11.26

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Regierungsmitglie­der! Hohes Haus! Herr Kollege Graf – wo sitzt er? –, dass ihr ein bisschen ein Problem mit der direkten Demokratie habt (Abg. Steger: Das habt ihr seit Jahren!) – die Frau Gesundheitsministerin ist ja anwesend –, das wissen wir seit der Raucherdebatte, wo ja die direkte Demokratie auch verhindert wird. Dass man jetzt dann aber auch ver­sucht, die Österreichische Hochschülerschaft und studentische Wahlen einzuschrän­ken (Abg. Belakowitsch: Langsamer! Man versteht so schwer!), und Sie vielleicht in Zukunft entscheiden möchten, wer in der ÖH den Vorsitz stellt – so wird es in Öster­reich nicht funktionieren. Ein bisschen demokratisches Grundverständnis sollten auch Sie haben. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Zinggl.)

Das reiht sich nämlich nahtlos auch in das ein, was ihr beim ORF macht – da wird alles umgefärbt. Es dürfen in letzter Folge aber schon noch die Wählerin und der Wähler das letzte Wort haben und nicht Sie. Dass gewisse demokratische Grundprinzipien gelten, sollte kein Nachteil sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Ich habe Sie heute ganz genau beobachtet, als Sie über die Mü­hen der Ebene gesprochen haben – darüber, wie das als neuer Minister so ist, und über die Schwierigkeiten im Reformbereich –, und ich habe ganz genau gemerkt, wo Sie hingeschaut haben: in Richtung ÖVP. Immer dann, wenn Sie darüber gesprochen haben, dass es schwierig war beim Budget, und wenn es um Blockade gegangen ist, haben Sie ganz genau gewusst, in welchem Sektor die Ursache der Blockade zu finden ist. Das hat man heute ganz genau gesehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist – wie so oft – immer dieselbe kleine militante Gruppe von schwarzen Beamten­gewerkschaftern, die jede Reform in diesem Bereich seit Jahrzehnten blockiert, weil sich nichts ändern darf. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist Veränderungsfeindlichkeit: Es darf sich nichts ändern. – Regen Sie sich nicht auf! In Wahrheit lacht ja selbst der Wirtschaftsbund über euch, weil das standortfeind­lich ist, weil es jungen Menschen auch die Chancen raubt. (Abg. Rosenkranz: Also wenn die ÖVP nichts ändern wollte, dann hätten wir jetzt noch einen roten Kanzler! Dann hätten wir sogar noch einen SPÖ-Kanzler! Wer will denn das?) Es ist wirklich rückwärtsgewandte Politik, die die ÖVP im Bildungsbereich verfolgt. Eine kleine Grup­pe treibt da die ganze ÖVP vor sich her, und der Herr Bundesminister ist der Leidtra­gende. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn es nach diesem Denken ginge, würden wir alle heute noch mit dem Pferd zur Ar­beit reiten. Dann müsste man auch sagen: Wofür brauchen wir einen Taschenrechner? Der gute, alte Rechenschieber hat es doch auch getan! Wofür brauchen wir denn einen Computer? Die alte Schreibmaschine war doch immer gut! – Das sind doch alles rück­wärtsgewandte Debatten!

Und diese Debatte setzt sich jetzt fort: Wofür brauchen wir denn Tablets in den Schu­len? Streichen wir das! Das gute, alte Hausarbeitenheft ist doch bitte seit Jahrzehnten erprobt. Bleiben wir doch bei den alten Wegen! – Das ist leider das Denken der ÖVP im Bildungsbereich. Das bringt uns nicht einen Millimeter weiter. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Liste Pilz.)

Da wird immer wieder groß von den besten Köpfen geredet (Abg. Kassegger: Linke Gehirnhälfte, rechte Gehirnhälfte! – Abg. Rosenkranz: Dass Sie nur auf die linke Ge­hirnhälfte schauen, ist klar!) und die Metapher bemüht, dass wir eben in Österreich kein Erdöl haben. Aber wenn es konkret darum geht, dass wir in junge Menschen investieren, dann ist plötzlich kein Geld da. Geht es um milliardenschwere Steuerge­schenke für die Großspender von Sebastian Kurz, dann spielt Geld überhaupt keine Rolle, aber bei den jungen Leuten muss man einsparen, denen nimmt man die Zukunft weg. Und dann heißt es, das erfolgt aufgrund einer budgetären Gesamtverantwor­tung. – So kann es nicht sein! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Liste Pilz.)

Die ÖVP redet auch immer von Leistung, die sich lohnen muss, aber jene zwei Drittel der jungen Menschen an den Unis, die nebenbei arbeiten müssen, damit sie sich ihr Studium überhaupt leisten können, die bestraft man jetzt. Da sagt man, ihr zahlt jetzt Studiengebühren dafür, dass ihr länger studiert, weil ihr nebenbei arbeitet. Ist das leis­tungsfreundlich oder ist das leistungsfeindlich, dass man junge Menschen, deren Eltern das nötige Geld nicht haben, bestraft? – Da müssten wir gegensteuern. Es darf keinen Unterschied machen, ob die Eltern sich die Nachhilfe leisten können oder nicht. Es geht doch um die besten Köpfe und um die Talente, und da müssten wir investieren. Das fehlt leider in diesem Budget zur Gänze. (Beifall bei der SPÖ.)

Abschließend: All die großen Verbesserungen, die sich jetzt im Budget für die Univer­sitäten finden, haben wir gemeinsam gegen den Willen der ÖVP durchgesetzt. Wenn es nach der ÖVP gegangen wäre, hätten wir in diesem Bereich gespart. Sparen in die­sem Bereich ist aber eines jener Dinge, die uns nicht weiterbringen. Jeder Euro, der in den Bereich Wissenschaft, in die Bildung von jungen Menschen investiert wird, kommt nämlich zigfach zurück. Das ist kein intelligentes Sparen, sondern das ist dummes Spa­ren, wenn man da auf dem Rücken junger Menschen einspart.

Ich darf Sie deswegen bitten, Herr Bundesminister: Sie werden jede Unterstützung auch hier im Parlament haben, aber kämpfen Sie gegen diese Retropolitiker in der ÖVP! Es gibt genug Leute in der ÖVP, die wirklich – ich möchte jetzt das Wort nicht verwenden –, die es satt haben, sich damit herumschlagen zu müssen, dass im Bil­dungsbereich nichts weitergeht, weil man immer wieder sagt: Die Maria Theresia wird sich ja bei den Schulreformen etwas gedacht haben, da müssen wir jetzt nicht vor­schnell irgendetwas verändern. Warten wir ab und schauen wir einmal, was passiert! – So kann doch Bildungspolitik nicht funktionieren. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ. – Bravoruf des Abg. Drozda.)

Ein bisschen mehr Mut, einen Turbo für die Bildung, für die Fachhochschulen – in diesem Bereich geht nämlich gar nichts weiter –, das sind Dinge, die wir jetzt dringend brauchen!

Wenn es in Zeiten einer Hochkonjunktur, in der auch die Steuereinnahmen sprudeln, nicht möglich ist, in diesen Zukunftsbereich zu investieren, dann will man es einfach nicht. Seid doch so ehrlich und sagt, dass ihr in diesen Bereich nicht investieren wollt – denn für die Milliardensteuerzuckerl für die Freunde von Sebastian Kurz ist die Brieftasche immer offen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Liste Pilz. – Abg. Wöginger: Die Maria Theresia war aber sicher keine Sozialistin! – Abg. Kucher: War die Maria Theresia ein ÖAAB-Mitglied?)

11.31

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Angelika Kuss-Bergner zu Wort gemeldet. – Bitte.