Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll13. Sitzung, 19. März 2018 / Seite 50

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Gehen wir von den bekannt gewordenen Fakten aus: Im Sommer beziehungsweise im Mai 2017 lässt ein unbekannter angeblicher Insider des BVT dieses schon mehrfach erwähnte 30, 40 Seiten starke Dossier über Missstände in den Medien zirkulieren. Die Recherchen der Journalisten konnten bezüglich dieser Vorwürfe bei vielen Fakten nur feststellen, dass sie nicht haltbar sind. Die Journalisten haben darüber gemunkelt, darüber aber nicht berichtet – aus gutem Grund.

Offenbar sah die Staatsanwaltschaft ebenfalls wenig Substanz in diesem Papier. So­weit wir das wissen, wird in Richtung von zwei Fakten ermittelt, nämlich der Weiter­gabe von Passrohlingen für Nordkorea an den südkoreanischen Geheimdienst und der Nichtlöschung von Daten (Ruf bei der FPÖ: Das ist ja nichts!) nach Abschluss von Ermittlungen gegen einen prominenten Wiener Anwalt. (Abg. Rosenkranz: Und gegen eine ÖH-Vorsitzende!)

Erst mit der Bestellung von Herbert Kickl zum Innenminister und der Bestellung von Mag. Goldgruber zu seinem Generalsekretär im Innenministerium kommt Dynamik in diese Angelegenheit. Goldgruber soll selbst eine Nachtragsanzeige an die Staats­anwaltschaft gesendet haben. Vier anonyme Zeugen wurden bei der Staatsanwalt­schaft vorstellig, zwei offenbar in Begleitung eines Kabinettsmitarbeiters von Minister Kickl als deren Vertrauensperson (Abg. Rosenkranz: Aber die Staatsanwaltschaft weiß schon, wer die Leute sind, oder waren die immer anonym?), und die Staats­anwaltschaft sieht plötzlich Gefahr im Verzug und beantragt noch in der Nacht vom 27. zum 28. Februar beim Journalrichter mündlich die Zustimmung zu einer Haus­durchsuchung (Ruf bei der FPÖ: Die Staatsanwaltschaft ...!), ohne – ohne! –, wie bei clamorosen Akten an sich üblich, das Ministerium oder das Ministerbüro zu infor­mieren.

Zur Assistenz bei der Hausdurchsuchung wird seitens des Generalsekretärs im Innen­ministerium die Einheit zur Bekämpfung der Straßenkriminalität aufgeboten, deren Chef FPÖ-Gemeindepolitiker ist – und ein Politiker der FPÖ, der doch ein eher ungeklärtes Verhältnis zu rechtsradikalen Publikationen hat.

Die Einheit geht vor, ist bewaffnet, hat Schutzwesten. (Abg. Belakowitsch: Haben Sie eigentlich ...?) Welchen gewalttätigen Widerstand hat man im eigenen Haus erwartet? Die Durchsuchung - - (Abg. Höbart: Haben Sie eigentlich zugehört, was der Herr Innenminister geantwortet hat?) – Regen Sie sich nicht so auf! Lassen Sie mich weiterreden! (Abg. Höbart: Er hat das beantwortet, bitte! – Abg. Belakowitsch: Das ist einfach peinlich, was Sie da machen! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Ich habe Ihnen etwas mitgebracht. (Der Redner hält eine PiIlenschachtel in die Höhe und legt diese dann vor sich auf das Rednerpult. – Ruf bei der SPÖ: Fünfziger Valium!) Ich habe vorhergesehen, dass Sie sehr aufgeregt sein werden. Ich biete Ihnen Baldrian forte an: Das ist hilfreich, da kann man das dann ertragen. (Beifall bei Liste Pilz und NEOS sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die Durchsuchung wird angeblich von fünf Staatsanwälten begleitet und es kommen auch externe IT-Experten zum Einsatz. Wer die beauftragt hat, wer die sind, ist bis heute nicht geklärt.

Nach den in den Medien öffentlich gemachten Protokollen der Hausdurchsuchung wurden Datenträger der Leiterin des Referats für Extremismus, die selbst nur als Zeugin geführt wird, beschlagnahmt, und offensichtlich war aus der Beschriftung der Datenträger völlig klar ersichtlich, dass es sich um Ermittlungsakte zur rechtsradikalen Szene handelte. (Abg. Rosenkranz: Und wer hat es beschlagnahmt?) Bis heute kann uns niemand bestätigen, dass diese beschlagnahmten Datenträger alle auch wirklich bei der Staatsanwaltschaft in einem abgesicherten Raum verwahrt wurden. (Abg. Belakowitsch: Wo sind sie denn dann? Wo sollen sie denn sonst sein? – Abg.


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