Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll15. Sitzung, 21. März 2018 / Seite 125

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Im Antrag schlagen Sie das Schweizer Modell vor, das entsprechend einem Berech­nungsschlüssel in wirtschaftlich mageren Zeiten kleine Mehrausgaben zulässt und in wirtschaftlichen Aufschwungzeiten Minderausgaben vorsieht, sodass es möglich wäre, Budgetüberschüsse zu generieren, in dieser Art und Weise somit einen Konjunk­tur­zyklus zu bereinigen und ausgeglichen zu wirtschaften.

Alles schön und gut, aber was bedeutet das dann konkret in der tagtäglichen Politik? – Erstens: Wir beschränken völlig den Handlungsspielraum dieses Parlaments, zukünf­tiger Parlamente und zukünftiger Regierungen, ohne aus heutiger Sicht ausreichend abschätzen zu können, welche Herausforderungen auf uns warten werden.

Ein weiterer Punkt: Sie schreiben in der Begründung Ihres Antrages und unterstellen damit bereits in dieser Begründung der Bevölkerung, dass die Bevölkerung im Hier und Jetzt tagtäglich über ihre Verhältnisse leben würde, befeuert durch die Politik der Bundesregierung, wird darin geschrieben, aber dass die Bevölkerung im Hier und Jetzt über ihre Verhältnisse leben würde. – Zeigen Sie mir diese Gruppe! Zeigen Sie mir die Bevölkerungsschicht, die über ihre Verhältnisse lebt! Ich möchte Sie nur an die Dis­kussion erinnern, die wir bezüglich Alleinerzieherinnen und die Unterhaltssicherung führen. Wir hören von der Bundesregierung, es ist kein Geld da. Nun, jetzt schon ist es nicht möglich, die Regressforderungen gegenüber Vätern einzubringen, es kann nicht noch mehr Geld des Staates investiert werden. Und mit einer Schuldenbremse dann schon? Oder wird das dann als Vorwand genommen, weitere Sozialkürzungen durchführen zu können? (Beifall bei der Liste Pilz.)

Wir reden von AlleinerzieherInnen, wir reden von Menschen, die langzeitarbeitsuchend sind, von älteren Personen, die schwer wieder in den Job hineinkommen, wir reden von Teilzeitbeschäftigten, die bereits jetzt schwer über die Runden kommen. Und die­ser Befund geht aber bis tief in die Mittelschicht hinein.

Ich bitte: Schauen wir aus dieser Blase heraus! Zeigen Sie mir diese Menschen, die dieses konkrete Phänomen betreffen soll, dass sie über ihre Verhältnisse leben! 95 Prozent der Menschen in Österreich gehen einer Beschäftigung nach, kümmern sich um ihre Familie, pflegen Angehörige, sind ehrenamtlich in einem Verein engagiert, und, und, und. Von diesen Menschen ist das sicher niemand.

Wenn Sie nun diese Schuldenbremse einführen wollen, wie auch Minister Löger, der jetzt gerade nicht anwesend ist, erwähnt hat, dann werden Sie zukünftigen Regie­rungen, nämlich neoliberalen Regierungen – womöglich gehören Sie einer solchen selbst irgendwann einmal an –, genau jenes Argument liefern, genau in diesen Sozial­bereich hineinzuschneiden. Und Sie werden auch zukünftigen Regierungen, die eine soziale Ausrichtung haben, genau diese Politik durch – und das steht auch in Ihrem Antrag drinnen – private Aufpasserindustrien und masochistisch anmutende Strafdro­hungen aufs Auge drücken.

Also diesen Willen, sich selbst zu bestrafen, verspüre ich nicht. Ich möchte Politiker und Politikerinnen, ich möchte VolksvertreterInnen, die in diesem Haus eine Politik machen, die verantwortungsvoll ist – und das geht auch ohne Schuldenbremse im Verfassungsrang. (Beifall bei der Liste Pilz.)

Was durch diese Schuldenbremse auch nicht erreicht werden kann, ist, die oberen 5 Prozent endlich zu einem gerechteren Beitrag zum Staatswesen zu bewegen. Das ist durch solche Anträge – wie diesen Bremserantrag, muss ich fast sagen – im Grunde nicht möglich, denn böse ist ja am Ende des Tages immer nur der Staat.

Eines sei noch gesagt: Wer Politik in ein Zwangskorsett zwingen will, der hat sich gedanklich schon lange von der Demokratie verabschiedet. Dass Sie annehmen, dass dieses Parlament als Versammlung von VolksvertreterInnen ohnehin nicht in der Lage


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