Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung, 29. Juni 2018 / Seite 62

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lament eingebracht –, dass die Wirtschaft das braucht. Es brauchen aber auch die Un­ternehmer, es brauchen faktisch alle. Wir reden von neuen Arbeitswelten, die nötig sind. Alle hier herinnen reden von neuen Arbeitswelten, alle reden davon, dass vor allem junge Menschen neue Angebote brauchen, um auch in einer flexibilisierten Welt ihren Arbeitsplatz zu finden. Vielleicht haben sie auch das Bedürfnis, drei Tage zu ar­beiten und vier Tage frei zu haben; das dürfen wir bis heute nicht. Darin sind wir uns alle einig, dass dies notwendig ist.

Völlig unnotwendig – erlauben Sie mir diese Bemerkung, ich weiß nicht, welcher Teufel die Kirche geritten hat – ist jedoch, dass sich die Kirche jetzt auch in die Tagespolitik einmischt. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.) Sie wirft zum Beispiel meiner Branche, die eine Dienstleistungsbranche ist, dem Tourismus, der vor allem an den Wochenenden für die Freizeitgesellschaft da sein muss, einen völ­kerrechtlichen Bruch, eine Unvereinbarkeit vor. Das finde ich geradezu obszön, wie sie hier argumentieren, und ich finde es auch schändlich, jedem, der für die Freizeitgestal­tung da ist, einen Bruch des Völkerrechts vorzuwerfen. Die müssen am Wochenende arbeiten, wenn Sie, wenn wir alle Freizeit haben. Das geht so nicht! (Neuerlicher Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ. Zwischenruf des Abg. Vogl.)

Lassen Sie mich nun dazu kommen, woran es hakt beziehungsweise was notwendig ist. Ich zitiere hier das IHS, das erstens davon spricht, es sei eine „Steigerung der Ar­beitsproduktivität auch notwendig für Erhöhung der Reallöhne und damit des mate­riellen Wohlstands“. Und zweitens sei die „Arbeitsproduktivität in Österreich hoch im internationalen Vergleich, zuletzt aber unterdurchschnittliche Entwicklung“.

Das sind Themen, die auch uns immer belastet haben und wie ich sie gehört habe, wenn ich die Unternehmen besucht habe. Woran hakt es? – Es hakt nicht nur im Tou­rismus, sondern vor allem in der Produktion daran, dass es keinen linearen Tourismus beziehungsweise keine lineare Produktion mehr gibt, sondern dass es Spitzen und Täler gibt. Die muss man abdecken, und die muss man mit jenen Mitarbeitern abde­cken, die man schätzt, die man braucht und die man langfristig binden will.

Das heißt als Folge – das war auch immer ein Vorschlag der NEOS –, dass wir viel­leicht auch im Tourismus über ein 365-Tage-Arbeitsverhältnis nachdenken können, damit wir diese Spitzen langfristig abdecken können, damit wir diese Mitarbeiter aber nicht dann, wenn wir in der Talsohle sind, zum AMS stempeln schicken, sondern damit wir sie das ganze Jahr über beschäftigen können, damit wir sie nicht verlieren und damit die Mitarbeiter auch gleichzeitig später bei den Pensionsanrechnungszeiten kei­nen Verlust haben. Das ist der Wunsch von Mitarbeitern. Die wollen zum Beispiel bei mir in der Festspielzeit arbeiten und ihre Freizeit dann im September und im Oktober in Thailand genießen, aber dabei nicht freigesetzt werden. Das sind die Bedürfnisse, um die wir uns kümmern müssen – und nicht um jene, die auf parteiideologischen Gründen basieren. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)

Folgendes ist ganz wichtig: Wenn man diese flexiblen Arbeitszeiten anbieten möchte, dann braucht man flexible Kinderbetreuungszeiten, dann braucht man flexible Kinder­betreuungsangebote. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.) Das fehlt hier völlig, vor allem angesichts des Wandels der Gesellschaft. Wenn man jenen jun­gen Leuten, vor allem vielleicht Alleinerziehern, einen Wiedereinstieg ins Berufsleben ermöglichen will, stehen die dann vor folgendem Problem: Am Wochenende gibt es keine Kinderbetreuung, da kann ich nicht arbeiten, aber ich brauche eigentlich ein Ein­kommen. Ich möchte später nicht in der Frauenaltersarmut enden, ich möchte arbeiten, nur habe ich keine Kinderbetreuung zu den entsprechenden Zeiten. Das ist ein es­senzielles Problem, das uns schon länger beschäftigt, und wir haben noch keine Lö­sungen dafür. Darauf kommt es an.

 


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