Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung, 1. März 2018 / Seite 60

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falsche Gewichtung getroffen wurde und dass es daher in Österreich in vielen Fällen nicht möglich ist, kriminelle Ausländer außer Landes zu schaffen.

Das ist eine große Diskussion, die führen nicht nur wir in Österreich, die wird auch in anderen Ländern geführt, wir kennen das auch aus der Schweiz und aus anderen Ländern, und es ist ja auch eine wichtige Diskussion, denn: Es ist ja auch tatsächlich festzustellen, dass, wenn es dem Staat nicht erlaubt ist, derartige Straftäter außer Landes zu schaffen, das auch eine gewisse Sogwirkung hat, weil man dann ja weiß, in Österreich – und Österreich ist für viele ein beliebtes Zielland, wie wir wissen – ist es nicht möglich, jemanden wieder außer Landes zu bringen, also wenn ich einmal dorthinkomme, bin ich so gut wie sicher. Und das ist – das hat Hauer, wie er selbst sagt, überspitzt formuliert – ein Beitrag zur multikriminellen Gesellschaft in Österreich.

Wenn man also das nicht in dieser Art und Weise äußern kann, dann weiß ich es nicht, dann, bitte, führen Sie diese Diskussion, wir führen sie sehr gerne. Diese Kritik muss zulässig sein, abgesehen davon, dass ich sie inhaltlich sogar unterstütze. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Neubauer: Das muss man sagen!)

Wenn man jetzt sagt, ja gut, der ist an sich qualifiziert, aber wenn jemand einmal ein Höchstgericht kritisiert, dann ist er nicht mehr dafür qualifiziert: Heinz Mayer, den ich vorher zitiert habe – von dem hier, glaube ich, niemand sagen würde, er wäre nicht qualifiziert, Mitglied des Verfassungsgerichtshofes zu werden –, hat zum Beispiel zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes über die Aufhebung der Bundesprä­si­dentenwahl gesagt, der Verfassungsgerichtshof bewegt sich nicht mehr auf dem Boden der Verfassung. Eine ärgere Kritik gibt es nicht, aber das hat er eben als seine Meinung geäußert, weil er eben der Meinung war, dass das eine Fehlentscheidung war. Das ist doch durchaus zulässig. Oder würde jetzt jemand sagen, Heinz Mayer darf das nicht sagen oder Heinz Mayer wäre daher nicht mehr qualifiziert, Mitglied des Verfassungsgerichtshofes zu sein? Ich nehme an, das äußert keiner. (Abg. Martin Graf: Freimaurer ist er auch noch!)

Selbst Richter des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte haben teilweise eine sogenannte Dissenting Opinion und äußern sie auch, das ist heute auch in der „Presse“ nachzulesen. Die Richter sagen selbst, sie sind der Meinung, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte gerade in diesem Bereich, den ich vorher erwähnt habe, übers Ziel hinausschießt. Auch heutige Mitglieder des Verfassungs­gerichtshofes kritisieren das. Das ist eine wirkliche Scheindebatte, zu meinen, dass jemand, der hier Kritik geübt hat, deswegen nicht qualifiziert wäre, und daher ist sie rein politisch-taktisch motiviert.

Alle, die so eine Vorgangsweise wählen – an sich schätze ich Kollegen Scherak, zumal er sehr differenziert argumentiert –, müssen sich selbst die Frage stellen, wie weit sie aus politisch-taktischen Motiven gehen, jemanden auch in seiner beruflichen Existenz schädigen zu wollen, denn: Wenn ich einem Professor, einem anerkannten Juristen, abspreche, seriös zu argumentieren, seine Meinung vertreten zu dürfen, und sage, dass er ungeeignet für den Verfassungsgerichtshof wäre, dann gehe ich dieses Risiko ein, und ich würde sagen: bewusst. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Ich habe schon in einem Zwischenruf aus den Reihen der SPÖ während der Rede des Kollegen Gerstl herausgehört, warum Kollege Hauer ungeeignet sei: weil er Mitglied einer Studentenverbindung ist. Wenn das tatsächlich ein Kriterium ist, dann würde ich sagen, dass eine derartige Argumentation grundrechtlich sicherlich nicht haltbar ist. Wer das hier ernsthaft vorbringt, der soll sagen, dass das wirklich ein Kriterium ist und dass ein Mensch nicht an dem gemessen wird, was er macht, was er kann und was er tatsächlich geäußert hat. Das ist entscheidend. Wenn die Mitgliedschaft in einer Studentenverbindung das wesentliche Entscheidungskriterium ist, bewegen Sie sich


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