Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 42

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lysieren, was der Grund für die Erfolgsgeschichte Österreichs war, was der Grund dafür ist, dass wir zu den erfolgreichsten und reichsten Industrienationen der Welt ge­hören, dann müssen wir sagen, es ist mit Sicherheit der soziale Ausgleich. (Beifall bei der SPÖ.) Es ist das Verständnis, dass tüchtige Unternehmer und fleißige Arbeitneh­mer gemeinsam den Erfolg sicherstellen, erarbeiten und am Ende auch alle gemein­sam davon profitieren. Genau das ist es aber, was Sie damit jetzt zu zerstören begin­nen. Sie entziehen der Gemeinsamkeit den Boden.

Das Spannende ist ja immer wieder – ich verfolge das ganz genau –, wie Sie mit The­men umgehen, was Sie den Menschen mitzugeben, ihnen einzureden versuchen. Sie haben im Wahlkampf von der „neuen Gerechtigkeit“ geredet – im Wahlkampf –, und heute sehen wir, was Ihre neue Gerechtigkeit ist: Was soll daran gerecht sein, wenn Sie Menschen das Einkommen kürzen, indem Sie ihnen Zuschläge für die erbrachten Leistungen wegnehmen? Was soll daran gerecht sein, wenn Sie Menschen die Freizeit kürzen, indem Sie Durchrechnungszeiträume auf den Sankt-Nimmerleins-Tag ausdeh­nen? Was soll daran gerecht sein, wenn Sie Gesundheitsgefährdungen in Kauf neh­men, indem Sie Menschen die 60-Stunden-Woche aufs Auge drücken? (Ruf bei der FPÖ: Noch immer nicht verstanden!) Was soll daran gerecht sein, wenn Sie einer Se­kretärin, die länger im Betrieb bleiben muss, weil der Chef das will, sagen: Du hast Pech gehabt, es gibt leider keine Kinderbetreuungseinrichtungen, die überhaupt er­möglichen, dass deine Kinder wohlbehütet sind!? (Beifall bei der SPÖ sowie der Abge­ordneten Bißmann und Zadić.)

Sie waren es, die die Mittel für den Kindergartenausbau auf 1 000 Euro für ein ganzes Jahr reduziert haben (Zwischenruf der Abg. Duzdar) und die Mittel für Ganztagsschu­len einkassiert haben. Wissen Sie, was der Punkt ist? – Da geht es nicht nur um Ge­rechtigkeit, da geht es auch um Freiheit, und diese Freiheit beschränken Sie. Es ist die Freiheit auf ein selbstbestimmtes Leben; diese Freiheit braucht Regeln, die Mitarbeiter brauchen den Schutz, das wissen wir aus unserer Geschichte. In der Gruppe können sie ihre Interessen gegen übermächtige Partner und Gegenüber vertreten. Diesen Schutz entziehen Sie ihnen jetzt. Sie setzen auf das Recht des Stärkeren. – Frei nach Marie Ebner-Eschenbach: „Das Recht des Stärkeren ist das stärkste Unrecht.“ (Beifall bei der SPÖ.)

Sie knien vor dem Altar ihrer Großsponsoren, und es ist die Bischofskonferenz, die Sie daran erinnern muss, was christliche Nächstenliebe ist. (Beifall bei der SPÖ.) Da ist zu lesen, dass das Vorhaben eine „Geringschätzung des Familienlebens mit gravierenden Auswirkungen auf die gesellschaftliche Ordnung“ bedeutet. Und wenn Sie vom wahren Glauben abgefallen sind, dann schauen Sie sich an, was der Tiroler Chef des ÖAAB gesagt hat (Abg. Wöginger: Das ist eine Frau!), was der katholische Familienverband gesagt hat! (Zwischenruf des Abg. Zarits.) Sie alle haben Bedenken geäußert, auch Arbeitsrechtler sonder Zahl, Mediziner und Ärzte. Hören Sie denen einmal zu! Ich weiß, Zuhören ist nicht Ihre Stärke, aber glauben Sie mir: Jeder, der glaubt, dass Drüberfah­ren Stärke ist, hat in seinem Leben etwas nicht verstanden, denn Drüberfahren ist Schwäche! (Beifall bei der SPÖ.)

Dieser Erfolg, der soziale Friede, an dem das hängt, bedeutet einen Erfolg für alle. Wenn Sie die Demonstrationen der Gewerkschaften in einem schlechten Licht sehen, wenn der Bundeskanzler von von der Arbeiterkammer bezahlten Demonstranten redet, muss ich ehrlich sagen, da verschlägt es einem die Sprache, denn die Gewerkschaften haben die Hand ausgestreckt – nehmen Sie sie doch endlich! Kollege Muchitsch hat es heute wieder getan. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Lausch.)

Wenn Sie glauben, dass es cool ist, durchzuziehen, mit dem Schädel gegen die Wand zu rennen, dann kann ich Ihnen nur sagen – wieder auf meiner Lebenserfahrung be-


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