11.43

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Herren Minister! Kolleginnen und Kollegen! Vor Eingang in die Tagesordnung soll ich im Auftrag des Kollegen Wittmann noch die Frage stellen, warum Kollege Ottenschläger beim voran­gegangenen Tagesordnungspunkt nicht gesprochen hat. Ich komme dem gerne nach, weil ich es selbst auch gerne wissen will. Sie können die Frage dann auch draußen beantworten, es muss nicht im Rahmen dieser Debatte sein.

Meine Damen und Herren, wir reden über das – von uns so genannte – Unsicher­heits­paket. Wir reden über den Bundestrojaner. Wir reden über viele Dinge, die die Welt in Österreich in einer Art und Weise verändern könnten, die, so glaube ich, vielen noch nicht wirklich bewusst ist. Meiner Ansicht nach sollen die Maßnahmen offen­sichtlich darüber hinwegtäuschen, welch katastrophale Situation innerhalb des Sicher­heits­apparats derzeit herrscht. Unsere Polizei ist nicht entsprechend ausgestattet. Es gibt viel zu wenig Polizisten, wir haben einen Unterbestand von circa 15 Prozent. Ich gratu­liere dem Herrn Minister zu dem, was zumindest auf dem Papier einmal in Aussicht gestellt wurde. Ich kann nur hoffen, dass das dann auch wirklich umgesetzt wird. Ihr Vorgänger hat das auch immer angekündigt, aber es hat nicht geklappt. (Bun­desminister Kickl – mit kreisenden Bewegungen der Schultern und der abgewinkelten Arme –: Wir werden schon ...!)

Wir haben einen der am schlechtesten ausgestatteten Polizeikörper in ganz Europa, das muss man auch einmal sehen. Daher soll diese Debatte über den Bundestrojaner den Leuten, den Menschen draußen im Lande vermitteln, dass wir mit dieser einzigen Maßnahme, nämlich dem Bundestrojaner, der einige Millionen Euro pro Jahr kostet, die Sicherheitsfrage ein für alle Mal gelöst haben. Das ist einfach nicht der Fall. Sie haben den Leuten nicht gesagt, wie sich die aktuelle Situation darstellt. Darüber wird hinweggetäuscht.

Meiner Ansicht nach ist das eine Augenauswischerei; nicht zuletzt auch, wenn man sich die Justizdebatte anschaut, die wir zum Budget geführt haben. Wie ist dort die Situation mit der Sicherheit? Was haben Sie dazu beigetragen? – Dort ist es so, dass Sie 40 Prozent bei der Technik, bei der EDV und bei der Digitalisierung eingespart haben, obwohl das eigentlich das Um und Auf für die Kriminalitätsbekämpfung, für die Bekämpfung der organisierten Kriminalität ist. Dort haben Sie eingespart.

Schaut man sich das jetzt alles an, passt das einerseits hinten und vorne nicht zusam­men, und es zeigt andererseits auf, dass das, was Sie machen, eine reine Augenaus­wischerei ist, nämlich etwas vorzugaukeln, was gar nicht kommt: eine Sicherheit durch den Bundestrojaner – der in Wirklichkeit aber Unsicherheit für die Menschen im Land bringt. Das ist das, was ich Ihnen hier vorwerfen möchte. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir alle wissen, wenn man die Terroranschläge der letzten Jahre hernimmt und ana­lysiert, dann zeigt sich – und das bestätigen Ihnen alle Geheimdienste und eigentlich jeder, der sich mit der Materie befasst –, dass diese in erster Linie von jenen Personen verübt worden sind, die der Polizei ohnehin schon bekannt waren. Mit einer sorgsamen Nachforschung, mit einer sorgsamen Kontrolle hätte das alles verhindert werden können, da diese Personen bereits bekannt sind. Sie erklären uns, dass wir den Bundestrojaner zum Erkennbarmachen der Personen brauchen, es gibt aber keinen einzigen solchen Fall.

Es ist aber auch so, dass der Bundestrojaner an sich ein unheimliches Gefähr­dungs­potenzial für die Menschen draußen darstellt. Er funktioniert nämlich so, dass man ihn auf den Systemen, auf dem Handy selbst verankert. (Zwischenruf des Abg. Amon.) Dies führt dazu, dass, wenn jemand verdächtig ist – und verdächtig ist bald einmal jemand –, mehr oder weniger der Zugriff auf alle anderen Handys, die jemals mit dem der Person Kontakt hatten, automatisch übergeht, das ist die Weiterentwicklung dieses Bundestrojaners. Experten rechnen damit, dass das circa zwischen 200 und 400 Per­sonen pro Zugriff sein werden. Jetzt muss man sich das einmal vorstellen: Diese 200 bis 400 Personen haben mit der Tat überhaupt nichts zu tun, werden aber jetzt automatisch über das Handy quasi so angepeilt, dass man alles auslesen kann, was auf dem Handy gespeichert ist!

Es gibt amerikanische Professoren, die sagen – und wir wissen auch, dass es tat­sächlich so ist –, dass das Handy im Grunde genommen mittlerweile nichts anderes mehr ist als eine Verlängerung des Gehirns. Das heißt, darauf speichert sich alles ab, wie etwa was man möchte, was man nicht möchte, und das gelangt dann alles an die Öffentlichkeit.

Meine Damen und Herren! Ich kann Ihnen nicht verbieten, das heute hier zu be­schließen, aber ich glaube, dass man die erforderliche Sorgsamkeit beim Umgang mit dieser Maßnahme und auch die Möglichkeit, das anders zu erreichen, nicht wirklich bedacht hat. (Zwischenruf des Abg. Lugar.)

Wir haben seinerzeit Innenminister Sobotka immer wieder gebeten, er soll evaluieren, welche Maßnahmen es gibt, wo die Schwächen dieser Maßnahmen sind und wie man diese auf die klassische, traditionelle Art und Weise beseitigen kann. Er hat es leider nicht gemacht, also haben wir es dann selbst gemacht. Es ist dabei rausgekommen, dass es reicht, wenn wir 15 Prozent mehr Polizisten haben – eh das, was das Regie­rungsprogramm jetzt vorsieht – und die auch entsprechend ausgestattet sind, aber nicht mit einer Ausstattung, die ein Hohn ist, sondern mit einer wirklich entsprechenden Ausstattung. Damit hätten wir all das klären können.

Ich weiß nicht, wie das jetzt weitergehen wird, wenn die ersten Einsätze kommen. Wir können damit rechnen, dass das Verhalten ein anderes wird, denn jeder, der jetzt im Land ein Handy besitzt, muss damit rechnen, dass er aufgrund irgendeiner Fahndung mit in diese Fahndung rutscht und sein Innenleben – wie seine Sehnsüchte oder seine Ängste – dann mehr oder weniger plötzlich von jemandem auslesbar ist. Wir wissen auch – das hat die BVT-Affäre  ja gezeigt –, dass Datenmissbrauch kein Einzelfall ist.

Ich wünsche Ihnen für diese schöne neue Welt wirklich alles Gute. Wir werden in Zukunft sicherlich nichts unterlassen, um gegen diesen Schwachsinn weiterzukämpfen und zu sagen: Es gibt Alternativen dazu. (Zwischenrufe der Abgeordneten Amon und Deimek.) Warum Sie sie nicht angewandt haben, verstehen wir nicht! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Loacker und Scherak.)

11.49

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Harald Stefan. – Bitte.