9.40

Abgeordneter Mag. Dr. Matthias Strolz (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Regie­rungsmitglieder! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir verhandeln das Budget und stellen natürlich fest: Der Finanzminister lehnt sich ein Stück weit zurück, und mit ihm die zwei Regierungsparteien, und sie sonnen sich in einem Schein, zu dem sie selber nichts beigetragen haben. (Zwischenruf des Abg. Wurm.) Das ist der eigentliche betrübliche Umstand.

Herr Löger, Sie haben exzellente Ausgangsvoraussetzungen, das wissen Sie. Alle Expertinnen und Experten sagen Ihnen, das Nulldefizit ist eigentlich ein Selbstläufer. (Abg. Zanger: Na, na, na, so ist das nicht! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ. – Zwi­schenruf der Abg. Winzig.) Es stellt sich im nächsten Jahr von alleine ein, wenn man die Dinge nur so weiterlaufen lässt, wie sie sind.

Faktum ist: Sie schaffen im nächsten Jahr kein strukturelles Nulldefizit. Das heißt, Sie schaffen auch heuer und nächstes Jahr kein ausgeglichenes Budget, wenn man die Konjunktureffekte herausrechnet. (Abg. Belakowitsch: Woher wissen Sie das? ... der Voodoozauberer? Im Krankenhaus Nord ...!) Damit, Herr Minister, setzen Sie eine Politik der letzten Jahrzehnte fort: Sie tun so, als wären Sie die Trendwende. (Abg. Gudenus: Wir sind die Trendwende!) Der einzige Unterschied ist, dass die Sonne scheint, aber für die Sonne sind Sie nicht verantwortlich, die scheint auch ohne Sie. (Beifall bei NEOS und SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Herr Gudenus meint, das Budget ist die in Zahlen gegossene Politik. – Das ist so. (Abg. Rädler: ... die SPÖ nicht!) Wir müssen aber feststellen, dass dieses Budget in Zahlen gegossene Biedermeierpolitik ist. (Abg. Rosenkranz: Also Biedermeier war eine gute Zeit für Wissenschaft und Kultur!) Sie stellen einen Glassturz über dieses Land und tun so, als wäre alles gut.

Nein, es ist nicht alles gut! Sie drehen das Licht bei jedem Leuchtturm, den Sie diesem Land vor den Wahlen versprochen haben, ab. Nichts von dem, was Sie versprochen haben, kommt. Der jüngste Bundeskanzler mit dem jüngsten Team kommt mit einer ganz altbackenen Finanzpolitik daher! Das ist eine Enttäuschung! (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz. – Abg. Gudenus: Das sagt der Vertreter einer Oligarchenpartei! Oligarchenpartei NEOS!)

Das ist ein nationalkonservatives Verwaltungsbudget mit rechtspopulistischen Fuß­noten. (Abg. Gudenus: Oligarchenpartei!) Das ist kein Gestaltungsbudget! Das ist es nicht! (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz. – Abg. Gudenus: Können Sie nicht lesen, Herr Strolz?)

Das ist die Selbstaufgabe der Liste Kurz, die gesagt hat, sie wird für Neues sorgen. Das einzig Neue ist, dass 28 Abgeordnete heute Nachmittag in einer einmaligen Aktion von Wendehalsigkeit ihre eigene Linie verlassen werden. (Abg. Rendi-Wagner: Richtig!) Das ist das einzig Neue. (Beifall bei NEOS und SPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Gudenus und Rosenkranz.)

Wo sind die Reformen im Bereich Föderalismus? – Nichts! Sie haben sich eingepackt, schon bei den Regierungsverhandlungen hat Sebastian Kurz das signalisiert. (Abg. Wöginger: Wir sind keine Zentralisten!) Herr Löger, Sie machen das leider mit; das ist eben das Schelling-Syndrom, Sie sind an und für sich ein guter Mann mit Kompetenz, aber Sie können Ihren Weg nicht durchsetzen, weil Sie das Hinterland nicht haben, weil die Truppe nicht hält, wenn es hart auf hart geht. Die hält nicht! (Beifall bei NEOS und SPÖ. – Abg. Wöginger: Die hält schon! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Der Gott des Sebastian Kurz und seiner Truppe ist die Optimierung, und zwar die Optimierung ihrer Karriere, und sonst nicht viel in diesem Land! (Beifall bei NEOS, SPÖ und Liste Pilz. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Wo sind die versprochenen Ambitionen? – Pensionsreform abgesagt, Föderalismus­reform abgesagt! Sozialversicherung: Da haben Sie den Landeshauptleuten zugesagt, dass sie den Zugriff auf die Budgets haben, Selbstverwaltung. (Abg. Nehammer: Lauter, ich höre ja nichts!) Was werden Sie also machen? Eine Holding einziehen, eine zusätzliche Ebene, damit ihr noch ein paar Direktoren versorgen könnt, oder wie? (Abg. Wöginger: Baldriantropfen brauchst du!) Ist das das, was ihr versprochen habt? – Nein! (Beifall bei den NEOS. – Abg. Wöginger: Zehn Abgeordnete haben wir in einem Bundesland!)

Förderungen: Wir müssen unbedingt die Transparenzdatenbank scharf schalten. – Nichts davon kommt! Es gibt immer wieder die Ankündigung, aber Sie sind nicht bereit, zu sagen, jene Landeshauptleute, die weiter im Dunkeln anfüttern wollen, werden wir mit einer Pönale belegen. Den Mumm haben Sie nicht! Leider! (Beifall bei den NEOS.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Ausdruck „anfüttern“ nehmen Sie bitte zurück! (Zwischenrufe bei der FPÖ. – Abg. Loacker: Wieso? – Weitere Zwischenrufe bei FPÖ und NEOS.) Kein Landeshauptmann füttert jemanden an. Nehmen Sie das zurück! Das ist ein Straftatbestand. (Ruf bei den NEOS: Doch, neun Mal! – Abg. Gudenus: In Wien ...! – Ruf bei der FPÖ: Das ist der Vorwurf einer strafbaren Handlung! – Weitere Zwischenrufe bei FPÖ und NEOS.)

Abgeordneter Mag. Dr. Matthias Strolz (fortsetzend): Ich nehme den Ausdruck „anfüttern“ zurück (Abg. Belakowitsch: Herr Präsident, der Voodoozauber ...! – Zwi­schenrufe bei der ÖVP) und sage: Dieses politische Geschäftsmodell, Förderungen, die wir alle bezahlen, im Dunkeln auszuschütten, damit sie Doppel- und Dreifach­förderung Ihrer Klientel betreiben können, ist nicht okay. (Beifall bei den NEOS.)

Herr Präsident, Sie können es nennen, wie Sie wollen, aber okay ist es nicht, und das checken die Leute (in Richtung Besuchergalerie weisend) schon. Es ist nicht so leicht zu verbergen, dass das einfach eine undurchsichtige Geschichte ist. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Die Leuchttürme haben also kein Licht. Kalte Progression: Das wurde vor der Wahl versprochen, es war mit Sebastian Kurz ausgemacht, wir machen das nach der Wahl (Abg. Gudenus: Drei Monate, hallo?!); mit Strache war ausgemacht, wir machen das vor der Wahl. Selbst Schelling war dafür, Kurz hat es abgedreht: Wir machen es nach der Wahl. (Abg. Gudenus: Drei Monate, nicht so ungeduldig sein!)

Wer kommt gestern? – Der Staatssekretär sagt in einem Morgeninterview: Die kalte Progression, also die schleichende Steuererhöhung, werden wir leider nicht abschaffen können. – Natürlich können Sie das nicht, weil Sie einfach einer populistischen Politik verpflichtet sind! Sie wollen Geschenke verteilen, aber Sie wollen nicht ernsthaft im Sinne der jungen Generation Weichenstellungen vornehmen. Sie nutzen die Gunst der Stunde nicht, um jetzt Weichenstellungen für echte Reformen vorzunehmen. Das ist die echte Enttäuschung! Das ist meines Erachtens eine Wählertäuschung. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Rendi-Wagner.)

Dann gibt es noch einige Punkte, bei denen ich einfach den Kopf schütteln muss. Zum Beispiel wollen Sie die Auslandshilfe kürzen. Ja, wo sind wir denn?! (Abg. Rosenkranz: Im Inland!) Sie sagen, wir müssen vor Ort helfen und kürzen gleichzeitig die Auslands­hilfe. Das ist nicht logisch.

Es sind noch andere solcher Sachen drinnen, zum Beispiel: Herr Finanzminister, Sie unterschlagen plötzlich die Bankenmilliarde. Die war ursprünglich zweckgewidmet für die Bildung; in diesem Budget verschwindet dieses Geld plötzlich. Es sind 500 Mil­lionen Euro im Budget nicht mehr sichtbar, die an und für sich vorgesehen waren. Unter anderem betrifft das 50 Millionen Euro für eine Innovationsstiftung im Bildungs­bereich. Halleluja! Brauchen wir Innovation und Erneuerung in der Bildung, wenn ein Viertel der 15-Jährigen nicht richtig lesen kann? – Ja, wir brauchen das! Was machen Sie? – Sie drehen die Innovationsstiftung ab, kürzen von 50 Millionen Euro auf 2 Millionen Euro.

Sie kassieren dieses Geld, offensichtlich damit Sie ohne Ausschreibung General­sekre­täre in jedem Ministerium einsetzen können (Abg. Winzig: Wie heißt denn der Gene­ralsekretär von Herrn Löger?), damit Sie vier Kommunikationsleute einsetzen können, damit Sie dem Herrn Vizekanzler 18 Millionen Euro für irgendwelche Marketing­schmähs geben können. Das ist Ihr Sparen im System, oder was? (Beifall bei NEOS und SPÖ.) Das ist doch nicht Sparen im System! Sie nehmen Geld aus dem Bildungs­bereich heraus, kürzen bei der Innovation, und investieren dieses Geld in Ihre Appa­rate. Dabei werden die Parteiapparate so fett wie nirgendwo sonst in Europa. (Zwi­schenruf des Abg. Nehammer.) Da Kürzungen vorzunehmen, dazu sind Sie nicht bereit, Herr Nehammer! Dazu sind Sie nicht bereit. (Abg. Wöginger: Der Herr Haselsteiner hat auch zugenommen!)

Digitalisierung: Fehlanzeige, kommt nichts! Innovation: Fehlanzeige, kommt nichts! Der einzige Fortschritt im Bildungsbereich: Sie sagen, Sie investieren da mehr. – Das stimmt nicht, aber – wenn Sie so wollen, wäre das eine Fußnote im Positiven – Sie stopfen das Loch, das jedes Jahr da war, bereits im März und nicht erst im Dezember. (Abg. Wöginger: Sozialdemokratischer Neoliberalismus geht sich nicht aus!) Das ist der einzige Fortschritt, den ich erkennen kann.

Das ist meines Erachtens zu wenig. Deswegen werden wir versuchen, das durchzu­setzen, was noch zu machen ist. Änderungen im großen Stil werden nicht möglich sein. (Abg. Wöginger: Da ist deine Truppe zu klein! – Abg. Nehammer: Kleine Truppe! – Abg. Wöginger: Ab in den Wienerwald!)

Apropos Truppe, das ist ja das Nächste. (Heiterkeit bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ. – Abg. Winzig: Sogar die Stichwörter müssen wir liefern!) Zum Thema Sicherheit sagen Sie: Wir werden Sicherheit als Priorität sehen. – Gleichzeitig behandeln Sie das österreichische Bundesheer (Abg. Wöginger: Sehr gut!), als wäre es völlig unnötig. (Heiterkeit des Abg. Rosenkranz.) Ist das Ihre Haltung? Schauen Sie einmal in Ihr Budget! Der eigene Verteidigungsminister hat gestern, am Tag der Präsentation des Budgets, schon gesagt: Wir müssen nachverhandeln, das geht so überhaupt nicht. (Abg. Gudenus: Mehr Budget!)

Das heißt, Sie verraten Ihre eigenen Prioritäten, Sie verraten sämtliche Ihrer Wahlver­sprechen, und Sie schauen vor allem auf eines, nämlich auf sich selbst, aber nicht auf das Land und nicht auf die Menschen. (Beifall bei NEOS und SPÖ. – Abg. Jarolim: Das war wirklich trefflich ausgeführt!)

9.49

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Natio­nalrat Bruno Rossmann. Ich erteile ihm das Wort. (Ruf bei der ÖVP: Abschiedsrede! Den Platz für Pilz freimachen!)