Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll15. Sitzung, 21. März 2018 / Seite 99

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Etablierung einer effektiven Schuldenbremse geht. Sie haben heute Vormittag sehr ausführlich erläutert, worum es Ihnen geht. Sie haben mich ein bisschen, wenn ich das so salopp sagen darf, an einen Fußballklub bei uns in der „Gletscherliga“ erinnert, das ist die unterste Liga: Sie haben stark angefangen und schnell nachgelassen. Insofern war Ihre Rede nicht von Inhalten geprägt (Abg. Schnöll: 100 Tage!), was eine ver­nünftige Finanzpolitik sein muss.

Eine vernünftige Finanzpolitik – Sie verwenden das Wort auch, Sie haben es leider nicht so oft verwendet wie Leistung – muss eine nachhaltige Politik sein. Sie haben auch selbst erwähnt, Herr Minister, dass es nur zwei Jahre gab, in denen Überschüsse erwirtschaftet wurden; auf die komme ich noch zu sprechen.

Als Sie, Herr Finanzminister – Sie sind ein bisschen älter als ich –, 1965 das Licht der Welt erblickten – Sie haben heute auch erwähnt, wie viele Abgeordnete damals, beim letzten Überschuss bereits das Licht der Welt erblickt hatten –, lag der Haus­haltsüberschuss im Bund gerade einmal elf Jahre zurück. Heute liegt dieser Über­schuss über 64 Jahre zurück, und das Budgetdefizit ist faktisch auf dem besten Weg in Richtung gesetzliches Pensionsantrittsalter, könnte man sagen.

64 Jahre Budgetdefizit ohne Unterbrechung, Herr Minister, 64 Jahre, meine Damen und Herren, das muss man erst einmal zusammenbringen! 31 Jahre ÖVP-Regie­rungsbeteiligung, das muss man in dieser Zeit auch zusammenbringen. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Neubauer: Das kriegt ihr nie zusammen!)

Seit Ende des Zweiten Weltkrieges gelang es überhaupt nur einem Minister – und das wissen Sie –, mit dem Geld das Auslangen zu finden. Es war Reinhold Kamitz, dem dieses „Missgeschick“ passierte, am Ende des Jahres mehr Geld in der Kassa zu haben, als er budgetiert hatte. In Summe wurden seit 1945 nämlich – und das erwähn­ten Sie auch – nur 1953 und 1954 Überschüsse im Bundeshaushalt erzielt. Diesen zwei Überschüssen stehen mittlerweile 70 Defizitjahre gegenüber. Die Regierungen der vergangenen Jahrzehnte schafften es sogar, auch in Jahren des Wirtschaftsbooms neue Schulden anzuhäufen.

Egal, ob es wirtschaftlich gute Jahre oder Krisenjahre waren, die Konstante in der österreichischen Budgetpolitik heißt: permanente Staatsverschuldung. Allein in den letzten 60 Jahren sind die Staatsschulden fünfmal schneller gewachsen als die nomi­nelle Wirtschaftsleistung. Fünfmal schneller, meine Damen und Herren!

Nach jedem schwarzen Finanzminister – und jetzt dürfen Sie gut aufpassen – gab es eine Ausrede, warum das Nulldefizit nicht zustande gekommen ist. Bei Molterer waren es die Eurofighter, bei Pröll war es die Wirtschaftsleistung, bei Fekter war es noch immer die Krise, bei Spindelegger war es die Hypo, bei Schelling waren es die Flücht­linge.

Sie sind jetzt ein Türkiser, aber dennoch, glaube ich, ein Schwarzer. Seit 2008 ist der Schuldenberg um 60 Prozent, also 300 Milliarden Euro, gestiegen, das haben Sie auch erwähnt. Das ist trotz ersparter Milliarden geschehen, das haben Sie nicht erwähnt, nämlich trotz der niedrigen Zinszahlungen. Das ist ein wichtiges Detail, das man dabei nicht vergessen darf. Diese konjunkturell bedingten Schulden müssen jetzt wieder abgetragen werden, und dieses Jahr wird es auch für Sie schwierig sein, eine Ausrede zu finden. Selbst die schwarz-türkisen Kohlmeisen haben bei dieser Hochkonjunktur auch das eine oder andere Problem, dies argumentieren zu können. Ich vertrete die Meinung – und das ist auch ein Leitsatz, den mich meine Mutter gelehrt hat –: Spare in der Zeit, dann hast du in der Not!

Nun wissen alle – ich sage das auch selbst nicht –, dass Staatsschulden nicht prin­zipiell etwas Schlechtes sind, es kommt aber darauf an, was man mit diesem gelie-


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