Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung, 1. März 2018 / Seite 64

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man 40 Leute im Viertelstundentakt hier durchtreiben kann, dass man mit einer Frage pro Fraktion auch nur in irgendeiner Weise die fachliche, persönliche, menschliche Qualität einer KandidatIn testen, prüfen oder auch nur in Aussicht nehmen könnte, um dann ein ausgewogenes Bild darüber zu bekommen, welchen Vorschlag der öster­reichische Nationalrat an den Bundespräsidenten macht.

Das ist eine Farce – die Würde des Hauses, die hier quasi streng unter Beobachtung steht, hindert mich, es so auszusprechen, wie es tatsächlich ist. Wir müssen zu einer anderen Form der Konsensfindung, der Abstimmung, des Hearings kommen. Die Ver­fassung sagt nur, das Parlament, der Nationalrat schlägt vor. Wie er das macht, ist seine Sache, die Geschäftsordnung ist diesbezüglich lückenhaft. Und ich nehme gern das auf, was Kollege Gerstl und auch Kollege Stefan informell schon bekannt gegeben haben: Wir müssen ein Prozedere finden, das nicht alle Beteiligten in Wirklichkeit sehr armselig aussehen lässt. Das war auch der Grund dafür, warum ich daran nicht teilgenommen habe.

Jetzt soll man aber nicht glauben, dass nur der Umstand, dass ich dort nicht teilge­nommen habe, mich daran gehindert hätte, einige der Kandidatinnen und Kandidaten schon sehr genau in Augenschein zu nehmen. Ich komme zum Kandidaten und nächsten Richter am VfGH, Kollegen Hauer: Kollege Hauer ist einmal sicher kein Nazi, anders als landläufig in den Medien berichtet wird. Das ist er sicher nicht. Ob er Mit­glied einer Korpsstudentenschaft ist, ist mir persönlich vollkommen egal, das darf kein Kriterium für irgendetwas sein, da bin ich beim Kollegen Stefan und auch beim Kollegen Gerstl. Was er in einzelnen Medien und Zeitschriften geschrieben hat, also, da wird er noch lange brauchen, bis er zu der Polemik findet, die ich sonst in Artikeln verwende, auch gegen Höchstgerichte. Wenn das schon ein Kriterium sein soll, um jemanden für ein höchstrichterliches Amt untauglich zu machen, dann scheiden die profiliertesten juristischen Geister der Ersten und der Zweiten Republik aus. Wer sich je mit dem Werk von Hans Kelsen befasst hat, weiß, wie dieser Gegner herunter­ge­macht hat, und hätte ihn auch nicht zum VfGH-Richter bestellen dürfen, was er ja bis 1929 mit hoher Qualität gewesen ist.

Ich glaube, auch in dieser Sache sollte die SP etwas bescheidener mit ihrer Kritik sein. Sie hat über Jahrzehnte hemmungslos dieses Amt und die Besetzung von Höchst­gerichten ausgenützt (demonstrativer Beifall bei der FPÖ), um parteipolitische Avancen durchzudrücken, und wenn jetzt hier Kritik kommt, dann sage ich, das ist schon sehr, sehr einäugig.

Wie gesagt, ich habe mir das Werk von Hauer angesehen und ich sage Ihnen ganz offen: Ich halte diesen Kandidaten nicht fachlich für ungeeignet, er ist ein hoch­qua­lifizierter Jurist, aber ich liebe und schätze nicht, wes Geistes Kind er ist. Ich sage Ihnen das ganz offen, Kollege Hauer ist mir zu polizeiaffin. Er ist kein Vertreter der Grundrechte und der Menschenrechte, er ist in Wirklichkeit ein Vertreter der öster­reichischen Sicherheitskräfte. Das kann man politisch goutieren, ich tue es nicht. Und wer sich seine Habilitationsschrift aus dem Jahr 2000 durchliest – ich nehme an, alle, die im Hearing waren, haben das getan –, wird ab ungefähr Seite 400 oder 402 eine ganz eigenartige Ideologie finden, die mich als österreichischen Staatsbürger und als Parlamentarier sehr, sehr befremdet.

Ich kann Ihnen die Kurzfassung davon liefern und sie ist nicht schön. Kurz gefasst sagt nämlich Kollege Hauer: Die Polizei ist doch ein kostbares Gut und eine wirklich tolle Sache. Auch der Staat ist eine wirklich tolle Sache, eine ganz gute, erstrebenswerte und schützenswerte Sache. Und dann schließt er atmosphärisch – nicht wortwörtlich, das würde er nicht tun, aber atmosphärisch – die Frage an: Warum sind denn nur alle Leute gegen den Polizeistaat?

 


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