Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll15. Sitzung, 21. März 2018 / Seite 86

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machen. Was übrig bleibt – das kann man sich dann am Dienstag anschauen –, das sind Müllberge entsorgter Lebensmittel, und darum geht es in dieser Initiative.

Ich komme noch aus einer Zeit, in der man, wenn man ein Butterbrot oder ein Schmalzbrot hätte wegwerfen wollen, von der Mutter ein Liebestatscherl bekommen hätte. Ich weiß nicht, ob es das heute noch gibt. Lebensmittel waren zu meiner Zeit immer etwas Heiliges, und eine Mindestrentnerin hat nicht gar so viel gehabt.

Zurück zur Initiative: Sie will die Verpflichtung der Supermärkte zur Abgabe unver­käuflicher Ware an die Zivilgesellschaft. An und für sich ist das ein sehr ambitioniertes Denken, auch ein notwendiges Denken, weil es uns ja in eine Vielzahl von Themen hineinbringt. Es geht um die Lebensmittelverschwendung; 1,3 Milliarden Tonnen Le­bens­mittel, schätzt man, werden weltweit pro Jahr vernichtet. Das bedeutet in weiterer Folge für die Europäische Union, dass 173 Kilogramm Lebensmittel pro EU-Bürger weggeworfen werden, und das bedeutet, dass 30 Prozent in der Landwirtschaft und bei den Produzenten im Müll landen, 12 Prozent in der Gastronomie und 5 Prozent im Handel. Österreich selbst verzeichnet 760 000 Tonnen Lebensmittelabfälle und ‑verluste pro Jahr! – Ich denke, das ist auch ein Ausrufezeichen wert, und man sollte über diese Thematik nicht heute oder morgen, sondern eigentlich öfter diskutieren.

40 Kilo Lebensmittel landen in Österreich pro Supermarkt täglich in der Tonne. Was bedeutet das? – Das bedeutet natürlich auch für die Umwelt eine riesige Katastrophe. Österreich liegt ja, was den Fleischkonsum betrifft, an erster Stelle in Europa und ist mit 100 Kilo pro Jahr – das ist gar nicht so wenig – auch weltweit ganz vorne. Das bedeutet aber auch, dass man weiterdenken muss, um das Ökologische zu betrachten: 100 Kilo Fleisch – pro Kilo Fleisch werden je nach Tierart und Haltungsform ungefähr 6 bis 16 Kilogramm Futtermittel gebraucht. Das muss man sich vorstellen!

Oder Fisch: Bei der Fischerei gehen 38 Millionen Tonnen Beifang, also 40 Prozent des weltweiten Fischfangs, wieder zurück ins Meer – leidende Tiere, sterbende Tiere. Österreich importiert 95 Prozent seiner Fische. (Abg. Vogl: Was tut ihr jetzt dagegen?)

Eine wichtige Sache dieser Petition ist, sogenannte DumpsterInnen einzusetzen, also Damen und Herren, die den Müll in Empfang nehmen, bevor er überhaupt in die Tonne kommt. Sie wollen mit den Supermarktketten kurzgeschlossen werden, denn das Ziel ist wiederum, dass alles, was essbar ist, diesen Müllwächtern übergeben wird. Men­schen in ungünstigen Lebensbedingungen wird in der Folge der Gratisbezug der Waren ermöglicht und ein Sprungbrett in ein neues, stabileres Lebensumfeld gegeben. Das ist also eine sehr gute Sache.

Ein Punkt ist auch, Menschen in ungünstigen Lebensbedingungen über soziokratische Selbstorganisation in gemeinnützigen Vereinen Hilfe zur Warenverteilung zu bieten. Ihnen schwebt eine Idee vor, die im Prinzip an ein Projekt in Belgien, und zwar in der Stadt Herstal in Wallonien, angelehnt ist. Dort wurden, erstmalig gesetzlich verankert, Supermärkte verpflichtet, genießbare Lebensmittel an karikative Einrichtungen weiter­zugeben. Das ist auch eine gute Geschichte. So etwas Ähnliches wird auch für Öster­reich gefordert. In Frankreich gibt es das schon, dass Supermärkte mit Verkaufsflächen von mindestens 400 Quadratmetern gesetzlich dazu verpflichtet werden, Lebensmittel, die nicht verkauft wurden, entsprechenden karikativen Einrichtungen zu geben.

Auch Österreich hat etwas geleistet: Österreich bekennt sich – das wurde im Vorjahr vom Bundesminister verabschiedet – zum Ziel der UN-Agenda 2030. Damit hat man gesagt, man möchte der Lebensmittelwegwerfmentalität entgegenwirken und bis 2030 zum einen im Handel, aber zum anderen auch in den Haushalten die Lebens­mittel­abfälle auf 50 Prozent reduzieren. Diese Vereinbarung wurde von Andrä Rupprechter gemeinsam mit den führenden österreichischen Lebensmittelhandelsunternehmen unterschrieben. In der Präambel wurde festgehalten, dass Lebensmittelketten, die sich


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