9.59

Abgeordnete Dr. Maria Theresia Niss, MBA (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Hohes Haus! Verehrte Zuseherinnen und Zuseher! Frau Kollegin Gamon, Sie wissen, der Forscher hat das bereichsspezifische Kennzeichen für einen gewissen Forschungszweck, und wenn er eine Rückführung auf den Namen macht, ist das nicht Zweck des Forschungsorganisationsgesetzes, und somit kann es nach der Daten­schutz-Grundverordnung sanktioniert werden, mit Strafen in einer Höhe von bis zu 20 Millionen Euro. Ich glaube aber, das passt zur Panikmache der letzten zwei Wochen – Facebook-Skandal, Datenverkauf –, und ich möchte jetzt wieder ein bisschen auf den Boden der Tatsachen zurückkommen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

„Die Verarbeitung personenbezogener Daten sollte im Dienste der Menschheit ste­hen.“ – Das steht in der Datenschutz-Grundverordnung, und darauf baut auch das Datenschutz-Anpassungsgesetz – Wissenschaft und Forschung auf.

Ich weiß, ich wiederhole mich, aber ich kann es nicht oft genug sagen: Wissenschaft und Forschung sind wichtige Treiber für das wirtschaftliche Wachstum in Österreich. Und mit diesem Gesetz, mit dem Datenschutz-Anpassungsgesetz, schaffen wir, glaube ich, einen zweifellos guten Ausgleich zwischen dem wichtigen Datenschutz und der Forcierung Österreichs als Innovationsstandort.

Das Wichtigste aber, was wir mit diesem Gesetz schaffen, sind Rechtssicherheit und klare Rahmenbedingungen. Und genau das braucht die Forschung. Die Forscher wollen sich nämlich nicht mit der Bürokratie und mit der Auslegung des Gesetzes beschäftigen, und das sollen sie auch nicht, sondern sie sollen das tun, was sie am besten können, und das ist Forschen (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ): Forschen, um Lösungen für gesellschaftspolitische Probleme zu finden und um den österreichischen Innovationsstandort weiterzubringen. Das sollen sie auch tun können, ohne dass sie ständig mit einem Fuß im Kriminal stehen und Strafen von 20 Millionen Euro befürchten müssen.

Rechtlich sind in § 2d des Forschungsorganisationsgesetzes hinreichend Maßnahmen getroffen, um den Datenschutz weiterhin zu gewährleisten. Wir haben da die größt­mögliche Wahrung der Betroffenenrechte, die Durchführung von 28 Datenschutz-Folgenabschätzungen und das Vorsehen einer Ex-ante-Prüfung durch den Daten­schutzbeauftragten in den wissenschaftlichen Einrichtungen verankert.

Meine Damen und Herren! Dem Krebs ist die Datenschutz-Grundverordnung wirklich egal. Um da in der Forschung weiterzukommen, muss die Wissenschaft mit pseudo­nymi­sierten, teilweise auch personalisierten Daten arbeiten. Die Verwendung von Bio­ban­ken kann entscheidende Fortschritte bringen, beispielsweise in der Erforschung von Impfschäden. Gerade in Zeiten der Impfgegnerschaft, glaube ich, tun wir gut daran, die Vor- und Nachteile von Impfungen und anderen Arzneimitteln genau erfor­schen zu können.

Trotzdem sind uns aber die Ängste in diesem Zusammenhang natürlich bewusst. Wir möchten auch darauf eingehen, und deswegen möchte ich folgenden Antrag einbrin­gen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Maria Theresia Niss, MBA, Dr. Brigitte Povysil, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ELGA-Datenschutzbestimmungen/Forschungsorganisations­ge­setz“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung und die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz werden ersucht sicherzustellen, dass ELGA-Gesundheitsdaten ausschließlich zu wissenschaftlichen Zwecken und nur anonymisiert zur Verfügung gestellt werden;

- keine Rückschlüsse auf einzelne Personen gezogen werden dürfen;

- die Standesvertretung der Ärzteschaft (oder Fachgesellschaften) das wissen­schaft­liche Interesse bestätigt;

- eine Ethikkommission, die beim Gesundheitsministerium oder an den Medizinischen Universitäten oder an jenen Universitäten, an denen eine Medizinische Fakultät einge­richtet ist, angesiedelt ist, das jeweilige Forschungsprojekt freigibt;

Weiters ersucht der Nationalrat sicherzustellen, dass die Verwendung von ELGA-Daten für kommerzielle Zwecke ausdrücklich ausgeschlossen ist.“

*****

(Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Meine Damen und Herren! Mein Dank gilt dem Herrn Minister und dem Ministerium für die Erarbeitung dieses Gesetzes, das war ein langer, steiniger Weg. Und meine Bitte geht an Sie: Stimmen Sie für dieses Gesetz! Es ist durchdacht, es ist ausgewogen, und wir schaffen damit einen sicheren Innovationsvorsprung für dieses Land! – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

10.03

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Maria Theresia Niss, MBA, Dr. Brigitte Povysil,

und weiterer Abgeordneter

betreffend ELGA-Datenschutzbestimmungen/Forschungsorganisationsgesetz

eingebracht in der 21. Sitzung des Nationalrates, XXVI. GP, am 20. April 2018 im Zuge der Behandlung von TOP 5, Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Digitalisierung über die Regierungsvorlage (68 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Austria Wirtschaftsservice-Gesetz, das Bundesgesetz über das Institute of Science and Technology – Austria, das Bundesgesetz betreffend die Akademie der Wissenschaften in Wien, das DUK-Gesetz 2004, das Fachhochschul-Studiengesetz, das Forschungs- und Technologieförderungsgesetz, das Forschungsorganisationsgesetz, das FTE-Nationalstiftungsgesetz, das Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz 2014, das Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz, das Innovationsstiftung-Bildung-Gesetz, das OeAD-Gesetz, das Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft mbH-Er­rich­tungsgesetz, das Privatuniversitätengesetz, das Studienförderungsgesetz 1992, das Tierversuchsgesetz 2012 und das Universitätsgesetz 2002 geändert werden (Daten­schutz-Anpassungsgesetz 2018 – Wissenschaft und Forschung – WFDSAG 2018) (105 d.B.)

Der Sprecher der Patientenanwälte in Österreich, Gerald Bachinger sieht unter be­stimmten Voraussetzungen kein Problem, die Daten der Elektronischen Gesund­heitsakte ELGA für wissenschaftliche Zwecke zu nutzen. Voraussetzung dafür sollen laut Bachinger eine wirkliche Anonymisierung sein, damit keine Rückschlüsse auf Einzelpersonen möglich sind und ein Ausschluss der Geschäftemacherei mit den Daten. Eine Beschränkung müsse es laut Bachinger auch auf die Bereiche Forschung und Entwicklung geben, und dies soll streng kontrolliert werden. Die Verwendung von ELGA-Daten für kommerzielle Zwecke soll ausdrücklich ausgeschlossen werden.

Um dies sicherzustellen, ist eine Anonymisierung der Daten zu wissenschaftlichen Zwecken umzusetzen und Rückschlüsse auf einzelne Personen dürfen nicht gezogen werden. Das wissenschaftliche Interesse an den Daten muss durch die Standes­ver­tretung der Ärzte bzw. der Fachgesellschaften bestätigt werden. Eine bei der Gesund­heitsministerin oder an den medizinischen Universitäten angesiedelte Ethikkommission muss die einschlägigen Forschungsprojekte freigeben und eine Verwendung von ELGA Daten zu kommerziellen Zwecken muss ausgeschlossen werden.

Gerade Gesundheitsdaten sind besonders sensibel. Dennoch wäre eine effektive medizinische Forschung ohne die Verwendung von Registerdaten eine große Ein­schränkung. Gerade bei chronischen Krankheiten und Krebserkrankungen, kann durch die Verwendung von Registerdaten ein wichtiger Rückschluss auf die Entwicklung der Krankheit gezogen werden und damit die Forschung effizienter gestaltet werden.

Um die Balance zwischen umfassendem Datenschutz und Forschung herzustellen, erachten die unterfertigen Abgeordneten noch folgende Klarstellungen für notwendig und stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung und die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Kon­sumentenschutz werden ersucht sicherzustellen, dass ELGA-Gesundheitsdaten aus­schließlich zu wissenschaftlichen Zwecken und nur anonymisiert zur Verfügung gestellt werden;

- keine Rückschlüsse auf einzelne Personen gezogen werden dürfen;

- die Standesvertretung der Ärzteschaft (oder Fachgesellschaften) das wissenschaft­liche Interesse bestätigt;

- eine Ethikkommission, die beim Gesundheitsministerium oder an den Medizinischen Universitäten oder an jenen Universitäten, an denen eine Medizinische Fakultät eingerichtet ist, angesiedelt ist, das jeweilige Forschungsprojekt freigibt;

Weiters ersucht der Nationalrat sicherzustellen, dass die Verwendung von ELGA-Daten für kommerzielle Zwecke ausdrücklich ausgeschlossen ist.“

*****

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ausreichend unterstützt, ordnungs­gemäß eingebracht und verlesen worden, er steht damit mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gelangt nun Herr Kollege Bacher. – Bitte.