Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll19. Sitzung, 17., 18. und 19. April 2018 / Seite 209

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denfalls Veranstaltungen abhalten und darauf hinweisen, dass es für sie sehr eng wird. Wir werden das auch genau beobachten, und wenn es tatsächlich so ist, dass es zu Engpässen kommt und Verfahren dadurch verlängert werden, wird diese Regierung sicherlich reagieren. Aber nach derzeitigem Stand ist es möglich, die Verfahren durch­zuführen. Die Justiz ist keineswegs in irgendeiner Gefahr, der Rechtsstaat ist nicht in Gefahr. Ich bitte daher alle, die das hier in solch unverantwortlicher Weise so übertrie­ben formuliert haben – um nicht zu sagen, hysterisch hinausrufen –, das doch zurück­zunehmen und einmal klar zu sagen, es wird knapp kalkuliert – das ist richtig –, aber der Rechtsstaat, die Justiz funktioniert weiterhin.

Wir haben es uns zum Ziel gemacht, mit möglichst geringem Aufwand die Qualität der Rechtsprechung und des Strafvollzugs aufrechtzuerhalten, und genau das wird mit die­sem Budget umgesetzt. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

19.29


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Danke sehr, Herr Abgeordneter.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Noll. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.30.13

Abgeordneter Dr. Alfred J. Noll (PILZ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Na ja, so ist es nicht, dass die Opposition hier das Schreckgespenst der toten Justiz an die Wand malen würde. Heute fand die Protestversammlung der Richter und Staatsan­wälte im Justizpalast statt. Die Worte „Justiz wird totgespart“ oder „Rechtsstaat in Ge­fahr“ stammen nicht von der Opposition, sondern von denjenigen, die unmittelbar be­troffen sind.

Ganz eindeutig hat heute auch die Präsidentin der Staatsanwälte Cornelia Koller davor gewarnt, dass, wenn man die fünf schon von Brandstetter versprochenen Stellen für Hass im Netz in der Staatsanwaltschaft nicht bekommt, das Thema von der Staatsan­waltschaft nicht mehr weiterverfolgt werden kann und bei der Verfolgung insgesamt der berühmte Flaschenhals droht. Gewerkschafter Haider von der Richtervereinigung hat gesagt, wenn das jetzt so kommt, wie es beschlossen wurde, wird die Justiz ihre Leis­tungen so nicht mehr erbringen können.

Das sind nicht die miesmacherischen oder schlechtredenden Worte der Opposition, sondern das sind die Worte der Betroffenen. Ich meine schon, dass die Mehrheits­fraktionen gut beraten wären, auf sie zu hören. Ich übe meinen Beruf in der Justiz seit 25 Jahren aus und ich sehe bei allen Versprechungen des Justizprogramms oder bei dem, was im Regierungsprogramm einschlägig ist, keinen einzigen Zug, der zur Reali­sierung der dort angekündigten Ziele führt. (Beifall bei der Liste Pilz und bei Abgeord­neten der SPÖ.)

Nehmen wir drei Beispiele her: Im Regierungsprogramm ist die Rede davon, dass die Verfahrensdauer verkürzt werden soll. Was finden wir aber in den Wirkungszielen des Budgets? – Österreich ist derzeit bei der Verfahrensdauer für streitige Scheidungen an achter Stelle. Was ist nach dem Bundesvoranschlag das Ziel für 2020? – Wir sollen auf den zehnten Platz im internationalen Vergleich sinken. Auf die Frage an den Justizmi­nister, wie denn das sein kann, hat er gesagt: Na ja, alle anderen Länder strengen sich an, aber wir haben dafür nicht das Geld. (Ruf bei der SPÖ: Unglaublich!) Also eine größere Niederlage diesbezüglich kann man sich vonseiten der Regierung kaum vor­stellen.

Anderes Beispiel: Im Regierungsprogramm ist die Rede davon, dass die Justiz weiter digitalisiert wird. Was haben wir als Zielvorstellung für 2017 bei den elektronischen Exekutionsanträgen? – 91 Prozent. Was steht für 2020 da? – Sie werden sich wun­dern: 76 Prozent, ein Rückgang um 15 Prozentpunkte. Auf die Frage an Justizminister


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