Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 31

HomeGesamtes ProtokollVorherige SeiteNächste Seite

derung vorgeschlagen beziehungsweise werden Sie sie auch einbringen, dass der Ar­beitnehmer die 11. und die 12. Stunde, die freiwillig sind, ablehnen darf. – Ich frage Sie, wie das in der Praxis funktionieren soll. Der Arbeitgeber sagt: 12 Stunden!, der Ar­beitnehmer sagt: Die 11. kann ich nicht, die 12. kann ich nicht! – Wie oft wird er in der Praxis Nein sagen können? Wir haben jetzt schon – jetzt schon! – die Situation, dass wir mit den bestehenden Stunden alle Aufträge dieser Republik abgearbeitet haben. Kein Auftrag ist zu spät fertig geworden. Warum diese Ausdehnung? (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist ja nicht nur unsere Meinung. Sie haben es in den letzten Tagen selber mitbe­kommen: Es gibt keinen Experten in der ganzen Republik, der Ihnen bestätigt, dass die 11. und 12. Stunde kein Problem betreffend arbeitsrechtliche Auswirkungen werden. Was wird also passieren? – In der Hochkonjunktur wird man nach der 11. und 12. Stun­de fragen; sie wird auch geleistet, weil im Extremfall, und das sagen alle Arbeits­rechtler, der Arbeitnehmer natürlich am kürzeren Ast sitzt und die wirtschaftliche Ab­hängigkeit selbstverständlich gegeben ist.

Damit möchte ich gleich zum Verbrauch überleiten, egal ob in Form von Freizeit oder Geld. Auch das beabsichtigen Sie mit einem Abänderungsantrag so zu gestalten, dass Sie sagen, der Arbeitnehmer kann bestimmen, ob Freizeit oder Geld in Anspruch ge­nommen wird. – Ja, in der Theorie ist das schön, die Frage ist aber, wann kann der Ar­beitnehmer entscheiden, wann er seine Freizeit in Anspruch nimmt, und wann be­kommt er seinen Überstundenzuschlag? Sie hebeln in Wirklichkeit all die Betriebsver­einbarungen und die kollektivvertraglichen Lösungen aus, denn genau dort war immer niedergeschrieben, wann das zu verbrauchen ist.

Wissen Sie, das Ganze hat halt einen bitteren Beigeschmack: Die Statistik Austria hat bezüglich 2017 festgestellt, dass in Österreich 250 Millionen Überstunden geleistet wurden, von denen 45 Millionen nicht bezahlt wurden. Ich bitte Sie wirklich: Sagen Sie uns, wo in Ihrem Gesetzentwurf steht, wann der Arbeitnehmer seine Freizeit in An­spruch nehmen darf!

Damit komme ich wieder zurück zu dem, was Sie immer sagen, nämlich: Die ÖBB haben es schon, die Asfinag hat es schon und der öffentliche Dienst hat es! – Ja, da steht aber ganz genau drin: Du machst zwei Schichten, du machst drei Schichten, und dann hast du die Freizeitphase und die sechste Urlaubswoche.

Dieser Rechtsanspruch betreffend Zeitverbrauch fehlt in diesem Gesetz. Im Gegenteil: Sie schreiben einen Satz hinein, gemäß dem mehrere Durchrechnungszeiträume zu­sammengezählt werden können. Wie viele sind das? Ein Monat, ein Jahr, zwei Jahre, drei Jahre? Wann kommt der Arbeitnehmer zu seinem Zeitausgleich? Dann, wenn viel Arbeit im Betrieb ist und die Auftragsbücher voll sind, oder dann, wenn es der Firma passt und sie sagt: Jetzt bleib daheim und verbrauch deine Stunden? (Beifall bei der SPÖ.)

Damit komme ich zum nächsten Punkt, nämlich Einkommensverluste. – Sie haben zu den Menschen gesagt, es wird keine Einkommensverluste geben. Drei Tage später müssen in der Sendung „Im Zentrum“ Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung zugeben: Ja, eine Million Menschen sind betroffen; was die 11. und 12. Stunde bei Gleitzeit betrifft, gibt es keine Zuschläge. – Jetzt reparieren Sie das vielleicht auch noch, nur mit einem wesentlichen Unterschied, nämlich dass Sie sagen, bei einer An­ordnung soll es diesen Zuschlag auch bei Gleitzeit geben, aber nicht, wenn eine Dienstnehmerin – wie in der Praxis so oft – freiwillig die 11. und 12. Stunde macht, weil sie vielleicht Lohnverrechnerin ist und sagt: Ich mache das Paket noch fertig! – Der Chef ist nicht da, und dann bekommt sie diesen Zuschlag für die 11. und 12. Stunde nicht. Bitte, das gehört auch repariert, wenn Sie es schon reparieren wollen! (Beifall bei der SPÖ.)

 


HomeGesamtes ProtokollVorherige SeiteNächste Seite