10.52

Abgeordnete Dr. Angelika Winzig (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Ja, es freut mich, dass die SPÖ den Titel „Ein Europa für die Menschen“ gewählt hat und somit den Ratschlag ihres Genossen Voves umsetzt, der ihr ja am Wochenende medial ausgerichtet hat, die SPÖ sei eine „Wohlfühlpartei der Funktionäre“ und mit den Bedürfnissen der Menschen habe sie nichts am Hut. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Martin Graf.)

Anders ist es bei uns, bei der ÖVP: Wir sind am Boden der Realität, und das zeigt sich auch daran, dass wir mit Abstand die meisten Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in Österreich stellen.

Uns ist es vor allem wichtig, dass die Menschen in Österreich und in der Europäischen Union eine nachhaltige und würdevolle Arbeit haben, ob das nun in einem KMU oder in einem internationalen Konzern ist. Und man glaubt es kaum, auch in Konzernen arbeiten Menschen und keine Monster. Vielleicht hat Herr Kern schlechte Erfahrungen gemacht, aber ich kenne viele internationale Konzerne – wir haben heute die Voest zu Gast –, in denen auf allen Ebenen sehr verantwortungsvolle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten; mir geht das pauschale Konzernbashing der SPÖ schon ziemlich auf den Geist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.) Das diskreditiert die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in diesen Konzernen arbeiten. Jeder in Öster­reich weiß, dass Herr Kern einen Konzernchefsessel sucht; auch die RHI und auch die Strabag sind internationale Konzerne. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Haider.)

Die zentrale Frage ist, wie wir Arbeitsplätze in der Europäischen Union und in Öster­reich sichern und schaffen, wobei sich die Rahmenbedingungen auf der Welt rund um uns ständig ändern. Wer hat vor drei Jahren, unter Präsident Obama, gedacht, dass Handelsmauern aufgezogen werden, wer hat damals gedacht, dass Großbritannien aus der Europäischen Union aussteigen wird?

Wir schaffen es, indem wir Globalisierung aktiv gestalten, und wir haben das Ab­kom­men mit Kanada zum Wohle sehr vieler Menschen gemacht. Ich weiß, die Linken haben es jetzt schwer. Ceta ist seit acht Monaten in der vorläufigen Anwendung, und die ganzen Weltuntergangsprophezeiungen sind nicht eingetreten: Unsere Lebens­mittel- und Umweltstandards sind nicht beeinträchtigt worden, die Regulierungshoheit der Staaten, aber auch die Daseinsvorsorge betreffend öffentliche Dienstleistungen ist nicht gefährdet, und die Arbeitnehmerrechte wurden ebenfalls nicht untergraben. Ganz im Gegenteil: Kanada hat die acht ILO-Kernübereinkommen ratifiziert.

Dank des Engagements unseres ehemaligen Vizekanzlers und Wirtschaftsministers Mitterlehner haben wir auch den Investitionsschutz sehr vernünftig geregelt. In Ceta ist ein Streitbeilegungsmechanismus mit einem Gerichtssystem mit zwei Instanzen und hohen Transparenzkriterien eingerichtet. Grundvoraussetzung für die Einbringung einer Klage ist die Rechtswidrigkeit und der tatsächliche Schaden. Zur Aufhebung staatlicher Maßnahmen wie Urteile, Bescheide, Verordnungen, Gesetze kann es durch ein Urteil des Investitionsgerichtshofes nicht kommen, und die 15 Richter sind unab­hängig, haben hohe Qualifikationsvoraussetzungen und unterliegen strengen Inkompa­tibilitätsbestimmungen.

Ja, Herr Kern, ich muss Ihnen recht geben, denn Sie haben gesagt, Ceta sei das beste Abkommen, das die EU jemals verhandelt hat. Ich muss aber auch dem General­direktor der Voestalpine und anderen Konzernchefs recht geben, die gesagt haben, internationale Konzerne brauchen Ceta nicht unbedingt, sie sehen die große Chance für die mittelständische Wirtschaft – und wir wissen das auch: Magna, Bombardier haben schon vor Ceta 20 000 Arbeitsplätze in Österreich geschaffen.

Es freut mich aber ganz besonders, dass das eingetreten ist, was ich seit Jahren hier predige, nämlich dass die Klein- und Mittelbetriebe profitieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Vom Winzer aus Niederösterreich mit drei Mitarbeitern über den Käseproduzenten aus Tirol mit zehn Mitarbeitern bis hin zum Obst- und Gemüseveredelungsbetrieb im Burgenland haben sehr viele Klein- und Mittelbetriebe die Chance genutzt, erfolgreiche Geschäftsbeziehungen mit Kanada aufzubauen – der Lebensmittelabsatz in Kanada ist um 42 Prozent gestiegen –; aber nicht nur Betriebe in der Lebensmittelbranche, auch Praher Plastics oder Holz Steiner aus Tirol sind erfolgreich am kanadischen Markt unterwegs. Da gibt es sehr, sehr viele Beispiele.

Wir wissen, unser Wohlstand und unsere Sozialsysteme hängen massiv von den Ex­portanstrengungen unserer Unternehmerinnen und Unternehmer ab, und daher verstehe ich den Zickzackkurs von Klubobmann Kern nicht. – Egal, ich muss ihn nicht verstehen, denn unser Erfolgskurs in Kanada wird aufgrund dieses Handelsabkom­mens fortgesetzt, zum Wohle der Klein- und Mittelbetriebe und zum Wohle der Mitar­beiterinnen und Mitarbeiter in Österreich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

10.57

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wolf­gang Katzian. – Bitte.