Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll34. Sitzung, 4. Juli 2018 / Seite 240

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zunehmen, der sich mit der Frage des Gender Budgeting befasst. Dieser ist seither in Kraft – seit 1. Jänner 2009 –, und zwar sowohl für Bund, Länder als auch Gemeinden, aber auch da gilt: In Wirklichkeit kümmert sich niemand darum.

Schauen wir uns ein wenig diesen Bericht an, der anhand von zwei Indikatoren darzu­stellen versucht, wie es denn mit dieser tatsächlichen Gleichstellung von Männern und Frauen ausschaut. – Na, schlecht schaut es aus! Was sind die zwei Indikatoren? – Der eine Indikator ist der Anteil der Frauen an den Teilzeitbeschäftigten, und der zweite Indikator ist der Gender Pay Gap – ich werde gleich erklären, was das ist.

Der Anteil der Frauen an den Teilzeitbeschäftigten ist in Österreich extrem hoch, nach Estland liegen wir an zweiter Stelle. Warum ist das so? – Das ist deshalb so, weil die Frauen in sehr, sehr vielen Bereichen einerseits die Betreuung von Kindern überneh­men, andererseits aber auch die Betreuung von alten und kranken Menschen. Daher werden sie mehr oder weniger gezwungen, in Teilzeit zu arbeiten. Es ist nicht so, wie immer wieder behauptet wird, dass Frauen freiwillig in Teilzeitbeschäftigung sind – nein, das sind sie nicht, sie gehen da bestimmte Verpflichtungen ein.

Damit hängt natürlich auch unmittelbar der Gender Pay Gap zusammen, den wir in Österreich haben. Im internationalen Vergleich sind wir auch da mehr oder weniger im Spitzenfeld zu finden. Der Gender Pay Gap – sozusagen die prozentuelle Differenz zwischen den Löhnen und Gehältern von Männern und Frauen – liegt bei beschämen­den 22,9 Prozent. Ursache ist genau das, worauf ich hingewiesen habe: die Unter­brechung von Berufskarrieren; deshalb finden sich Frauen sehr, sehr häufig und immer stärker im Niedriglohnbereich.

Wer heute die Pressemeldung der OECD gelesen hat, der wird feststellen können, dass auch darin im Zusammenhang mit dem gedämpften Lohnwachstum, das wir in Österreich in den vergangenen Jahren, insbesondere aber seit dem vierten Quar­tal 2016 haben, auf den Gender Pay Gap referiert wird. Eine Ursache ist die relativ geringe Produktivität des Landes – da gibt es Nachholbedarf – und die andere ist eben die Beschäftigung von Frauen im Niedriglohnsektor. Wenn wir uns die Entwicklung im Niedriglohnsektor anschauen, sehen wir, dass der Anteil der Frauen im Niedriglohn­sektor steigt.

Ich komme nun zu dem, was Kollege Wöginger behauptet hat und was der Rech­nungshof in seiner Studie auch untersucht hat, nämlich die Wirkungsbeurteilung ver­schie­dener Maßnahmen, darunter der Steuerreform 2015/2016 – eine Steuerreform, die ja von der SPÖ auf der einen Seite und von der ÖVP auf der anderen Seite getragen worden ist. Das Resümee, meine Damen und Herren, ist verheerend! Es konnte zwar das Lohngefälle ein wenig verringert werden – das ist richtig –, aber im Hinblick auf die Geschlechtergerechtigkeit wurde festgestellt, dass zwei Drittel der Ent­lastung an die Männer und nur ein Drittel an die Frauen gegangen ist.

Die Schlussfolgerung, die der Rechnungshof daraus zieht, ist völlig richtig. Er sagt: Steuerliche Maßnahmen reichen nicht aus, um die tatsächliche Gleichstellung von Männern und Frauen hinsichtlich Gehältern herzustellen, sondern es braucht eine Ge­samtstrategie.

Nun stellt sich die Frage: Hat die neue Regierung eine Gesamtstrategie? – Die Antwort ist einfach: Nein, die Regierung hat keine Gesamtstrategie. Das Einzige, das man dazu im Regierungsprogramm der beiden Parteien finden kann, ist ein Hinweis auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit. Das führt mich ja nahezu in meine Studentenzeiten zurück, in denen ich diesen Spruch auch schon skandiert habe. Seit damals – und das sind nun, glaube ich, vier Jahrzehnte – hat sich an diesem Slogan nichts geändert. Er ist heute genauso aktuell wie damals. (Beifall bei der Liste Pilz und bei Abgeordneten der SPÖ.)

 


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