des Bundespräsidenten, indem ein Dekret im Haus des Innenministers zurückgehalten wird, all das sind Dinge, die hoffentlich keine Selbstverständlichkeit sind und hinter denen noch viele Fragezeichen stehen, die zu klären sind.
An dieser Stelle möchte ich aber den Fokus, mit dem wir auf diese Themen schauen, ein Stück weiter stellen. Wir brauchen gewissermaßen ein Weitwinkel, um das zu verstehen, was gerade abläuft, es ist nämlich nur die Spitze des Eisberges, die wir heute und hier sehen.
Wenn wir ein wenig zurückgehen in die Tage des Mai 2017, so sind damals (Schriftstücke in die Höhe haltend) Konvolute in unterschiedlicher Ausfertigung und in unterschiedlichem Umfang – manche 30 Seiten, manche 40 Seiten – an diverse Medien verschickt worden, und sie haben auch uns als Oppositionskräfte im Parlament erreicht. Diese beinhalteten unglaubliche Vorhalte mit einem unglaublichen Grad an Detailgenauigkeit, mit Anschuldigungen, die sehr weitreichend sind – von sexuellen Übergriffen über kriminelle Geschäftsmodelle, Erpressung, Hintergehung bis Missbrauch von Geheimdienstinformationen et cetera.
In jenen Tagen findet das, womit wir uns in diesen Wochen beschäftigen, seinen Ausgangspunkt. Das sind exakt jene Tage, in denen auch die letzte Regierung zusammengebrochen ist, und deswegen, im Weitwinkel betrachtet, handelt es sich natürlich nicht um eine Affäre BVT, sondern es handelt sich um eine Affäre BMI – Bundesministerium für Inneres. So müssen wir es sehen!
Wir müssen da ein Stück weit in der Geschichte zurückgehen, denn das BMI ist 18 Jahre unter der Führung von schwarzen Innenministern gestanden. Ernst Strasser hat anfangs mit der Zusammenlegung von Gendarmerie und Polizei einen durchaus beachtlichen Arbeits-Track-Record aufgestellt – ich denke, das war damals richtig –, aber in den Folgejahren konnte jeder, der einigermaßen politisch interessiert und auch im Umfeld der Ministerien engagiert war, mit freiem Auge erkennen, dass im Innenministerium eine Art von Machtdynamik, eine Art von autoritärem Machtverständnis um sich gegriffen hat, die höchst seltsame Blüten getrieben hat.
Es wurden – sehr strukturiert – mit Geheimdienstinformationen Geschäfte gemacht, es wurden – sehr strukturiert – mit Polizeiinformationen Geschäfte gemacht, es wurden damit Journalisten angefüttert, es wurde damit, behaupte ich, auch erpresst, es wurde damit natürlich auch politische – nämlich parteipolitische – Macht ausgebaut oder je nach Willkür unterwandert, und deswegen ist es ein Problem des Innenministeriums, das wir hier vor Augen haben, und das wird zu untersuchen sein.
Das heißt, es überlagern sich hier parallel vier Phänomene. Es überlagert sich das Phänomen einer Umfärbekampagne von Schwarz auf Blau – das ist Phänomen Nummer eins – mit dem Phänomen Nummer zwei, das ist ein Dammbruch, der gerade stattfindet, nämlich nach 18 Jahren autoritärer Machtherrschaft im Innenministerium. Phänomen Nummer drei ist so etwas wie ein schwarzer Bruderkrieg auch im Umfeld des Innenministeriums. Da sind schwarze Netzwerke unterwegs, und die haben sich wechselseitig auch nichts geschenkt; deswegen sind lange Zettel geschrieben worden, die in diesen Tagen wieder ausgepackt werden, und es wird versucht, Rechnungen zu begleichen. Phänomen Nummer vier ist ein Stillhalteabkommen zwischen Rot und Schwarz, das gebrochen wurde, weil natürlich den roten Bundeskanzlern und den Koalitionsregierungen – sei es Gusenbauer I, seien es Faymann I und II, sei es Kern I – nicht verborgen geblieben ist, dass im Innenministerium Dinge laufen, die jenseits von Gut und Böse sind. Nur gab es halt die informelle Übereinkunft: Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus (Beifall bei NEOS und Liste Pilz), weil es natürlich genügend Verstrickungen auch in die rote Reichshälfte gibt.
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