Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung, 1. März 2018 / Seite 69

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Ich denke, diese Judikaturlinie kann man getrost als mitverantwortlich für die multi­kriminelle Gesellschaft bezeichnen, die auch bei uns – leider – entstanden ist. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Professor Hauer hat das in seinem Beitrag für jeden nachvollziehbar ganz sachlich analysiert und festgestellt – allerdings hat er dafür von der Opposition Kommentare geerntet: Abgeordneter Scherak ist „fassungslos“, dass so jemand für das Amt eines Verfassungsrichters infrage kommt, ein Höchstrichter, der „einem anderen Höchst­gericht vorwirft, der Kriminalität Vorschub zu leisten“.

Für Professor Mayer, der ja kaum etwas unkommentiert lässt, das in unserer Republik vor sich geht, ist eine Grenze überschritten: So jemand könne doch nicht zum VfGH angelobt werden! (Abg. Strolz: Danke für das Wiederholen der Argumente! – Zwi­schenruf des Abg. Schieder.)

„Der Verfassungsgerichtshof hat auch auf Minderheiten zu achten“, sagt Mayer – mit den Minderheiten meint er die straffälligen Täter! Der Vorsitzführende bei den Hearings Wittmann sagte: „Ein Verfassungsrichter, der eine andere wichtige rechtsstaatliche Institution verächtlich macht, ist am falschen Platz“. (Ruf bei der SPÖ: Richtig!)

Ich frage mich, ob diese Herrschaften, die ich gerade genannt habe, schon einmal juristische Fachzeitschriften gelesen haben! (Heiterkeit der Abg. Heinisch-Hosek. – Zwischenrufe der Abgeordneten Wittmann und Scherak.)

Von Professor Mayer weiß ich es, er hat das aber anscheinend kurzzeitig vergessen: Da gibt es immer die Rubrik Entscheidungsbesprechungen beziehungsweise Entschei­dungskritik. Das gehört zur täglichen Arbeit von Universitätsassistenten und -profes­so­ren, ich habe das selbst in meiner Zeit an der Universität gemacht, mein Kollege war damals Professor Hauer. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Teilen Sie das den Verlagen bitte mit, dass das nicht mehr zulässig ist, weil Kritik an Entscheidungen nicht mehr erlaubt ist! (Zwischenruf des Abg. Wittmann.) Ich weiß nicht, was vom Grundrecht der Freiheit der Wissenschaft dann noch umfasst ist – un­sere Lehre und Forschung wird stehen bleiben, denn man darf ja nicht mehr kritisieren. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Rosenkranz: Genau!)

Im Übrigen ist die Neigung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und auch des EuGH, Rechtspolitik zu betreiben, Gegenstand heftigster Diskussionen in der Fachwelt – das weiß man aber nur, wenn man sich diese Fachzeitschriften auch manchmal anschaut! (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Loacker: Die Fachzeitschrift „Die Aula“?!)

Ich möchte jetzt nur keine Kollegen nennen, die sich damit befasst haben, denn vielleicht wollen die irgendwann einmal ein Amt bekleiden und sind dann derselben Hetzjagd ausgesetzt wie jetzt Professor Hauer. (Abg. Schieder: Geh bitte!)

Ich zitiere daher nur Professor Korinek, weil dieser nicht mehr unter uns weilt: Er hat gemeint, die Rechtsprechung des EuGH sei ein Schulbeispiel für ideologische Rechts­an­wendung. (Abg. Rosenkranz: Das war der Präsident des Verfassungsgerichts!) – Ja, und er war sehr würdig und hat dem VfGH nur Respekt verschafft. (Zwischenruf des Abg. Wittmann.)

Einen zitiere ich noch, der auch wirklich über den Dingen steht: Universitätsprofessor Christoph Grabenwarter, ein absolut renommierter Jurist aus dem Bereich des öffent­lichen Rechts. Da gibt es ein Interview mit ihm aus dem Jahr 2010, dasselbe Jahr, in dem Professor Hauer seinen Beitrag geschrieben hat. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Wittmann.) Damals ist dieses Thema gerade aufgekommen, da der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte diese sogenannte dynamische Rechtsprechung ent-


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