12.10
Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (PILZ): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger! Kollege Wöginger, ich kann Ihrem Wunsch nach mehr Fokus auf das AMS-Budget gerne nachkommen, denn im Vergleich zum Budgetprovisorium 2018, März 2018, wird genau beim AMS-Budget im Ausmaß von fast einer halben Milliarde Euro gekürzt. (Abg. Heinisch-Hosek: Genau!) Wir stehen einer Situation gegenüber, in der heuer, im laufenden Jahr, 540 Millionen Euro gekürzt werden und in der nächstes Jahr, im Jahr 2019, noch eines dazukommt, nämlich eine Kürzung des AMS-Budgets um weitere 90 Millionen Euro. (Abg. Wöginger: Es gibt eben weniger Arbeitslose! – Abg. Neubauer: Weniger Arbeitslose bedeuten weniger Ausgaben – das ist eine Rechnung nach Adam Riese!)
Von diesen Kürzungen besonders betroffen sind zwei ganz sensible Bereiche: erstens die aktive Arbeitsmarktpolitik – das ist bereits erwähnt worden –, da geht es darum, Menschen Perspektiven und Chancen zu eröffnen, die sie durch ein partielles Versagen am Arbeitsmarkt nicht haben, denn genau diese Gruppen, nämlich jüngere Personen mit mangelnder Qualifikation, aber natürlich auch ältere Menschen in Langzeitarbeitslosigkeit profitieren durch den Aufschwung, durch den Wirtschaftsaufschwung nicht in dem Maße, wie sie das eigentlich sollten. Ja, das bleibt ihnen verwehrt, denn bei diesen Gruppen kommt der Wirtschaftsaufschwung nicht an, sie profitieren davon nur in geringem Ausmaß, und genau diese Gruppen bräuchten aber jetzt in dieser Phase der Hochkonjunktur Unterstützung. Genau da streicht die Bundesregierung aber entsprechende Mittel – Stichwort Ausbildungsgarantie bis 25 Jahre und Stichwort Aktion 20 000.
Der zweite Bereich, in dem ebenfalls immens eingespart – wieder Fokus auf das AMS-Budget! – und der Sparstift angesetzt wird, ist die Integration anerkannter Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt. Wir stehen einer Situation gegenüber, in der für Maßnahmen des Integrationsjahres heuer, im Jahr 2018, nur mehr 50 Prozent der Mittel zur Verfügung stehen, die eigentlich nötig wären, und im nächsten Jahr streichen wir diesen Posten dann zur Gänze.
Gemeinsam mit der weiteren Kürzung von 80 Millionen Euro Beschäftigungsförderung errichten Sie damit eine immense Hürde für Integration. Damit wird eine staatlich verordnete Integrationshürde für rund 33 000 anerkannte Flüchtlinge aufgebaut, für asylberechtigte und subsidiär schutzberechtigte Menschen. Genau die sollten eigentlich in den Arbeitsmarkt integriert werden.
Sie verursachen durch die Streichung des Integrationsjahres zudem vorsätzlich eine staatlich verordnete Massenkündigung von bis zu 2 000 Menschen in privaten Bildungseinrichtungen, die aktuell Deutschkurse geben, die Kompetenzchecks durchführen, und, und, und. Sie streichen diesen 2 000 Menschen, 2 000 DeutschtrainerInnen, TrainerInnen, die Kompetenzchecks durchführen, und, und, und – wir sprechen da, für FPÖ und ÖVP so ausgedrückt, von österreichischen StaatsbürgerInnen –, den Job und damit die Lebensgrundlage, und das ohne mit der Wimper zu zucken. (Abg. Belakowitsch: Woher nehmen Sie denn das?) Ohne mit der Wimper zu zucken! Das sind offizielle Auskünfte des AMS und der GPA. (Abg. Belakowitsch: Ja wenn Sie das für bare Münze nehmen! – Abg. Deimek: Aha! – Abg. Neubauer: Das AMS-Budget ist einstimmig beschlossen worden!)
Würden Sie einer Kündigung dieser Größenordnung in der Privatwirtschaft gegenüberstehen, würde normalerweise – davon würde man normalerweise ausgehen und bisher war es auch so – in den Regierungsfraktionen hektische Betriebsamkeit ausbrechen. Nichts dergleichen geschieht aber jetzt! (Abg. Belakowitsch: Wofür gibt es die ...?) Wenn Sie das verursachen, wenn Sie das staatlich anordnen, dass bis zu 2 000 Menschen ihre Jobs im Bereich des Integrationsjahres gestrichen werden, dann ist von Sozialmaßnahmen nichts zu sehen. (Abg. Neubauer: Sie kennen sich nicht aus!) Ich merke nichts von Sozialmaßnahmen. Welche Maßnahmen setzen Sie, um diese Menschen nun vor der Arbeitslosigkeit zu bewahren oder sie umzubilden, auszubilden und zu fördern? (Abg. Belakowitsch: Doch nicht durch uns! Das sind Maßnahmen des AMS! – Weiterer Ruf bei der FPÖ: Das ist also Ihre Sozialpolitik!)
Was ist das für eine Arbeits- und Sozialpolitik, die da durch die Regierung gemacht wird? – Das ist staatlich verordnete Arbeitslosigkeit und das ist staatliche Integrationsverhinderung, die da betrieben werden.
Man muss bei der Analyse der Budgets 2018/2019 einfach zu dem Schluss kommen, dass diese Menschen wohl für die aktuelle Bundesregierung nicht im Fokus stehen und nicht so wichtig sind, wie sie das eigentlich sein sollten. Es sind Ihnen junge Menschen mit mangelnder Qualifizierung, Menschen, die wegen längerer Arbeitslosigkeit keine Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben und ältere Menschen, die arbeitslos sind, egal. Diese Menschen sind Ihnen einfach egal! (Abg. Schimanek: Ist ja gar nicht wahr!) Es sind Ihnen geflüchtete Menschen egal, die einen anerkannten Asylgrund haben und hier bleiben dürfen. Ja, und natürlich auch jene Menschen, die in diesem Bereich arbeiten. (Abg. Belakowitsch: Ja, ja, die in dem Bereich arbeiten!) Sie streichen einfach die Mittel.
In der Anfragebeantwortung zum Budget, Frau Ministerin, ist irrsinnig oft gekommen: Die Kreativität des AMS-Managements wird gefordert sein, um die Maßnahmen weiter aufrechtzuerhalten. Ich muss ganz ehrlich sagen: Angesichts einer Aufstockung des Regelbudgets von ungefähr 50 Millionen Euro und gleichzeitigen Kürzungen im Vergleich zum Budgetprovisorium von 2018 von 540 Millionen Euro ist diese Kreativität wirklich zu suchen, denn das ist einfach nicht möglich und kann einfach nicht gelebt werden.
Daher stellen wir folgenden Antrag (Abg. Belakowitsch: Wer gehört denn zu diesem „wir“?):
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „die Sicherstellung der Finanzierung für Maßnahmen aktiver Arbeitsmarktpolitik für junge Menschen bis 25 Jahre, ältere Langzeitarbeitslose und anerkannte Flüchtlinge“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, das Budget für aktive Arbeitsmarktpolitik durch das AMS um jeweils 300 Mio. € in den Jahren 2018 und 2019 aufzustocken. Diese zusätzlichen Mittel sollen zweckgebunden werden für:
- Ein Nachfolgeprogramm der Aktion 20.000, mit dem zielgerichtet und regional ältere Langzeitarbeitslose in den Arbeitsmarkt (re-)integriert werden können.
- Die Fortführung der Maßnahmen des Integrationsjahres zur Sicherstellung der Arbeitsmarktintegration anerkannter Flüchtlinge, denn Spracherwerb, Arbeit und Einkommen sind wesentliche Bestandteile gelungener Integration.
- Maßnahmen zur Umsetzung der Ausbildungsgarantie bis 25 Jahre.“
*****
Ich glaube, das ist ein zielführender Antrag. Es können damit die Maßnahmen, die man gesetzt hat, wirklich weitergeführt und weiter aufrechterhalten werden. Ich bitte um Zustimmung. – Danke sehr. (Beifall bei der Liste Pilz. – Abg. Belakowitsch: Können wir nicht unterstützen!)
12.15
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen, betreffend die Sicherstellung der Finanzierung für Maßnahmen aktiver Arbeitsmarktpolitik für junge Menschen bis 25 Jahre, ältere Langzeitarbeitslose und anerkannte Flüchtlinge eingebracht im Zuge der Debatte über die Tagesordnungspunkte 4-6, zu Top 4) „Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (64 und Zu 64 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahnnengesetz 2018 bis 2021 und das Bundesfinanzrahmengesetz 2019 bis 2022 erlassen werden (102 d.B.)" – UG 20 + 21
Begründung
Für das kommende +Jahr wird ein deutlicher Aufwendungsrückgang im DB 20.01.02 „Aktive Arbeitsmarktpolitik" veranschlagt. Weiters sind für 2019 keine Mittel für das Integrationsjahr bzw. dem Leistungsspektrum des Integrationsjahres entsprechende Maßnahmen mehr vorgesehen. Und auch in Hinblick auf die Ausbildungsgarantie bis 25 lässt das Budget ab 2019 jegliche Finanzierung vermissen.
In der Budgetanfragebeantwortung 10/SABBA vom 17.04.2018 zu „480/JBA-657/JBA und mündliche Anfragen", nimmt Sozialministerin Hartinger-Klein auf die Frage bzgl. der Kompensation fehlender Mittel im Bereich der Ausbildungsgarantie wie folgt Stellung:
„Vor dem Hintergrund der günstigen Konjunktur — und Arbeitsmarktentwicklung ist es Aufgabe des AMS, die entsprechenden Veranlassungen bedarfsgerecht zu treffen. (...) Für 2019 sehen die Kuchenstücke keine Extramittel für diese Zielgruppe im Bundesfinanzgesetz vor. Das AMS wird bedarfsgerechte Maßnahmen für die einzelnen Zielgruppen anbieten."
Ebenso vollständig gestrichen werden Mittel in der Höhe von 80 Mio. € für die Integration anerkannter Flüchtlinge (Asylberechtigte) am Arbeitsmarkt. Gefragt nach Lösungen, um trotz Wegfall der Gelder eine erfolgreiche Eingliederung der betreffenden Personen sicher zu stellen, antwortet die Ministerin in 10/SABBA wie folgt:
„Das AMS hat 2018 mehr Förderbudget als es 2017 ausgegeben hat. Das AMS wird bedarfsgerechte Maßnahmen für die einzelnen Zielgruppen anbieten, diese Umsetzung ist eine Managementaufgabe."
Weiters soll, wie aus der oben angeführten Anfragebeantwortung hervorgeht, das bislang nur kryptisch umrissene „JOB AKTIV"-Programm sowohl die Förderung von Jugendlichen (bis 18 Jahre im Rahmen der Ausbildungspflicht und beschränkt auf das Jahr 2018 auch von Jugendlichen bis 25 Jahre im Rahmen der Ausbildungsgarantie), als auch die Integration langzeitarbeitsloser älterer Menschen am Arbeitsmarkt sicher stellen. Letzteres offensichtlich als Kompensation für das durch die Regierung beschlossene Aus der Aktion 20.000.
Sozialministerin Hartinger-Klein führt in ihrer Anfragebeantwortung diesbezüglich aus:
„Für die Ausbildung bis 18 stehen im Jahr 2018 42 Mio. € und im Jahr 2019 53 Mio. € zur Verfügung. Ein weiterer Schwerpunkt des Programms JOB AKTIV ist die Integration Älterer — möglichst in den ersten Arbeitsmarkt. Dabei gilt es einerseits die Qualifikation auf den letzten Stand zu bringen, andererseits die Integration durch Einstellungsförderung sowie durch Vorbereitung am 2. Arbeitsmarkt zu unterstützen. Es obliegt dem Verwaltungsrat bzw. dem Management des AIV1S die zur Verfügung stehenden Mittel entsprechend einzusetzen."
Konkrete Zahlen für die zusätzliche Förderung älterer Langzeitarbeitsloser durch das „JOB AKTIV"-Programm lassen sich nicht seriös erheben.
Zählt man nun alle Kürzungen im Bereich der Förderung und Unterstützung von Jugendlichen, von langzeitarbeitslosen älteren Menschen und anerkannten Flüchtlingen für die (Re-)Integration am Arbeitsmarkt zusammen, ergibt sich für 2018 im Budget des AMS ein Minus von rd. 585 Mio. €. im Vergleich zum Budgetprovisorium 2018.
Durch die restlose Streichung der Mittel für die Ausbildungsgarantie bis 25 und Maßnahmen aus dem Bereich des Integrationsjahres ist für 2019 eine weitere Reduktion um 87 Mio. € vorgesehen.
Und das, obwohl die Herausforderungen in den genannten Bereichen kaum kleiner werden – gerade Asylberechtigte, ältere Langzeitarbeitslose und geringqualifizierte Jugendliche sind vom partiellen Versagen des Arbeitsmarktes besonders betroffen und können somit auch von einer anziehenden Wirtschaft nur wenig profitieren.
Entsprechend der Auskünfte der Ministerin soll all das, was im Jahr 2018 mit rd. 590 Mio. € und im Jahr 2019 mit rd. 680 Mio. € hätte bewerkstelligt werden sollen, nun mit einer marginalen Erhöhung des AMS-Förderbudgets von 50 Mio. € (also knapp 9 % der ursprünglich vorgesehenen Summe) abgedeckt werden.
Eine fast unlösbare Aufgabe für das AMS-Management, dessen schlussendliche Verantwortung die Ministerin nicht müde wurde zu betonen.
Es ist deshalb zu befürchten, dass durch die Budgetpolitik der Bundesregierung wesentliche, sich aus der positiven Wirtschaftslage gegenwärtig ergebende Chancen zur aktiven Korrektur struktureller Schieflagen am Arbeitsmarkt ungenützt bleiben.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, das Budget für aktive Arbeitsmarktpolitik durch das AMS um jeweils 300 Mio. € in den Jahren 2018 und 2019 aufzustocken. Diese zusätzlichen Mittel sollen zweckgebunden werden für:
- Ein Nachfolgeprogramm der Aktion 20.000, mit dem zielgerichtet und regional ältere Langzeitarbeitslose in den Arbeitsmarkt (re-)integriert werden können.
- Die Fortführung der Maßnahmen des Integrationsjahres zur Sicherstellung der Arbeitsmarktintegration anerkannter Flüchtlinge, denn Spracherwerb, Arbeit und Einkommen sind wesentliche Bestandteile gelungener Integration.
- Maßnahmen zur Umsetzung der Ausbildungsgarantie bis 25 Jahre."
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Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.
Zu Wort gemeldet ist nun Frau Bundesministerin Mag.a Beate Hartinger-Klein. – Bitte, Frau Ministerin.