Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll19. Sitzung, 17., 18. und 19. April 2018 / Seite 35

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haben. Das Wirtschaftswachstum ist so gut wie schon seit zehn Jahren nicht mehr, die internationale Lage ist durchaus ermutigend, und, man kann auch das sagen, Sie haben von der Vorgängerregierung ein Budget mit einem strukturellen Defizit von 0,1 Prozent – also bereits sehr nahe an der Null – übernommen.

Wir haben in den letzten Wochen in den diversen Ausschüssen die Vorschläge zu den einzelnen Budgetkapiteln, die jetzt im Hohen Haus liegen, gemeinsam intensiv disku­tiert. Der Eindruck, den wir von Anfang an hatten, hat sich dabei durchaus verfestigt: Der Budgetentwurf, der hier vorgelegt wird, verfolgt kaum Ambitionen, ist zukunftsver­gessen, und die Einsparungen, die proklamiert werden, erweisen sich als Kürzungen bei den Menschen.

Wir haben dafür in den vergangenen Wochen in den diversen Gremien jede Menge Voodoorhetorik vom Sparen im System gehört. Ihre eigenen Zahlen überführen Sie hier aber des Gegenteils. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich darf Sie auf einen interessanten Vergleich aufmerksam machen: Das renommier­teste Wirtschaftsforschungsinstitut Österreichs, das Wifo, hat kurz nach der letzten Nationalratswahl eine Budgetprognose vorgelegt; das war im Zusammenhang mit unseren Verpflichtungen aus dem EU-Stabilitätspakt. Bei dieser Prognose ist das Wifo davon ausgegangen, dass das strukturelle Defizit – und das ist die entscheidende Kenngröße im Zusammenhang mit unseren internationalen Verpflichtungen – 2018 bei 0,3 Prozent liegen wird und 2019 dann null erreichen wird. Was man wissen muss: Wenige Wochen nach dieser Prognose wurde die Konjunkturaussicht noch einmal sig­nifikant verbessert. – Das ist die Ausgangsvoraussetzung, die Sie vorgefunden haben.

Schaut man heute in Ihr Zahlenwerk, findet man dabei Erstaunliches: Es ist nicht mehr von 0,3 Prozent Defizit heuer die Rede, sondern das strukturelle Defizit erhöht sich trotz all Ihrer Maßnahmen auf 0,5 Prozent – das heißt, es wird schlechter.

Dasselbe gilt für das Jahr 2019: Das Wifo hat gesagt, mit dem Programm, das Sie von der Vorgängerregierung übernommen haben, ist es möglich, die Null zu erreichen, Sie legen hingegen ein Budget mit einer Verschlechterung auf 0,5 Prozent vor.

Wenn man die Unterlagen des Budgetdienstes ausführlich liest, weiß man auch, wa­rum das so ist: Das strukturelle Defizit ist die ehrliche, harte Währung der Budgetpolitik. Da werden alle Konjunktureffekte abgezogen, da werden Einmaleffekte abgezogen. Unser eigener Budgetdienst, der Budgetdienst des Parlaments, hat nachgewiesen, dass das, was Sie hier Nulldefizit nennen, im Wesentlichen aus Konjunktureffekten und Einmaleffekten entsteht. Ihre Zahlen sind ein ungewollter Offenbarungseid in eigener Sache.

Wenn man sucht, was der Grund für diese Entwicklung ist – es sind ja viele Maßnah­men diskutiert worden –, dann sieht man, dass vom Sparen im System herzlich wenig bleibt und dieser Sparelan erstaunlich erlahmt, wenn es um die eigenen Bedürfnisse geht, wenn es zum Beispiel darum geht, den Beamten- und den politischen Apparat in den Kabinetten, in den Generalsekretariaten und in anderen Bereichen mit zusätzli­chen Mitarbeitern, die Sie sich genehmigt haben, signifikant zu vergrößern und aufzu­blähen. Das ist bedauerlich, weil über all dem, über diesen falschen Ausgaben, über dieser falschen Struktur in unserem Budget, die wirklichen Prioritäten vernachlässigt worden sind, die aus meiner Sicht auf der Hand liegen: Wir haben die Verpflichtung, Arbeitslosigkeit entschieden zu bekämpfen, auch wenn die Konjunktur jetzt besser wird. (Beifall bei der SPÖ. Zwischenruf des Abg. Neubauer.)

Wir haben die Verpflichtung, Arbeitslosigkeit zu bekämpfen – das muss eine Toppriori­tät bleiben –, fast 400 000 Menschen in Österreich sind ohne Arbeit und Zukunfts­perspektiven. (Abg. Rädler: SPÖ ...!) Die Anstrengungen dürfen da nicht erlahmen! Und was machen Sie? – Sie streichen mit einer unglaublichen Härte und Konsequenz


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