Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 25

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Dass die Vermeidung von weniger als 100.000 Euro an Missbrauch, bei einem Ge­samtvolumen von Sozialversicherungsausgaben von rund 60 Milliarden Euro, das sind 0,0002 Prozent, ein wichtiges öffentliches Interesse darstellt, welches die Verwendung dieser Daten rechtfertigen würde, ist zu bezweifeln.

Wenn man darüber hinaus bedenkt, dass es bereits ein Kontrollsystem durch den chef­ärztlichen Dienst gibt, wo z.B. für jede Krankheit unterschiedliche Kontrollintervalle vor­gesehen sind, lässt sich der Mehrwert nicht finden.

Im Gendergesundheitsbericht des BMASGK steht zu lesen: "Zu arbeitsplatzbezogenen Stressfaktoren gehören zunehmend steigende Anforderungen in Bezug auf Flexibilität, Erreichbarkeit und steigenden Zeitdruck." Die steigende Arbeitsbelastung führe näm­lich zu einer Erhöhung des Depressions- und gar Suizidrisikos. Und bereits jetzt sei mehr als jeder dritte Arbeitnehmer von Arbeitsüberlastung betroffen.“

Diese Aussage steht in diametralem Widerspruch zum Gesetzesvorhaben zum 12-Stun­den-Tag. Einseitige Anordnung von Überstunden ohne Vorankündigungsfrist durch Ar­beitgeber erzeugt Stress und macht krank. Nach den Rauchergesetzen ein weiterer Anschlag auf die Gesundheit der ArbeitnehmerInnen.

Aus Statistiken der AUVA für die Jahre 1995 bis 2011 ergibt sich, dass die Kosten für die österreichischen Betriebe durch den Rückgang an Arbeitsunfällen um ca. 2,2 Mil­liarden Euro reduziert wurden, womit auch eine Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit verbunden ist. Der volkswirtschaftliche Schaden konnte in dem Zeitraum um rund 8,6 Milliarden Euro reduziert werden.

Das wurde auf Grundlage der gesetzlichen Bestimmungen des ArbeitnehmerInnen­schutzes, die im Wesentlichen auf Sozialpartnereinigungen beruhen erreicht werden. Nun wird der Arbeitnehmerschutz systematisch abgebaut. Das Arbeitszeitrecht als ei­nes der tragenden Säulen wird massiv aufgeweicht. In zahlreichen Studien ist belegt, dass ab der 9. Arbeitsstunde die Unfallhäufigkeit signifikant steigt. Heute entsteht un­serer Volkswirtschaft durch Arbeitsunfälle noch immer ein jährlicher Schaden in der Höhe von rund 1,5 Milliarden Euro. Dazu kommen Auswirkungen für die Betroffenen, die in Geld nicht bewertbar sind, wie Angst, Schmerz, Schock, Verlust an Lebensqua­lität und Verlust an Sozialprestige.

Diese Auswirkungen können doch weder im Interesse der Wirtschaft noch im Interesse der Bundesregierung sein.

Es zeigt sich daher immer mehr, mit diesem verpfuschten Initiativantrag werden die Rechte der ArbeitnehmerInnen ausschließlich verschlechtert, es gibt keine einzige Ver­besserung für die Beschäftigten, sondern lediglich mehr Pflichten, aber es werden die Rechte der Arbeitgeber enorm ausgebaut.

Klar und deutlich ist erkennbar, dass mit dieser Verlängerung der Arbeitszeit eine zen­trale Forderung eines Großspenders der ÖVP und Bundeskanzler Kurz umgesetzt wird.

Ein wesentliches Indiz dafür ist auch die Vorgangsweise, wie diese Änderungen durch­gepeitscht werden sollen: Schwarz/Blau vereinbaren im Regierungsprogramm den
12-Stunden-Tag und die 60-Stunden-Woche, die Regierung ist aber dann nicht in der Lage (oder will sich auch einfach nicht selber anpatzen), die Umsetzung in Form einer Regierungsvorlage zu präsentieren und in einem normalen Begutachtungsverfahren auch die Zivilgesellschaft einzubinden.

Der von den Regierungsparteien eingebrachte Initiativantrag wird dann nicht, wie üb­lich, dem fachlich zuständigen Ausschuss – dem Ausschuss für Arbeit und Soziales – zugewiesen, sondern dem Wirtschaftsausschuss, in dem die ÖVP den Vorsitz hat, da­mit ja nichts schiefgehen kann. Schließlich wird der Behandlung des Antrages auch noch eine Frist gesetzt, damit nicht einmal eine Ausschusssitzung abgehalten werden


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