Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung, 1. März 2018 / Seite 77

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aus. Früher war ich der Meinung, sie würfeln die Zahlen, aber wenn das Siebenfache herauskommt, kann es am Würfeln nicht mehr liegen.

Wen trifft jetzt die KESt? – Die KESt trifft mehrere Gruppen: den einfachen Sparer und Besitzer eines Girokontos, sie trifft auch all jene, die privat Altersvorsorge betreiben, sie trifft Unternehmer, die ihr Unternehmen in Form einer Kapitalgesellschaft betreiben, und sie trifft natürlich auch den Kapitalmarkt insgesamt.

Kommen wir zur großen Menge der Österreicher, die in die Gruppe der Sparer gehören. Wir haben in den letzten Jahren stärker, als wir das von den Jahren davor gewohnt waren, eine Inflationsrate, die deutlich über dem liegt, was man an Sparzins für sein Guthaben auf der Bank bekommt. Seit 2010 ist der reale Wertverlust von Sparguthaben besonders krass, wir haben also eine negative Realverzinsung.

Wenn wir im Moment von einer Inflation von knapp 2 Prozent sprechen, dann heißt das, dass eine Spareinlage von 100 Euro nach einem Jahr nur noch 98 Euro wert ist. Wenn man einen Minizins bekommt, um den Wertverlust zu mindern, kommt die Republik Österreich noch einmal her und vergrößert den Wertverlust wieder. Da fragt man sich, welchen Zweck diese Versteuerung nur virtueller, nicht tatsächlicher Ge­winne eigentlich haben kann. Wenn dann hin und wieder die Zinsen steigen, steigen auch die Steuereinnahmen, aber bis das für den Sparer zumindest ein Behalten des Vermögens bedeutet, ist es noch ein weiter Weg.

Die Sparbuch-KESt allein hat in den Jahren 2013 bis 2016 fast 2 Milliarden Euro aus­gemacht. Leider haben wir keine Zahlen für die Jahre 2010, 2011 und 2012 bekom­men. Was wir aus den Monatsberichten wissen, ist, dass wir 2017 ein um 17 Prozent höheres KESt-Aufkommen haben als im Jahr davor, allerdings dürfte diese Steigerung eher auf der Wertpapierseite zu Hause sein.

Wenn es also real keine Erträge auf den Sparbüchern gibt – das gilt aber auch für Anleihen in breiter Menge –, was wird denn dann besteuert? – In Wirklichkeit wird die Vermögenssubstanz besteuert, denn solange man mit den Zinsen nicht über die Inflationsrate kommt, wird das Vermögen weniger wert.

Wir haben also Steuern auf etwas, das es gar nicht gibt, nämlich auf den realen Ertrag, den es nicht gibt; das besteuern wir. Das ist so ähnlich wie bei der kalten Progression: Die Leute haben scheinbar mehr, haben höhere Zahlen auf dem Zettel, aber sie haben natürlich wertmäßig nicht mehr, und die Republik langt zu. Diese heimliche Steuer auf Vermögen sollten wir abschaffen. Das könnte man machen, indem die Steuer erst dann ansetzt, wenn der Zinsertrag die Höhe der Inflation erreicht beziehungsweise überschreitet, damit nur reale und nicht nominelle Erträge besteuert werden.

Ich habe auch gesagt, die KESt betrifft darüber hinaus den Kapitalmarkt als Ganzes. Man könnte zum Beispiel auch überlegen, die Kapitalertragsteuer für Kleinanleger abzuschaffen, wie das die Börse seit Langem fordert, wenn diese Kleinanleger ihre Wertpapiere länger als ein Jahr behalten. Das war ja früher so, denn wenn man ein Wertpapier länger als ein Jahr behält, ist es keine Spekulation im engeren Sinne. Das hat nämlich noch einen positiven Effekt für die Wirtschaft: Wir wissen, dass der Kapitalmarkt einen wesentlichen Beitrag zu größerem und schnellerem Wachstum liefert. Es wäre gut für unsere Volkswirtschaft, wenn wir da einen Impuls für mehr Dynamik setzen würden.

Der Bundeskanzler hat uns heute Früh erzählt, was für tolle Geschenke allerorten gemacht werden. Wir haben gestern diskutiert, wie wir via Sozialversicherung der Bauern dem Bauernbund ein Geschenk gemacht haben. Für Geschenke ist also viel Geld da, aber bei den Sparern, bei den einfachen Menschen wird immer noch in voller Höhe abgeräumt.

 


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