Am 27. Februar 2018 dürfte sich die Lage dramatisiert haben. Die zuständige Staatsanwältin holt sich um 22.30 Uhr die mündliche (!) richterliche Genehmigung von einem Journalrichter, um schon am Folgetag umfangreiche Hausdurchsuchungen im BVT selbst, aber auch in mehreren Privatwohnungen von Mitarbeitern des BVT vorzunehmen. Laut Medienberichten war Anlass dafür das Vorliegen des Verdachts der Begehung schwerer Straftaten durch leitende Mitarbeiter des BVT. Auslöser dafür waren vier anonym geführte Zeugen. Sie werden deswegen anonym geführt, weil sie angeblich um ihr Leben und ihre Gesundheit fürchten. Bisher ist kein Zusammenhang mit dem BMI und diesen Zeugen erkennbar. Nunmehr wurde bekannt, dass angeblich zwei dieser Zeugen bei ihrer Aussage von Mitgliedern des Kabinetts von BM Kickl begleitet wurden. Diese neue Erkenntnis macht jedoch die Angelegenheit noch mysteriöser.
Für zusätzliche Irritationen sorgte, dass der Polizeieinsatz nicht von den üblicherweise zuständigen Stellen, dem Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) oder der Cobra vorgenommen wurde, sondern von der Einsatzgruppe zur Bekämpfung von Straßenkriminalität (EGS), deren Leiter ein FPÖ-Gemeinderat ist.
Am 14. März 2018 meldete das Profil neue Umstände, die die gesamte Dringlichkeit dieser Hausdurchsuchungen noch mehr in Frage stellen. Angeblich befasste sich das BAK bereits im Oktober 2017 mit der Passaffäre, wobei am 30. Oktober 2017 bekanntgegeben wurde, dass nach Prüfung des Falles das BAK keine Anhaltspunkte für eine Zuständigkeit gefunden hat. Dabei ist festzuhalten, dass das BAK genau für Amtsmissbrauchs- und Korruptionsbekämpfung zuständig ist.
Weiter wurde bekannt, dass bereits am 2. Februar 2018 der Direktor des BVT, Peter Gridling, davon informiert wurde, dass im Umfeld des BVT ermittelt wird.
Dies alles macht die Dringlichkeit der Hausdurchsuchungen unglaubwürdig, vielmehr dürfte es sich um gezielte Maßnahmen handeln, die eine Weiterbestellung von Gridling als Direktor unterlaufen sollen.
Eine zentrale Frage ist, wer eigentlich der auslösende Faktor für die plötzlich übereilten Hausdurchsuchungen war. In einer Pressekonferenz hat Generalsekretär Pilnacek (BMVRDJ) in die Richtung informiert, dass die Aktivitäten der WKStA durch eine Anzeige des BMI (als Dienstbehörde) ausgelöst wurden. Dem widersprach BM Kickl, der die Aktivitäten des BMI lediglich als Herstellung eines Konnexes mit der WKStA bezeichnete. Dieser Aussage wurde wiederum von Seiten des Generalsekretärs des BMVRDJ widersprochen, der ausdrücklich meinte, dass es sich rechtlich um eine Anzeige gehandelt habe. Offenbar will also weder das BMI noch das BMVRDJ für die Initiierung der Hausdurchsuchungen zuständig sein.
In einem Interview mit profil vom 19. März 2018 führte Generalsekretär hinsichtlich der Hausdurchsuchungen folgendes aus:
Pilnacek: Ich will das nicht bewerten. Ich habe Ihnen schon gesagt, ich wäre in Anbetracht dieser Umstände froh gewesen, hätte die Staatsanwaltschaft mit uns Rücksprache gehalten. Möglicherweise hätten wir Alternativen in Erwägung gezogen.
profil: Eine der Alternativen wäre vermutlich ein geräuschloseres Vorgehen gewesen.
Pilnacek: Richtig.
1. Wann haben Sie und Ihr Generalsekretär jeweils exakt Kenntnis von der Anordnung von Hausdurchsuchungen im BVT sowie in diesem Zusammenhang auch in Privatwohnungen erhalten und was haben Sie und Ihr Generalsekretär jeweils veranlasst?
2. An wen im BMI hat sich die Staatsanwaltschaft betreffend diese Anordnung gewendet und welche Anordnungen wurden daraufhin vom BMI veranlasst?
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