Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 23

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19:45 – 20:45  (Toilette, Abendessen)

20:45 – 21:30  (3/4 Stunde: Familie, Kinder)

21:30 – 4:30    (7 Stunden Schlaf)

4:30     Aufstehen (…).

Wenn man den Arbeitnehmern eine 60 Stundenwoche zumutet und ein Lehrer 20 Stun­den Lehrverpflichtung hat, frage ich mich schon, wo der „Hausverstand“ bleibt!

Wir sind ein Österreich und wir sollten uns schon fragen, ob wir einigen Berufsgruppen das Leben zur „Qual“ machen wollen.“

In Österreich besteht wirklich nicht das Problem, dass die Menschen zu wenige Über­stunden machen oder gar zu kurz arbeiten würden. Gerade der Vergleich mit den Län­dern, die vor allem die Industriellenvereinigung immer anführt, wie Finnland, Dänemark oder Schweden, ist äußerst aufschlussreich. Dort sind sowohl die vereinbarten als auch die tatsächlich geleisteten Arbeitszeiten weitaus kürzer als in Österreich.

In Österreich ist die effektive Arbeitszeit der Vollzeitbeschäftigten weitaus höher als die vereinbarte Normalarbeitszeit. Grund sind eine Vielzahl von Überstunden und Mehrar­beit. Wir haben die drittlängsten Arbeitszeiten in der EU und liegen mit 41,4 Stunden um 3,6 Stunden pro Woche weit über Dänemark!

Es ist vollkommen absurd: Die Industriellenvereinigung argumentiert längere zulässige Arbeitszeiten genau mit dem Hinweis auf jene Länder, die real zu der Ländergruppe mit den kürzesten Arbeitszeiten in Europa zählen und in denen ArbeitnehmerInnen die Arbeitszeit selbst bestimmen können und viele Wahlmöglichkeiten haben. Im Regie­rungsantrag zu den Arbeitszeitänderungen sind hingegen keinerlei Wahl- und Gestal­tungsrechte für ArbeitnehmerInnen vorgesehen.

Uns wird verkauft: Nix geht im Staate Österreich. Verkrustete starre Regelungen. Doch das Gegenteil ist der Fall: Wie wir wissen, gibt es schon bisher zahlreiche Ausnahme­bestimmungen und es kann unter verpflichtender Mitbestimmung des Betriebsrats ein vorübergehender 12-Stunden-Tag und eine 60-Stunden-Woche zugelassen werden. 24 Wochen im Kalenderjahr – das ist die Hälfte des Jahres!

Genau diese betriebliche Mitbestimmung, genau diese Einschränkung auf Notsitua­tionen und die Vorteile für ArbeitnehmerInnen (wie z.B. 100-prozentige Überstundenzu­schläge), die als Gegengeschäft legitimer Weise verlangt werden, sind der Wirtschaft ein Dorn im Auge.

Betriebliche Mitbestimmung wird bereits seit geraumer Zeit als lästig, bürokratisch, eben einfach nicht mehr modern, abgetan. Die Konsequenz der Regierungsparteien: Sie wird einfach ersatzlos abgeschafft.

Das Arbeitszeitgesetz ist ein Schutzgesetz, das verhindern soll, dass ArbeitnehmerIn­nen durch überlange Arbeitszeiten krank werden und sie sich für die Profitmaximierung ihres Arbeitgebers kaputt arbeiten müssen. Ein Schutzgesetz, das verhindern soll, dass ihr Privatleben leidet, dass sie ihre Kinder nur zum Schlafengehen sehen und mangelnde Planbarkeit und Vorhersehbarkeit eine selbstbestimmte Freizeitgestaltung verunmöglichen.

Industriellenvereinigung, Wirtschaftskammer und Bundesregierung propagieren laut­hals – sogar in ganzseitigen Zeitungsinseraten – wie vorteilhaft die neu vorgeschlage­ne Arbeitszeitverlängerung für die Beschäftigten sei. Von mehr Freizeit, mehr Freiheit, sogar von einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist die Rede.

Die Bundesregierung inserierte großflächig zur Bewerbung des 12-Stunden-Tag-Ge­setzes in den Österreichischen Tageszeitungen (17.6.2018). Dies zusätzlich zum pein-


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