Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 52

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le an Erkrankungen – es sterben aktuell Menschen aufgrund von arbeitsplatzbezoge­nen Krebserkrankungen. All das wird zunehmen, und Sie werden das mit Ihrem Gesetz weiter befördern. Das Unfallrisiko wird weiter steigen: 10-Stunden-Tag – Unfallrisiko: 15 Prozent Steigerung; 12-Stunden-Tag – Unfallrisiko: um 38 Prozent höher als bei ei­nem Normalarbeitstag. Wollen Sie das? Ist es das, was Sie erreichen möchten – und die externen Kosten dann an die Betroffenen und ihre Familien auslagern?

Ich kann das in keiner Weise nachvollziehen; durch Ihr Gesetz wird die Verletzungsge­fahr weiter befördert.

Sie wollen auch die Arbeitszeit auf Kosten der Arbeitsfähigkeit ausweiten: Sie wollen den 12-Stunden-Arbeitstag gesetzlich verankern, und nach 40 Arbeitsjahren heißt es dann: Altersteilzeit – nein, heißt es auch nicht mehr, denn die Altersteilzeit wird dem­entsprechend beschnitten werden. Es wird auch nicht mehr möglich sein, in Alters­teilzeit zu gehen, wenn die körperliche Leistungsfähigkeit nicht mehr gegeben ist. Sie schrauben das extrem zurück und verunmöglichen es fast in unserem Land.

Menschen stehen vor dem körperlichen Kollaps. Es gibt ein Schreiben des Wiener Krankenhauses Göttlicher Heiland (ein Schriftstück in die Höhe haltend), das an alle Abgeordneten dieses Hauses ergangen ist, in dem Sie eingeladen werden, sich einmal die Lebensrealität der Menschen anzusehen. Sehen Sie sich an, wie es zum Beispiel MitarbeiterInnen in Krankenhäusern geht, die in der Krankenhausküche arbeiten – Temperaturen von bis zu 50 Grad Celsius, körperliche Schwerstarbeit! Dieses Kran­kenhaus hat Sie eingeladen, sich dort nächste Woche umzusehen, mitzuhelfen und sich ein Bild davon zu machen, was Sie umsetzen wollen. Zukünftig wird es heißen: Schichtbeginn um 5.45 Uhr, Dienstbeginn um 6.00 Uhr, Ende um 18.30 Uhr und dazwi­schen eine halbstündige, unbezahlte Mittagspause.

Nehmen Sie die Einladung an, gehen Sie zu diesen Menschen und schieben Sie nicht ein starres System über alle Branchen drüber! Egal ob körperlich anstrengende Tätig­keit oder Büroarbeit, Sie drücken alle ArbeitnehmerInnen in diesem Land in ein ein­heitliches System. (Beifall bei der Liste Pilz und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Aus Ihren Reihen höre ich immer wieder Zwischenrufe wie: Ist ja eh freiwillig! Wir ma­chen es ja eh freiwillig! Es wird ja dieses Freiwilligkeitsprinzip geben! – Diese Freiwil­ligkeitsgarantie, die Sie festschreiben wollen, ist das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben sein wird, weil es niemals Augenhöhe zwischen Arbeitgeber und Arbeit­nehmer gibt (Ruf: Stimmt ja nicht!), weil es niemals einen Anspruch darauf geben wird, da wirklich Nein zu sagen. Die betriebliche Praxis zeigt das jeden Tag. Sie sehen im­mer wieder, Arbeitnehmer nehmen sich aus Rücksicht auf das Betriebsklima, aus Rücksicht auf die eigenen Arbeitskollegen zurück und bringen sich selbst um ihre Frei­willigkeit, weil sie Angst haben, den eigenen Job zu verlieren, und weil sie Angst ha­ben, mit jüngeren Kolleginnen und Kollegen, die sich voll und ganz in ihren Job stür­zen, weil sie keine Familie haben, für die sie Zeit brauchen, eventuell nicht mehr Schritt halten zu können. (Abg. Haubner: Haben Sie schon einmal in der Privatwirtschaft ge­arbeitet?) Sie schreiben kein diesbezügliches Recht für ArbeitnehmerInnen fest, über­haupt Freizeitblöcke in Anspruch nehmen zu können. Das gibt es nicht, es steht nicht im Gesetz.

Zu guter Letzt erhöhen Sie die Arbeitszeit natürlich auch auf Kosten von Familienzeit und Kindern. Es gab heute eine Aussendung des Präsidenten des Katholischen Fami­lienverbandes Alfred Trendl. Er schreibt in seiner Aussendung: „Kinder brauchen Zeit, Stabilität und Verlässlichkeit! Wir können sie nicht wie Spielfiguren beliebig hin- und herschieben.“

Sie werden zukünftig einen 12-Stunden-Arbeitstag möglich machen. Wenn wir gemein­sam nachrechnen: Mit der Ausweitung der zumutbaren Wegzeit auf zweieinhalb Stun-


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