuchungen betraut sind, in München, in Rom, auch in Wien. Wir wissen, dass der Münchner Staatsan­waltschaft – das ist dort anscheinend möglich – eine Vergleichszahlung von 90 Millio­nen Euro seitens Airbus angeboten wurde, wenn die Untersuchungen eingestellt wer­den.

Wir wissen aus Medienberichten, dass der neuen Regierung oder dem neuen Verteidi­gungsminister anscheinend ein sogenanntes Susi-Sorglos-Paket angeboten wurde. Warum das Susi Sorglos heißt, kann ich nicht beantworten, aber in der Wertigkeit geht es hier um ein Nachrüsten der Kampfflugzeuge. Auch da ist ein Betrag von bis zu 80 Millionen Euro, möglicherweise sogar 100 Millionen Euro in Aussicht gestellt worden.

Jetzt stelle ich mir aber folgende Frage: Wenn ein Konzern bereit ist, so viel Geld in die Hand zu nehmen, gibt es natürlich noch immer zwei Antwortmöglichkeiten. Die erste ist: Man will einen Imageschaden abwenden. Das wäre gerechtfertigt, denn auch ein Konzern möchte ein neues Kapitel aufschlagen. Die zweite ist aber: Er möchte von ei­ner Untersuchung ablenken.

Ich glaube, dass wir im letzten Untersuchungsausschuss gezeigt haben, dass wir sehr respektvoll zwischen den Fraktionen, aber auch mit den Auskunftspersonen umgegan­gen sind, außer vielleicht mit jenen, die sich einer Befragung durch kurzfristige Aus­landsaufenthalte entzogen haben.

Wir reden also davon, dass in diesen Wochen und Monaten Entscheidungen dahin gehend getroffen werden, ob weitere Untersuchungen angestellt werden sollen oder nicht. Und wir reden auch davon, dass wir uns als Parlament fragen müssen – und na­türlich auch die Regierung sich selbst –, wie wir mit den Erkenntnissen aus Untersu­chungsausschüssen umgehen. Das eine ist, wir wollen eine neuerliche Einsetzung, damit die Aufklärung für die letzten beiden offenen Fragestellungen auch erfolgen kann. Das andere ist aber, wir wollen eine Ernsthaftigkeit nach Untersuchungsaus­schüssen, sodass die Erkenntnisse vom Gesetzgeber auch tatsächlich umgesetzt wer­den.

Ich möchte hier jetzt nur ein paar Beispiele herausgreifen, die wir beim Eurofighter-Untersuchungsausschuss als Learnings für unsere Fraktion mitgenommen haben. Ich denke, dass zu vielen dieser Erkenntnisse auch in manchen Fraktionen keine Gegen­argumente zu finden sind. Das Erste war, dass wir gesagt haben, wir müssen die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft stärken, weil wir gesehen haben, dass die Ressourcen, die dort vorhanden waren, für die Untersuchung solch großer Skanda­le keinesfalls reichen. Wir haben das bei der Hypo Alpe-Adria gesehen, wir haben das beim Eurofighter gesehen. Da gibt es zu wenige Ressourcen, um entsprechend aufklä­ren zu können.

Das Zweite war, wir wollten Weisungsfreiheit für die Staatsanwälte, damit auch tat­sächlich die Freiheit und Unabhängigkeit der Staatsanwälte gewährleistet ist.

Das Dritte war, dass wir die Einführung von Mindeststrafen und ein Anheben von Höchst­strafen für Bestechung und Bestechlichkeit zumindest debattieren wollten, nämlich ob das in unserem Rechtssystem Platz hat.

Wir wollten eine öffentliche Anhörung von Kandidaten für Ministerämter, weil wir gese­hen haben, dass der damalige Verteidigungsminister sein Amt offensichtlich nicht in dem Maß ausüben konnte, wie man das hätte erwarten können – und wir glauben, dass das bei einem Ministerhearing auch schon zutage getreten wäre.

Wir wollten eine Cooling-off-Phase für ehemalige Minister, weil es nicht sein kann, dass ehemalige Minister die Seite wechseln und dann Hunderttausende Euro auf Pro­visionsbasis cashen.

Wir wollten auch eine Änderung bei den Gegengeschäften, weil die Republik zwar Milliarden an Gegengeschäften in einem Vertrag festschreibt, aber dann drei Men­schen, die nicht dafür ausgebildet sind, in ein Ministerium hinsetzt, die der Reihe nach dem guten Lobbyismus oder auch dem schlechten anheimfallen.

All das haben wir schon nach dem letzten Untersuchungsausschuss gewusst, jener zur Hypo Alpe-Adria hat noch viel mehr Erkenntnisse gebracht. Bis jetzt wurde nichts da­von umgesetzt.

Ich bitte Sie, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, dass Sie unseren Antrag dann im zuständigen Ausschuss unterstützen, dass Sie uns die Aufklärungsarbeit ermöglichen, aber auch, dass Sie nach der Aufklärung die entsprechenden Konsequenzen ziehen, denn – und davon bin ich überzeugt –: Transparenz ist den Bürgerinnen und Bürgern in diesem Land zumutbar. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Kolba.)

17.19

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag.a Mi­chaela Steinacker. – Bitte.