Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung, 1. März 2018 / Seite 67

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Der Höhepunkt war, dass dann vergangenen Freitag um 10.55 Uhr eine APA-Meldung gekommen ist, mit der Herr Vizekanzler Strache uns im Ausschuss ausrichtet, wer es werden soll. Ich halte das für eine Entwürdigung des Selbstverständnisses der Abge­ordneten in diesem Haus. Dass man sich so vorführen lässt, das halte ich für unan­gebracht! (Beifall bei SPÖ, NEOS und Liste Pilz.)

Der zweite Punkt ist: Es gibt einen einzigen Kandidaten – einen einzigen Kan­di­daten! –, der sich mit sehr zweifelhaften öffentlichen Auftritten eigentlich selbst aus dem Spiel genommen hat. Alle anderen 40 Kandidaten haben derartige Äußerungen nicht getätigt. Den EGMR als Komplizen für eine „multikriminelle Gesellschaft“ herab­zuwürdigen – wer in diesem Haus glaubt denn, dass das nicht der internationalen Reputation des österreichischen Verfassungsgerichtshofes schadet? Wer kann ehr­lichen Gewissens sagen, dass diese Aussage, mit der eines der höchsten Gerichte Europas herabgewürdigt wird, eine Qualifikation für einen Verfassungsrichter sein kann? (Beifall bei SPÖ, NEOS und Liste Pilz.)

Ich bin ganz anderer Ansicht als Kollege Gerstl: Natürlich kann man Kritik üben, aber man kann doch dabei nicht andere Gerichtshöfe verächtlich machen und dann selbst Mitglied des Verfassungsgerichtshofes werden! Er kann weiterhin Kritik üben, aber dies disqualifiziert ihn als Verfassungsrichter. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

Der dritte Punkt betrifft einige Kleinigkeiten. Nehmen wir zum Beispiel die Aussage Hauers über diesen berühmten Ball, der mir ziemlich wurscht ist:

„Dem Kleidungsstil nach zu urteilen, müssen sich die Demonstranten nicht mit den höheren Progressionsstufen des Einkommenssteuerrechts auseinandersetzen.“ – Das ist für Sie eine Kleinigkeit, aber wissen Sie, was im Artikel 7 der Bundesverfassung zu diesem Standesdünkel steht, die da öffentlich geäußert werden? – Da steht:

„Alle Staatsbürger sind vor dem Gesetz gleich. Vorrechte der Geburt, des Geschlech­tes, des Standes, der Klasse und des Bekenntnisses sind ausgeschlossen.“ (Zwi­schenruf des Abg. Brückl.)

Da geht es genau darum, was Vorredner Noll gesagt hat: Hauer missachtet die Ein­zelrechte, die Menschenrechte. Er missachtet sie – und bewirbt sich für eine Position, in der er über diese urteilen muss! Alle anderen hochqualifizierten Kandidaten haben derartige Äußerungen nicht getätigt, daher ist Hauer der Einzige, der sich aufgrund seiner Äußerungen für dieses Amt nicht qualifiziert hat. Der Einzige! (Beifall bei SPÖ und Liste Pilz.)

Jetzt bin ich nicht so naiv, Kollege Stefan: Mir ist vollkommen klar, dass die FPÖ ein Vorschlagsrecht hat. (Zwischenruf bei der FPÖ.) So ist das mit Mehrheitsverhältnissen, auch bei der Bestellung der Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes. Das ist ein Teil des politischen Zusammenlebens, dessen Regeln wir uns selbst gegeben haben. Es hat hochgradig qualifizierte, der FPÖ nahestehende Kandidaten gegeben. Warum sucht man sich da den Einzigen aus – den Einzigen! –, der in der Öffentlichkeit klargemacht hat, dass er nicht für Menschenrechte und Einzelrechte steht? (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Noll.)

Diese Frage müssen Sie sich selbst stellen: Warum wähle ich den einzigen Kandi­daten, der diese Disqualifikation mit sich bringt und noch dazu den Verfassungs­gerichtshof international in ein schlechtes Licht stellt? Er bewirkt damit eine negative internationale Reputation, wenn er die internationalen Gerichte verächtlich macht. Ich halte das für keinen Qualifizierungsgrund für einen Verfassungsrichter. (Beifall bei der SPÖ.)

12.45

 


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