10.06

Abgeordnete Claudia Gamon, MSc (WU) (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Wissenschaftsminister! Die Wissenschaft und Forschung in Österreich bringt immer wieder Ausnahmetalente und auch Ausnahmeleistungen hervor, aber ich glaube, wir sind uns alle darin einig, dass das nicht aufgrund der guten Bedingungen so ist, sondern trotz der schlechten Rah­menbedingungen, die in den letzten Jahren vorgeherrscht haben – wider alle Um­stände. Das ist ja eine enorme Leistung, die unsere Topforscherinnen und Topforscher hier immer erbringen.

An dieser Stelle muss auch einmal dem ehemaligen Herrn Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner Danke gesagt werden. Er hat damals seine Rolle, auch in Kom­bination als Vizekanzler, bestens ausgenützt, um der Wissenschaft und der Forschung einen Dienst zu erweisen, um diese Reformen, die wir in dieser neuen Periode schon beschließen konnten, überhaupt erst möglich zu machen. Also Danke an Reinhold Mit­terlehner dafür, dass die Wissenschaft und die Forschung jetzt mit einem ver­gleichsweise guten Budget weiterarbeiten können. (Beifall bei NEOS und SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.) – Ja, liebe ÖVP, Sie dürfen schon auch klatschen. Das war einer von Ihnen.

Ja, die Unis haben jetzt mehr Geld. Die Entstehungsgeschichte dieser Budgeterhö­hung möchte ich jetzt hier nicht noch einmal durchkauen. Bezüglich dessen, wie wir da zu mehr Geld gekommen sind, gibt es ein bisschen Geschichtsverklärung. (Abg. Strolz: Geschichtsklitterung! Absolut!)

Der Status quo bisher waren stagnierende Budgets und steigende Studierendenzah­len. Das führt zu schlechten Bedingungen, und das trifft vor allem die Studierenden, die keinen sozialen Rückhalt haben, die nicht aus Akademikerfamilien kommen besonders hart. Die tun sich mit schlechten Studienbedingungen an den Unis umso schwerer.

Ob die knapp 350 Millionen Euro im Jahr mehr wahnsinnig viel bewegen werden, da bin ich mir nicht so sicher, denn wir wissen ja auch, dass viele Unis Probleme mit rasant nach oben schnellenden Studierendenzahlen haben. Nehmen wir zum Beispiel die Boku in Wien her! Das ist eine erfolgreiche Uni. Da wollen auch viele Leute hin­gehen, um zu studieren. Wir wissen, dass da eine Budgeterhöhung – und das klingt jetzt hart, denn es geht natürlich um viel Geld – vielleicht fast schon in den nächsten paar Jahren verpufft, weil es einen solchen Aufholbedarf gibt.

Wenn wir uns mit der Schweiz vergleichen, wo es halb so viele Studierende gibt, ist zu sagen, dort gibt es fast doppelt so hohe öffentliche Mittel für die Unis. Das ist ein Rie­senunterschied, und das kann man auch nicht mit dieser Erhöhung, auch wenn es natürlich viel Geld ist, wieder wettmachen.

Eines ist klar: Wir haben eine wirklich historische – oder für österreichische Verhält­nisse historische – Chance, den Wissenschafts- und Forschungssektor weiterzuentwi­ckeln und fit für die Zukunft zu machen. Das ist auch ein Grund dafür, warum die Schritte in Richtung Studienplatzfinanzierung so enorm wichtig waren. Es ist aber schon auch okay, ein wenig skeptisch zu sein, ob wir diese Chance auch entsprechend nutzen können. Diese Skepsis kommt nicht nur aus der Erfahrung in diesem Bereich, sondern natürlich kommt die Skepsis auch daher, dass das Wissenschaftsbudget nicht nur für die Unis gedacht ist. Es gibt auch noch Fachhochschulen, und es gibt auch den FWF. Das sind zwei Bereiche, die in diesem Budget spärlich vernachlässigt worden sind.

Beispiel Fachhochschulen: Wir sind uns ja darin einig, dass sich dieser Sektor in den letzten Jahren wunderbar entwickelt hat. Wir wissen auch, dass wir einen Ausbau der Fachhochschulstudienplätze brauchen, aber schon die Vorgängerregierung ist da nicht in derselben Art und Weise mit dem Ausbau dieser Plätze nachgekommen, wie es ei­gentlich geplant war. Das heißt, wir sind da schon im Verzug, und jetzt wird das be­scheidene Level fortgeschrieben. Dazu kommt natürlich auch, dass sehr erfolgreiche, forschungsintensive Fachhochschulen immer noch einen Wettbewerbsnachteil haben, was die Forschungsmittel betrifft.

Dann gibt es noch das Thema Grundlagenforschung und FWF. Grundlagenforschung ist politisch immer relativ schwierig zu verkaufen, würde ich jetzt einmal sagen. Man gibt Geld hinein und man weiß nicht, was herauskommt. Das ist aber der Sinn und Zweck davon. Ich glaube, da sind wir auch in der Verantwortung, immer wieder Bei­spiele zu bringen wie jetzt jenes der Forscher an der Uni Portsmouth, die zufällig ein Bakterium gefunden haben, das Plastikflaschen fressen kann. Das könnte möglicher­weise der erste Schritt sein, um das globale Plastikproblem in den Griff zu bekommen, und das ist das Ergebnis von Grundlagenforschung gewesen. Überall in den Medien ist gestanden, sie seien zufällig draufgekommen. Na, rein theoretisch sind sie schon zu­fällig draufgekommen, aber das liegt auch daran, dass immer genügend Geld da war, um die Chance zu erhöhen, dass man zu diesen zufälligen, großartigen Erkenntnisse kommt. Das ist die Wirkung von Grundlagenforschung.

Dem FWF wurde versprochen, dass er mittels sukzessiver Budgeterhöhung im Jahr 2021 auf 290 Millionen Euro käme. Im vorliegenden Doppelbudget kriechen wir immer noch ungefähr bei der 200-Millionen-Grenze herum; das ist nicht dasselbe, 200 Millionen, 290 Millionen, da sind wir noch nicht ganz dort.

Das führt natürlich dazu, dass die Zuerkennungsquoten beim FWF unter 20 Prozent gefallen sind, und das ist für viele junge Forscher, die sich um Mittel bewerben, fast wie Willkür. Da kann man ein noch so gutes Projekt einreichen, die Chance, dass es abgelehnt wird, ist recht groß – oder wie Herr Kassegger sagen würde, Casino. Das kann natürlich enttäuschend für junge Forscherinnen und Forscher sein.

Deshalb möchte ich auch noch folgenden Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Claudia Gamon, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhöhung des Budgets des Wissenschaftsfonds“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, möge die derzeit unzureichende Budgetierung des Wissenschafts­fonds (FWF) für die Jahre 2018 und 2019 so weit erhöhen, dass der von der letzten Bundesregierung vorgegebene sukzessive Zielpfad von 290 Mio Euro im Jahr 2021 er­reicht werden kann.“

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Danke schön. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.11

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Claudia Gamon, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Erhöhung des Budgets des Wissenschaftsfonds

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (13 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2018 (Bundesfinanzgesetz 2018 - BFG 2018) samt Anlagen – UG 31

Im Dezember 2016 haben Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner und FWF-Prä­sident Klement Tockner in einer gemeinsamen Pressekonferenz ihre neue Förderstra­tegie für die heimische Grundlagenforschung präsentiert: „Wir statten den Wissen­schaftsfonds FWF mit frischem Geld aus und können damit mehr Projekte und For­scher denn je zuvor unterstützen. Ein Land wie Österreich muss in der Champions League der Forschung spielen. Das sichert langfristig Arbeitsplätze und Wohlstand im Land“, sagt Mitterlehner. „Es geht darum, Österreich zu einem der attraktivsten Wis­senschafts- und Wirtschaftsstandorte zu machen. Mit der Forschungsmilliarde wird ein wesentlicher Schritt gesetzt, um dieses gemeinsame Ziel zu erreichen“, betont FWF-Präsident Klement Tockner. „Es ist ein mutiges Aufbruchssignal, das großen Dank ver­dient."

Der Wissenschaftsfonds FWF ist ein wichtiger Eckpfeiler der Forschungsexzellenz. Gemeinsam stellten Mitterlehner und Tockner die inhaltliche Ausrichtung des FWF für die Jahre 2017 bis 2020 vor. Das klare Ziel: Österreich als führenden Wissenschafts­standort weiterzuentwickeln und die Grundlagenforschung auszubauen. In diesem Sinne hat die Bundesregierung auf Initiative von Mitterlehner eine Aufstockung des FWF-Budgets um 50 Prozent beschlossen. Dieses erhöht sich um 281 Mio Euro für 2018 bis 2021. Auf diesem Weg soll das Jahresbudget von derzeit 184 Mio Euro suk­zessive auf 290 Mio Euro im Jahr 2021 ansteigen. Das ermöglicht ins-besondere mehr Projekte und die Finanzierung von zusätzlich bis zu 1.400 Forscher_innen pro Jahr.

Das von der momentanen Bundesregierung vorgelegte Doppelbudget bildet die damals gemachten Versprechungen nur mehr unzureichend ab. Für 2018 stehen 193 Mio Euro bereit und für 2019 206 Mio Euro. Diese chronische Unterförderung im Bereich kom­petitiv vergebener Mittel geht direkt zu Lasten der österreichischen Forschenden und des Standorts. Man vergibt hier sehenden Auges Zukunftschancen.

Der Vergleich mit Deutschland und dem FWF-Pendant Deutsche Forschungsgemein­schaft (DFG) offenbart die dramatische Finanzierungslücke hierzulande: um gleichzu­ziehen, würde der FWF ein Jahresbudget von mindestens 300 Mio Euro benötigen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, möge die derzeit unzureichende Budgetierung des Wissenschafts­fonds (FWF) für die Jahre 2018 und 2019 so weit erhöhen, dass der von der letzten Bundesregierung vorgegebene sukzessive Zielpfad von 290 Mio Euro im Jahr 2021 erreicht werden kann.“

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, aus­reichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Kaufmann. – Bitte.